Naturwissenschaftliche Literatur
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Kaspar Ambühl (Collinus)
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Johannes Atrocianus
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Conrad Gessner
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Heinrich Glarean
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Ludwig Lavater
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Conrad Lycosthenes
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Johannes Oporin
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Felix Platter
Autor(en): Kevin Bovier (deutsche Übersetzung: Clemens Schlip). Version: 10.02.2023.
- Gebrauch des Lateinischen in den naturwissenschaftlichen Disziplinen
- Astronomie und Astrologie
- Medizin
- Mathematische Wissenschaften
- Alchemie und Chemie
- Botanik, Zoologie, Paläontologie
In der Renaissance hatten die Disziplinen, die wir heute «Naturwissenschaften» nennen, die Natur in ihren verschiedenen Aspekten zum Gegenstand: die Naturphilosophie, die sich mit der natürlichen Beschaffenheit der Materie und ihren Veränderungen beschäftigte; die mathematischen Disziplinen, darunter auch Astronomie und Astrologie, die man nicht voneinander unterschied; die Medizin, die neben der Rechtswissenschaft und der Theologie eine der drei höheren Universitätsfakultäten bildete; die Chemie, zwischen welcher und der Alchemie man nicht differenzierte; und die Naturgeschichte, die das umfasste, was wir heute Botanik, Zoologie und Mineralogie nennen.
1. Gebrauch des Lateinischen in den naturwissenschaftlichen Disziplinen
Die Gelehrten in diesen Fächern bedienten sich häufig des Lateinischen, denn dieses war die an den Universitäten gebräuchliche Sprache und auch die Sprache vieler Publikationen. Im 16. Jahrhundert setzt sich das humanistische Stilideal des klassischen Lateins durch und verbannt das scholastische Latein auf einen hinteren Platz. Die naturwissenschaftliche Terminologie wurde in einem neoklassischen Latein zum Ausdruck gebracht, einer Sprache, die hinsichtlich ihres Vokabulars und ihrer Syntax in ganz Europa recht einheitlich war.
In den mittelalterlichen Universitäten stützten sich die Naturphilosophie und die Medizin auf antike Texte, besonders auf die lateinischen Übersetzungen griechischer Texte, sowie auf arabische Abhandlungen und Kommentare, die gleichfalls ins Lateinische übersetzt worden waren. In der Renaissance kommen neuentdeckte griechische Texte hinzu, darunter Ptolemaios und Archimedes, sowie neue Übersetzungen in das Latein der Humanisten (zum Beispiel die Schrift De materia medica des Dioskurides). Auf dem Gebiet der Naturphilosophie schenkt der Humanismus dem Platonismus, dem Epikureismus und dem Stoizismus frische Aufmerksamkeit; diese Denkrichtungen stellen die Vorherrschaft der peripatetischen Schule in Frage. Die Chemie, die praktische Erfahrung und theoretische Kenntnisse kombiniert, überwindet den Aristotelismus ebenfalls. Schriften zur Medizin, zu Pflanzen und Tieren werden auf Latein und in den Volkssprachen veröffentlicht und häufig in beide Richtungen übersetzt.
Die Rolle des Lateinischen variiert innerhalb der naturwissenschaftlichen Disziplinen. Auf dem Gebiet der Naturphilosophie wird das Werk des Aristoteles ins Lateinische übersetzt und kommentiert. Das neuerwachte Interesse an den anderen Philosophenschulen fördert die Übersetzung griechischer Werke ins Lateinische und das Erscheinen von Kommentaren und Abhandlungen zu diesem Thema. Die mathematischen Wissenschaften und die Astronomie stützen sich auf ein reiches griechisches Erbe, das im 15. und 16. Jahrhundert noch zusätzlich Bereicherung erfuhr. Nikolaus Kopernikus und Tycho Brahe verfassten ihre bedeutenden Schriften auf Latein. Auf dem Gebiet der Chemie, die keinen festen Platz an der Universität hatte, sieht die Lage anders aus; für sie interessierten sich wie für die Astronomie vor allem die politischen Eliten. Die Schriften über die Chemie zirkulieren damals vor allem in Form von Handschriften und in den Volkssprachen. Bei den Chemikern unterscheidet man zwischen den Theoretikern und den Praktikern; letztere verfeinern Metalle und destillieren Heilmittel. Die erstgenannten schreiben in der Regel auf Latein, während die Praktiker sich ihrer Muttersprache bedienen.
Die Medizin wird an vielen Universitäten unterrichtet, wobei Padua, Montpellier, Basel und Leiden über einen besonders guten Ruf verfügen. Die Professoren unterrichten und schreiben auf Lateinisch. Das im Spätmittelalter aufgekommene Anatomiestudium führt zum Entstehen von Werken wie der berühmten Schrift De humani corporis fabrica (1543) von Andras Vesalius. In der Naturphilosophie werden die Methoden und theoretischen Prinzipien, für die sich ein Humanistenpublikum interessiert, auf Latein erklärt, während die praktischen Kenntnisse (Heilpflanzen etc.) häufig in Büchern mitgeteilt werden, die in den Volkssprachen verfasst sind.
