De Helvetiae origine: die Schändung von Zwinglis Leichnam

Rudolf Gwalther

Einführung: David Amherdt (deutsche Übersetzung: Clemens Schlip). Version: 10.02.2023.


Entstehungsdatum: 1538 (diese Jahresangabe steht im Titel der Handschrift).

Handschrift (Kopie): ms A 87, p. 224-226 (vgl. F 141, p. 480 sqq.).

 

Dieser Text ist dem Werk De Helvetiae origine von Rudolf Gwalther entnommen, einem im handschriftlichen Stadium verbliebenen Geschichtswerk, das die Geschichte der Schweiz von ihren Anfängen bis in die Zeit des Autors nachverfolgt. Es wird an anderer Stelle auf diesem Portal ausführlicher vorgestellt.

Der Text, den wir hier edieren, widmet sich der Schändung des Leichnams von Ulrich Zwingli durch Katholiken nach dem zweiten Kappelerkrieg, der mit der Niederlage der Zürcher Truppen endete. Diese Passage bietet Gwalther eine Gelegenheit, die unvergleichliche Bosheit, Wut und Grausamkeit der Katholiken hervorzuheben. Allerdings will der Autor vor allem zeigen, dass die schwere Niederlage der Zürcher und der Tod Zwinglis mitnichten Anzeichen dafür sind, dass die Reformation ein Irrtum ist; Gwalther erstellt eine Liste von grossen Männern, die, wie Zwingli,einen unglücklichen Tod gestorben sind, ohne dass das ihrer Reputation geschadet hätte: denken wir vor allem an Christus, Gwalthers letztes Beispiel; doch bietet Zwingli als guter christlicher Humanist in dieser Schlüsselpassage seines Werks die ganze profane (bzw. heidnische) und biblische Tradition auf. Halten wir abschliessend fest, dass der Zürcher Reformator sich sehr nüchtern zeigt, was die aussergewöhnliche Auffindung von Zwinglis unversehrtem Herzen inmitten der Asche seines Körpers angeht – er erwähnt anders als Myconius nicht, dass das Herz von Zwinglis gläubigen Anhängern wie eine Reliquie aufbewahrt wurde – man kann vielleicht bemerken, dass das ein erstaunliches hagiographisches Fragment ist, das der Protestant Myconius da verfasst hat.