2. Astronomie und Astrologie
Da die Astrologie sich auf die Astronomie stützte, neigt man tendenziell zu dem Glauben, man hätte diese beiden Disziplinen in der Antike miteinander vermischt. Diese scheinbare mangelnde Grenzziehung ist allerdings auf eine terminologische Verwirrung zurückzuführen. In Wahrheit wurden die Begriffe astronomia und astrologia unterschiedslos verwendet, um eine der beiden Disziplinen zu bezeichnen. Doch schon im Altertum führen die Entwicklung von Astronomie und Astrologie zu einer schärferen Unterscheidung zwischen diesen beiden sternkundlichen Fächern. Diese Situation setzt sich im Mittelalter und in der Renaissance fort, wo Astronomie und Astrologie sich immer sehr nahestanden, da das Studium der Bewegungen der Himmelskörper sehr eng mit dem Studium ihres Einflusses verbunden war. Die Humanisten, die über diese Fächer schrieben, befassten sich oft auch mit angrenzenden Disziplinen: die Astronomie gehörte zur Mathematik, während die Astrologie in der Medizin eine wichtige Rolle spielte. Die medizinische Astrologie lässt sich tatsächlich bis zu Hippokrates und Galen zurückführen. Die italienischen Universitäten hatten im Übrigen das astrologische Studium in ihre geisteswissenschaftlichen und medizinischen Studienpläne integriert; die Universität von Bologne besass sogar einen eigenen Lehrstuhl für Astrologie.
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Gestirnen in der Renaissance resultierte aus einer mittelalterlichen Tradition, die Einflüsse aus dem klassischen Altertum mit solchen aus der arabischen Geistessphäre verband. Die Arbeiten des Nikolaus Kopernikus und des Johannes Kepler sorgten für Innovationen auf dem Gebiet des technologischen Fortschritts und hinsichtlich einer verbesserten Himmelsbeobachtung. Die katholischen und protestantischen Reformbewegungen haben auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass man neu über das Himmelsstudium nachdachte, indem sie Regeln für Prognostiken und Vorhersagen etablierten; die konfessionellen Streitigkeiten trugen neben anderen Faktoren (wie der Türkengefahr) zu einer allgemein verbreiteten eschatologischen Geisteshaltung bei. In Wittenberg entstand zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine bedeutende astronomische und astrologische Tradition, die sich auf die anderen lutherischen Universitäten ausbreitete, die sich der Studienreform Philipp Melanchthon anschlossen: nicht zuletzt Tycho Brahe und Johannes Kepler konnten davon profitieren. Allerdings waren die Reformatoren der Astrologie keineswegs allgemein günstig gesonnen: Luther, Calvin, Zwingli und Vadian waren ihre entschiedenen Gegner. Der Basler Schriftsteller Pamphilus Gengenbach karikierte sie in seinen Wahrsageparodien. Auf katholischer Seite unterstützten die Jesuiten das Studium der Gestirne, wozu die Förderung der mathematischen Wissenschaften in ihrem Umfeld beitrug (wir erwähnen hier besonders Christopher Clavius im Collegium Romanum). Allerdings war der posttridentinische Katholizismus im Allgemeinen ein Gegner der Astrologie: Papst Sixtus V. untersagte astrologische Praktiken zur Vorhersage der Zukunft in seiner Bulle Coeli et terrae (1586).
Die Schweizer Conrad Heingarter, Paracelsus und Leonhard Thurneysen waren bedeutende Vertreter der medizinischen Astrologie; sie stellten Verbindungen zwischen den verschiedenen Körperteilen und den Gestirnen her. In der Mitte des 16. Jahrhunderts beteiligte sich Thomas Erastus an der Debatte über die Astrologie und verfasste Werke zu diesem Thema, besonders gegen die Genethlialogie (Geburtshoroskope) und über die die Ursprünge der Astrologie. 1580 gab Johann Jakob Grynaeus die Korrespondenz des Erastus über astrologische Fragen heraus (De astrologia divinatrice epistolae, Basel, Perna, 1580). Der Basler Mathematikprofessor Christian Wurstisen (1544-1588) veröffentlichte ein Werk zu diesem Thema, doch die an dieser Hochschule dominierende protestantische Orthodoxie untersagt ihm, Unterricht an ihr zu erteilen. Von den Humanisten, die sich in der Schweiz schriftstellerisch mit der Sternkunde befassten, nennen wir noch den Basler Professor Martin Borrhaus (In cosmographiae elementa commentatio. Astronomica. Geographica, Basel, Oporin, 1555), den Zürcher Pastor Ludwig Lavater (Cometarum omnium fere catalogus, Zürich, Gessner, 1556; gefolgt von einem Gedicht Rudolf Gwalthers über eine Kometenerscheinung im gleichen Jahr), den Berner Humanisten Benedikt Marti, genannt Aretius (Brevis cometarum explicatio, Zürich, Gessner, 1556) sowie den Zürcher Professor Josias Simler (De principiis astronomiae libri duo, Zürich, Froschauer, 1559).
Im 17. Jahrhundert machte der wissenschaftliche Fortschritt den engen Beziehungen zwischen Astrologie, Astronomie und den mathematischen Wissenschaften ein Ende. Parallel dazu verstärkten die katholische Kirche und die protestantischen Kirchen ihren Kampf gegen die Astrologie.
3. Medizin
Im Mittelalter wurden die aus der Antike ererbten und die von den Arabern vermittelten medizinischen Kenntnisse nicht in Frage gestellt. Diese Haltung machte in der Renaissance schrittweise einer objektiven Beobachtung und einer aufmerksamen Untersuchung des menschlichen Körpers Platz. Die Medizin entwickelte sich dank der neuen Informationen über die Natur, den Körper, die Krankheiten und die Heilmittel, die man in grosser Anzahl zusammentrug. Gleichzeitig wurde der Gebrauch der lateinischen Sprache, die schon seit Jahrhunderten die Sprache der abendländischen Medizin war, durch die humanistische Bewegung begünstigt und erfuhr als Fachsprache eine Statusstärkung, da seine Präzision und Prägnanz sich ideal an die rasch verlaufende Entwicklung des medizinischen Wissens anpassten. Zur gleichen Zeit entwickelte sich Latein aufgrund seiner Prägnanz und Präzision zur gebräuchlichen Sprache auf dem Felde der Heilkunst, wenngleich es dagegen auch Widerstände gab. Die lateinische Sprache spielte eine wichtige Rolle bei der Neudefinition der medizinischen Nomenklatur und gestattete es dem traditionellen akademischen Unterricht, sich an ein neues kulturelles und institutionelles Umfeld anzupassen; sie ermöglichte es den Anatomen und den praktischen Ärzten, sich das Textkorpus der antiken Medizin (repräsentiert besonders durch Hippokrates und Galen) anzueignen. Die Übersetzer griechischer Werke ins Lateinische – wie z. B. der englische Arzt Thomas Linacre (ca. 1460-1524) – spielten daher durch ihre lexikalischen Entscheidungen eine wichtige Rolle. Die Veröffentlichung dieser lateinischen Übersetzungen verstärkte den Einfluss des medizinischen Humanismus im 15. und 16. Jahrhundert. So übersetzte 1541 Rudolf Gwalther das Onomasticon des Rhetors Julius Pollux, dessen zweites Buch sich den einzelnen Teilen des menschlichen Körpers widmet. Man kann hier auch die Anthologie Medici antiqui Graeci erwähnen, die 1581 in Basel erschien. Was den berühmten Paracelsus angeht, einen entschiedenen Gegner der Scholastik, so hatte er einen beträchtlichen Einfluss auf die Medizin jener Epoche, auch wenn er seine Werke auf Deutsch verfasste; sie wurden in andere Volkssprachen und ins Lateinische übersetzt. Adam von Bodenstein, Medizinprofessor in Basel, entdeckte beim Drucker Oporin Paracelushandschriften. Pietro Perna, ein ehemaliger Assistent Oporins, veröffentlichte zwischen 1570 und 1603 einen grossen Teil der Werke des Paracelsus. Die medizinischen Theorien des Paracelsus wurden von Thomas Erastus, einem Heidelberger Medizinprofessor, in seinen Disputationes de medicina nova Philippi Paracelsi (1571-1573) kritisiert.
Die Achse Basel-Zürich spielte eine sehr wichtige Rolle bei der Reflexion über die medizinische Praxis; dies lag an der räumlichen Nähe der beiden Hochschulen, an der Anwesenheit von Druckern und an den Diskussionen zwischen Gelehrten. In Basel liess Joachim Vadian 1519 seinen (deutschsprachigen) Pesttraktat erscheinen. Wichtiger ist die grundlegende anatomische Abhandlung De humani corporis fabrica des flämischen Arztes Andreas Vesalius, die 1543 in der gleichen Rheinstadt erschien. Sie wurde von dem Professor und Arzt Alban Thorer ins Deutsche übersetzt, der 1527 ein Schüler des Paracelsus gewesen war. Thorer veröffentlichte ausserdem eine Sammlung antiker und moderner medizinischer Abhandlungen unter dem Titel De re medica (1528). Der Basler Philologe Arzt Johann Jacob Huggelin (1530-1564) liess 1550 eine semiologische Abhandlung erscheinen (De semeiotice medicinae parte tractatus). Im letzten Viertel des 16. und zu Beginn des folgenden Jahrhunderts zeigte der Basler Stadtarzt und Professor Felix Platter ein vertieftes Interesse an der Anatomie (De corporis humani structura et usu, 1581); er verfasste ausserdem ein dreiteiliges medizinisches Handbuch, den Praxeos medicae tractatus (1602-1609) und veröffentlichte Observationes (1614), in denen er eine grosse Anzahl von Krankheiten betrachtet, darunter besonders auch die Pest. Aus der gleichen Zeit lässt sich ausserdem Johannes Nicolaus Stupanus nennen, Medizinprofessor in Basel und Verfasser einer Medicina theorica (1614).
In Zürich veröffentlichte der Stadtarzt und Professor Conrad Gessner zahlreiche Werke, in denen es um medizinische Themen geht: die Succiduorum medicaminum tabula (1540), eine Liste von Heilmitteln und Pflanzennamen in griechischer und lateinischer Sprache, auf die man bei den antiken Autoren stösst; die Historia plantarum (1541) und den Catalogus plantarum (1542), zwei Werke, in denen es besonders um Heilpflanzen geht; ihnen kann man noch das Werk De raris et admirandis herbis (1555) anfügen; den Thesaurus de secretis remediis (erstmals 1552 unter einem Pseudonym veröffentlicht), ein Handbuch über Arzneimittel; das Enchiridion rei medicae triplicis (1555); die Chirurgia (1555), die die Schriften antiker und moderner Autoren zur Chirurgie vereint; die Sanitatis tuendae praecepta […]. Contra luxum conviviorum. Contra notas astrologicas ephemeridum de secandis venis (1556), eine Abhandlung über die Bedeutung eines gesundheitsbewussten Lebenswandels, der ein kurzer polemischer Text gegen die medizinische Astrologie beigegeben ist. Im fünften Buch der Physicae meditationes, einem naturgeschichtlichen Überblickswerk, interessiert sich Gessner sogar für Träume und empfiehlt für guten Schlaf eine gesunde Ernährung. Was 1577 posthum veröffentlichten Epistolae medicinales angeht, so ist in ihnen ein Brief Gessners an Fabricius Montanus aus dem Jahre 1560 über den Theriak bemerkenswert, ein bereits der Antike bekanntes Heilmittel. Derselbe Montanus rühmt 1561 in einem Gessner gewidmeten Gedicht die «heilbringenden Wasser» der Unterengadiner Quellen. Der zu Gessners Bekanntenkreis gehörende Zürcher Stadtarzt Jacob Ruf veröffentliche eine geburtsmedizinische Abhandlung mit dem Titel De conceptu (1554) und einen Gessner gewidmeten Libellus de tumoribus quibusdam phlegmaticis non naturalibus (1556). Die Gynäkologie und die Geburtsmedizin sind auch Gegenstand der Gynaeciorum sive de mulierum affectibus commentarii (1566), einer von Gessner erstellten Anthologie, die Kaspar Wolf, sein Nachfolger im Amt des Zürcher Stadtarztes, veröffentlichte. Der Mediziner Theodor Zwinger, ein Anhänger des Paracelsus, veröffentlichte Kommentare zu Galen (1561) und eine Ausgabe des Hippokrates (1579). Sein Sohn Jacob gab seine physiologischen Vorlesungen 1610 unter dem Titel Physiologia medica heraus. Wir erwähnen ausserdem Taddeo Duno, einen seit 1555 in Zürich ansässigen Arzt aus Locarno, der mehrere medizinische Werke veröffentlichte, darunter besonders die Muliebrium morborum omnis generis remedia (1565) über Frauenkrankheiten, ferner das Werk De respiratione (1588), in dem seine sorgfältige Beobachtung der Natur und der Epidemiologie, sowie die Epistolae medicinales (1592) über die Zusammenhänge zwischen der Meteorologie und dem Auftreten von Krankheiten. Schliesslich kann man noch auf die 1574 in Zürich gedruckte Abhandlung über die Thermen des Walliser Apothekers Kaspar Ambühl hinweisen; in ihr geht es um die Heilwirkungen von Thermalquellen.
4. Mathematische Wissenschaften
Die mathematischen Wissenschaften umfassten die vier Künste des Quadriviums: Arithmetik, Geometrie und zusätzlich dazu die Musik und die Astronomie. Diese Aufgliederung kommt aus dem Werk des Boethius (ca. 480-524), namentlich der Schrift De institutione arithmetica und der De institutione musica sowie einer Übersetzung einiger Euklidfragmente. Der Einfluss des Boethius bleibt auch im Mittelalter sehr wichtig, und er erlischt auch bei den Humanisten nicht, selbst wenn sie im Allgemeinen eher dem sprachen Sektor der freien Künste zuneigten. Glarean gibt 1546 eine Werkausgabe des Boethius heraus. Die mathematischen Wissenschaften behalten in den ersten humanistischen Handbüchern zu den freien Künsten einen bedeutenden Platz; man kann beispielshalber auf das Werk De expetendis et fugiendis rebus (1501) des venezianischen Professors Giorgio Valla hinweisen. Das Quadrivium des Boethius lag den Änderungen der universitären Lehrpläne zugrunde. Seine Musiktheorie inspirierte eine von Lefèvre d’Étaples initiierte Strömung, die sein Schüler Glarean fortsetzte, der Autor einer Isagoge in Musicen (1516) und vor allem eines Dodecachordon (1547). Auf diesem Gebiet kann man auch noch die Synopsis Isagoges Musicae (1552) und die Brevis musicae isagoge des Johannes Frisius (1554) nennen.
Melanchthon, auf den wir schon mit Hinblick auf die Astronomie hinwiesen, spielt auch für die Verbreitung der mathematischen Wissenschaften im akademischen Curriculum eine bedeutende Rolle, indem er 1545 die Artistenfakultät neu organisierte; daraus resultierte eine Generation von Mathematikern, die eine weitere nach sich zog; aus letzterer kann man besonders Johannes Keppler hervorheben. Später im 16. Jahrhundert förderten die Jesuiten an den höheren Klassen ihrer Ordenshochschulen (besonders im Rahmen des Logik- und Philosophieunterrichts) das Mathematikstudium. Parallel dazu öffnete die Wiederentdeckung der Werke des Euklid, des Archimedes, des Proklos und anderer Autoren der Forschung neue Perspektiven. In der Schweiz gab es nur in Basel einen dauerhaften Lehrstuhl für Mathematik, den beispielsweise Glarean und Wurstisen innehatten. In Basel veröffentlichte Simon Grynaeus 1533 die Elementa des Euklid mit dem Kommentar des Proklos, 1538 den Almagest des Ptolemaios und 1540 die Hypotypose des Proklos. In derselben Stadt kam die von Thomas Gechauff veranstaltete editio princeps der Werke des Archimedes in griechischer und lateinischer Sprache heraus (1544); ferner die deutsche Übersetzung des Euklid durch Wilhelm Xylander (1562) sowie dessen Übersetzung des Diophantos und sein Kommentar dazu (1575). Die Buchdrucker bevorzugten im Allgemeinen lateinische Übersetzungen gegenüber den griechischen Originalen, weil sich erstere besser verkaufen liessen. Manche Gelehrte verfassten auch eigene Werke. Das ist der Fall bei Glarean, dem Autor einer De VI arithmeticae practicae speciebus epitome (Freiburg i. Br., Faber, 1539), bei dem Tessiner Taddeo Duno und seiner Arithmetices practices methodus (1546) und bei Wurstisen, der 1579 ein arithmetisches Handbuch herausbrachte (Elementa arithmeticae logicis legibus deducta, Basel, Henricpetri).
Die konkrete Anwendung mathematischer Prinzipien war von Ptolemaios und von Vitruv inspiriert. So stützten sich mehrere Kosmographien auf die Arbeiten des Ptolemaios, darunter der Cosmographicus liber des Peter Apian (1524). Vitruv diente vor allem auf dem Gebiet der Architektur als Modell, besonders für Leon Battista Alberti, den Verfasser von De re aedificatoria (1452).
In den schweizerischen Akademien und Kollegien findet man eigene Lehrstühle für die mathematischen Wissenschaften erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die mathematischen Fächer wurden in der Regel von Philosophen oder Theologen unterrichtet. In den Städten erregten diese Disziplinen das Interesse von Gelehrten, Ingenieuren, Kartographen, Landvermessern, Instrumentenbauern, Arkebusieren und Rechenmeistern. Die Renaissance erkennt im Übrigen den Wert der Algebra; das ist in erster Linie auf die Zunahme des kaufmännischen Rechnens und des Rechnens in handwerklichen Berufen zurückzuführen. Allerdings verschafft sich dieses «bürgerliche» Wissen eher in der Volkssprache Ausdruck, anders als das vor allem diskursiv und kontemplativ ausgerichtete universitäre Wissen, das sich auf Latein äussert.
5. Alchemie und Chemie
Der Begriff «Chemie» kommt von dem griechischen χημεία; durch das daraus abgeleitete arabische Lehnwort (al-kīmiyā) wurde daraus «Alchemie». Während die mittelalterlichen Autoren von Übersetzungen aus dem Arabischen beeinflusst waren, führte die Wiederentdeckung griechischer Texte in der Renaissance dazu, dass man den Begriff «Chemie» bevorzugte. Die Alchemie besitzt keine klar erkennbare antike Tradition; ihre Praktiken und Ziele oszillierten zwischen praktischen Experimenten (ars) und theoretischen Kenntnissen (scientia). Sie wurde im Übrigen niemals in den Lehrplan der mittelalterlichen Universitäten integriert. Carlos Gilly sagt im Historischen Lexikon der Schweiz über die Alchemie:
Der Begriff Alchemie umfasste im Mittelalter und in der frühen Neuzeit einen vielgestaltigen Denk- und Erfahrungsbereich, der spekulative Naturerkenntnis und experimentelles Ergründen der natürlichen Stoffe verband. Ziel der Alchemie war die Veränderung und Veredelung der Materie mittels eines universellen Wirkstoffs (Elixier, Stein der Weisen), der kranke Körper gesund und unvollkommene Metalle vollkommen machen könnte.
Die Klassifizierung der Chemie bereitete in der Renaissance immer Probleme. Conrad Gessner räumte ein, dass die Gegenstände der Alchemie der Naturphilosophie angehörten, aber er ordnete sie in seinen Pandectae (1548) mehr den mechanischen als den freien Künsten zu, mit der Begründung, dass sie von unwissenden und ungebildeten Menschen praktiziert werde. Theodor Zwinger schlug in der zweiten Auflage seines Theatrum humanae vitae (1586) vor, die Alchemie unter den «Feuerkünsten» einzuordnen, eine Kategorie, die auch das Glasmachen und die Destillation umfasste. Die praktizierenden Chemiker versuchten dagegen, ihre Disziplin historisch und philosophisch zu legitimieren. Sie versuchten sie mit der Autorität des Altertums zu versehen, indem sie ihre Ursprünge auf den legendären ägyptischen Weisen Hermès Trismegistos zurückführten; ferner beriefen sie sich auf die arabischen Gelehrten Avicenna, Rhazes und Geber und auf die mittelalterlichen europäischen Gelehrten Albertus Magnus, Thomas von Aquin und Raimund Lullus. Eine andere Strategie bestand darin, neue Kenntnisse in die Naturphilosophie einzubringen, besonders eine Theorie über die Materie, die sich auf arabische Lesarten der Meteorologie des Aristoteles stützte, laut der die Metalle sich aus zwei Elementen zusammensetzten: Schwefel und Quecksilber.
Das neuplatonische Konzept der kosmischen Quintessenz, das Marsilius Ficinus theoretisch formulierte, beeinflusste den Arzt Paracelsus, der eine Korrespondenz zwischen Himmelskörpern und irdischen Körpern annahm und die Mediziner dazu aufforderte, nach den verborgenen Naturkräften zu suchen, die ihnen nur die Alchemie offenbaren könne. Paracelsus, der in St. Gallen die von dem Kaufmann und Alchemisten Bartholomäus Schobinger (1500-1585) geschaffene Textsammlung konsultierte, sah die Alchemie als einen der vier Pfeiler der Medizin an (zusammen mit Astrologie, Philosophie und Tugend). Die Alchemie war für ihn mehr mit der Medizin verbunden als mit der Umwandlung von Metallen; sein Ziel war es, die arcana zu praktizieren und sie gegen Krankheiten anzuwenden. Diese Zielsetzung ermöglichte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Entwicklung der Iatrochemie bzw. Chemiatrie, die der Autorität der galenischen Medizin entgegentrat und gegenüber den mittelalterlichen alchemistischen Theorien noch ein drittes Element hinzufügte: das Salz. Auch wenn Paracelsus die Umwandlung von Metallen verwarf, hinderte das seine Anhänger nicht daran, sich diese zum Ziel zu setzen bzw. selbst alchemistische Schriften unter dem Namen des Paracelsus zu veröffentlichen. Die Paracelsisten zogen sich die Gegnerschaft der Mediziner zu, aber auch die von Theologen und Philosophen. Petrarca und Erasmus stellten die Alchemisten als Scharlatane dar. Georg Agricola unterschied seine metallurgischen und mineralogischen Studien von der Alchemie und wählte statt diesem den Begriff der «Chemie». Thomas Erastus lehnte die Methoden des Paracelsus ab, hinterfragte den Wert des Corpus Hermeticum und stellte die Möglichkeit einer Transmutation von Metallen ganz in Abrede. Er forderte für die Paracelsisten sogar die Todesstrafe, deren philosophia chymica eine Vereinigung der Naturwissenschaften und der Religion anstrebte; das ging so weit, dass man den biblischen Schöpfungsbericht als eine alchemistische Operation interpretierte.
Das erste alchemistische Werk, das in der Schweiz entstand, war das Coelum philosophorum des Philip Ulstadt bzw. Ulsted, der damals Unterricht in Freiburg i. Ü. gab; es wurde allerdings in Strassburg gedruckt. (1526). Man muss festhalten, dass die Autoritäten manchmal sehr restriktive Entscheidungen gegen die Alchemie ergriffen; das blieb nicht ohne Auswirkungen auf den Buchdruck. Die alchemistischen Texte wurden erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts in grosser Zahl gedruckt, als das Interesse an der hermetischen Tradition und der Entwicklung der paracelsischen Iatrochemie zunahm. So wurden 1545 in Bern bei dem Drucker Samuel Apiarius die Alchemia des Pseudo-Geber und sechs weiterer alchemistischer Klassiker veröffentlicht, denen 1561 in Basel bei Pietro Perna die Sammlung Verae alchemiae artisque metallicae vera doctrina des Guglielmo Grataroli folgte. 1572 druckte Perna noch weitere Sammlungen von Texten der arabischen und europäischen Alchemie in lateinischer Sprache, darunter Auriferae artis, quam chemiam vocant, antiquissimi authores. Perna verteidigte seine Entscheidung, dieses Werk zu drucken, indem er erklärte, es ermögliche «diese Kunst vollkommener zu pflegen und bekannt zu machen» (ad eam artem magis excolendam et illustrandam). Überhaupt war Basel für Alchemisten zwischen 1560 und 1600 ein wichtiger Treffpunkt. Das Erstarken der protestantischen Orthodoxie (als Reaktion auf die katholische Reform) versetzte der Begeisterung für die Alchemie allerdings einen harten Schlag. Am Ende des Jahrhunderts waren alchemistische Praktiken häufig verboten und Alchemisten wurden mit Bussgeldern belegt, verjagt, ja sogar hingerichtet.
6. Botanik, Zoologie, Paläontologie
Das Lateinische ist für die Nomenklatur der Pflanzenwelt aus historischen Gründen sehr wichtig. Auch wenn die Standardisierung der lateinischen Begrifflichkeit auf diesem Gebiet erst durch den schwedischen Botaniker und Naturforscher Carl von Linné (1707-1778) erfolgte, wurden Pflanzen auch schon in antiken und mittelalterlichen Werken beschrieben. Die Wiederentdeckung dieser Texte in der Renaissance, ihre Edition und manchmal auch Übersetzung (z. B. die lateinische Übersetzung der Werke des Theophrastos von Theodorus Gaza um 1450) provozierten Debatten über die Identifikation der von den antiken Autoren beschriebenen Pflanzen; es ging darum, ob die feststellbaren Fehler auf die Unwissenheit der Autoren oder auf die der mittelalterlichen Kopisten zurückzuführen war. In den 1540ern wurden die Werke der wichtigsten antiken Autoren auf diesem Gebiet, Theophrast, Dioskurides, Plinius d. Ä. und Galen, in ihrer Gesamtheit ediert, nötigenfalls ins Lateinische übersetzt und kommentiert. Um Heilpflanzen ging es in den Werken De materia medica von Dioskurides und De simplicium medicamentorum temperamentis et facultatibus von Galen, die beide zu Referenzwerken für die ärztlichen Schulen wurden. Die mittelalterlichen Autoren wurden dabei allerdings nicht vernachlässigt, wie die Scholien des Johannes Atrocianus zum Gedicht De herbarum virtutibus des Pseudo-Macer (in Wahrheit Odo von Meung) und zum Hortulus des Walahfrid Strabo belegen.
Die Humanisten bezeichneten die Botanik als res herbaria, ein Ausdruck, der den Anspruch auf wissenschaftliche Strenge impliziert; mit Verachtung straften sie dagegen die mündliche Überlieferung der Kräutersammler (herbarii). Im 16. und 17. Jahrhundert entstanden viele wissenschaftliche Beiträge in ganz unterschiedlichen Formen (Briefe, Dialoge, Gedichte…): die Naturforscher beriefen sich in ihren Vorreden stets auf antike Autoritäten. Dennoch verfassten Autoren wie die Deutschen Otto Brunfels, der spätere Stadtarzt von Bern, Hieronymus Bock und Leonhart Fuchs Abhandlungen, in denen sie sich auf eigene Beobachtungen stützten. Zu den grossen Werken der damaligen Botanik gehört vor allem die De historia stirpium von Fuchs, die in Basel bei Isengrin erschien (1542). Mehr als 130 Begrifflichkeiten zu Pflanzenteilen werden darin erklärt. Conrad Gessner besass ein Naturalienkabinett, kultivierte in seinen zwei privaten botanischen Gärten Wildpflanzen und hinterliess eine unvollendete botanische Abhandlung; seine Gebirgsexkursionen, von denen er in mehreren Texten erzählt (Vorwortbrief an Jacob Vogel im Libellus de lacte, die Descriptio Montis Fracti sive Montis Pilati) machten es ihm möglich, seine Kenntnisse auf diesem Gebiet zu verbessern; hinzu kamen seine Briefwechsel mit anderen Botanikbegeisterten wie Benedikt Marti (Aretius) in Bern, Johannes Fabricius Montanus in Chur, Fridolin Brunner in Glarus und Kaspar Ambühl (Collinus) in Sitten. Gessner hat viele Abhandlungen hinterlassen, die sich mit Pflanzen beschäftigen, etwa De raris et admirandis herbis (1555), den De hortis Germaniae liber (1561) oder De stirpium collectione (posthum, 1587). Ein Bekannter Gessners, der Basler Anatom und Botaniker Caspar Bauhin, führte die Beschreibung von Pflanzen gemäss ihrer Gattung und ihrer Art ein (binäre Nomenklatur), gründete 1589 den ersten botanischen Garten der Universität Basel und schuf ein Herbarium mit mehr als 4000 Pflanzen. Der Mediziner Felix Platter schuf ein Herbarium, das Michel de Montaigne im Jahr 1580 besichtigen konnte; Reste davon liegen heute in der Berner Burgerbibliothek. Platter besass ausserdem ein Naturalienkabinett, aus dem sich einige Objekte heute im Basler Naturhistorischen Museum befinden. Manche Humanisten, die sich mit Geographie (besonders der alpinen Geographie) beschäftigen, nennen die Baum-, Strauch- und Kräuterarten, denen man auf dem Gebiet der Schweiz begegnet; wir nennen hier Josias Simler und seinen Commentarius de Alpibus (1574). Pflanzen begegnet man manchmal auch in den Gedichten, die sich mit dem Gebirge befassen, so in der Stockhornias des Johannes Rhellicanus (entstanden 1536).
Die Zoologie studiert das Verhalten, die Anatomie, die Physiologie, die Klassifikation und die räumliche Verbreitung von Tieren. Diese Themen wurden zwar auch in der Antike untersucht, doch der Begriff zoologia entstand erst in der Mitte des 17. Jahrhunderts aus den griechischen Worten ζῷον (Zier) und λόγος (das Studium eines bestimmten Themas). Die Zoologie entwickelt sich in der Renaissance zur gleichen Zeit wie die Anatomie und die Physiologie und stützt sich dabei auf eine Tradition, die bis in die griechische Antike zurückreicht. Aristoteles, dessen Tiergeschichte mehr als 500 Arten behandelt, wurde lange Zeit als der wichtigste Autor angesehen, wenn es um Natur und Tiere ging. Auf der Stufenleiter der Natur platzierte der griechische Philosoph die Menschen an der Spitze; darauf folgten die Tiere und schliesslich die Pflanzen. Plinius d. Ä. griff diese Taxonomie später in seiner Naturgeschichte auf.
Im Mittelalter war das einflussreichste Werk der Physiologus, ein Bestiarium aus dem 2. oder 3. Jahrhundert n. Chr., dessen Autor unbekannt ist. Die Erfindung des Buchdrucks hatte grosse Auswirkungen, sowohl mit Blick auf die Textarten, in denen es um Tiere geht, als auch mit Blick auf das von ihnen angezielte Publikum; denn zum ersten Mal war es möglich, zahlreiche Abbildungen von Tieren rasch und zu einem geringen Preis herzustellen, und die gedruckten Werke konnten überall zirkulieren. Der Buchdruck ermöglichte auch die Produktion enzyklopädischer Texte wie der Historia animalium von Conrad Gessner, die in vier Bänden zwischen 1551 und 1558 erschien und bis zum Ende des 17. Jahrhunderts das Referenzwerk zu dieser Materie blieb. Man kann hier gleicherweise die Differentiae animalium von Fabricius Montanus erwähnen, die sich auf die Historia animalium von Gessner stützen. Wie Gessner und Montanus hielten die meisten Autoren der Renaissance daran fest, die Tiere gemäss ihrer anatomischen Eigenschaften und ihrer Lebensart in Gruppen zu unterteilen, so wie das auch schon Aristoteles getan hatte. Hinzu kamen weitere Faktoren wie ihre Nützlichkeit für den Menschen und/oder ihren Nährwert. Im Laufe der Zeit konzentrierten sich manche Autoren auf spezifische Tierarten.
Die Paläontologie existierte noch nicht als Disziplin, doch ihr Studienobjekt, die Fossilien, erweckte schon das Interesse der Humanisten. Die Arbeiten Georg Agricolas und Conrad Gessners haben in dieser Hinsicht Pioniercharakter. Der erstgenannte veröffentlichte in Basel seine Schrift De natura fossilium (1546 in der Offizin von Froben und Episcopius). Gessner beschäftigte sich in seinem letzten Werk, dem De rerum fossilium, lapidum et gemmarum maxime, figuris et similitudinibus liber, mit Fossilien, Steinen, Mineralien und Artefakten. Dieser Text wurde mit sieben anderen Essays verschiedener Autoren in einer Anthologie mit dem Titel De omni rerum et fossilium genere (Zürich, Gessner, 1565). Agricola und Gessner verstanden unter Fossil jedes aus der Erde oder aus Gestein extrahierte Objekt, das eine auffällige Form hatte; das schloss Fossilien (versteinerte Organismen) im modernen Sinne des Wortes ein, aber auch Kristalle, Steine, Mineralien und Artefakte. Auf diesem Gebiet verband sich die Autorität antiker (Plinius d. Ä., Theophrast, Dioskurides) und mittelalterliche (Albertus Magnus) Autoren mit persönlichen Beobachtungen des Humanisten und seiner Zeitgenossen. Gessners Originalität beruht vor allem darauf, dass die Fossilien mit den lebenden Organismen verglich, die er zuvor in seiner Historia animalium behandelt hatte.
Bibliographie
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