An Petrus Lotichius
Johannes Fabricius Montanus
Einführung: David Amherdt (deutsche Übersetzung: Clemens Schlip). Version: 10.02.2023.
Entstehungszeitraum: zwischen 1550 und 1554.
Ausgaben: Poemata. Sylvarum liber unus […], Zürich, Gessner, 1556, 4-6; J. J. Ulrich, Miscellanea Tigurina, t. III.3, Zürich, 1724, 382-384; P. Lotichius, Poemata omnia, Bd. 2, hg. von P. Burmannus Secundus, Amsterdam, Schouten, 1754 (ND Hildesheim, Olms, 1998), 338-339; Amherdt (2018), 51-57.
Metrum: sapphische Strophe.
Fabricius Montanus machte während seiner Studienzeit in Marburg 1545 die Bekanntschaft des Petrus Lotichius Secundus (1528-1560); ihm verdankt er seine poetische Berufung, wie er selbst in seinen beiden Autobiographien erklärt. Letztmals sahen sich die beiden Freunde 1545 in Wittenberg, wohin Montanus für ein Treffen mit Melanchthon gekommen war; anschliessend kehrte er nach Marburg zurück. Lotichius, der als einer der grössten Dichter seiner Zeit gilt, widmete seinem Freund später ein Gedicht.
Das Gedicht Ad Petrum Lotichium ist das zweite Stück in den Poemata des Fabricius Montanus. Während das erste Gedicht sich an Christus wendet und die Funktion eines Widmungsbriefes erfüllt, so dient dieses Gedicht gewissermassen als zweiter, «laizistischer» Widmungsbrief. Die Persönlichkeit des Lotichius ist in den Augen unseres Autors besonders bedeutend, denn dieser ist es, der ihn in die Dichtkunst eingeweiht hat. Mag Gott auch im Zentrum seines Lebens stehen, es ist doch Lotichius, der am Anfang seiner poetischen Berufung steht!
In dem Gedicht werden zwei Hauptthemen entwickelt: Zum einen bringt Montanus in einer elegischen Tonlage sein Verlangen nach einem Wiedersehen mit dem Freund zum Ausdruck, von dem ihn die Umstände unglücklicherweise entfernt haben (V. 1-12; 49-60); diese Passagen umschliessen einen langen Abschnitt über den topos (auch er ist typisch elegisch) des Kriegshasses (V. 13-48), der die Welt verfinstert und den Freund als Verbannten von seiner Heimat fernhält (V. 41-44; s. auch V. 9-10); und Montanus äussert den Wunsch nach dem Anbruch einer Art von Goldenem Zeitalter, in dem die Waffen überflüssig werden (V. 45-48). Das Gedicht enthält auch einen Lobpreis Zürichs, das von dem Konflikt verschont geblieben ist und Montanus aufgenommen hat, der dort seiner Unterrichtstätigkeit nachgeht (V. 9-20).
Als Modelle dienen Horaz, dem der Dichter das Metrum der sapphischen Strophe entleiht, sowie Vergil (v. a. die Georgica) und Ovid.
Die Poemata des Montanus enthalten noch ein zweites Gedicht an Lotichius (carm. 21), das wahrscheinlich 1551 entstanden ist; in ihm beklagt Montanus die Trennung von seinem Freund. Auf elegische Weise richtet der Dichter aus Zürich das Wort an seinen Freund, wobei er auf ihre Freundschaft die charakteristischen Themen der Liebesepistel anwendet, wie sie sich vor allem von den Heroides des Ovid ausgehend entwickelt hat.
Bemerkung zum kritischen Apparat
Im kritischen Apparat bezeichnet ErrataAut die eigenhändigen errata des Montanus, im Anschluss an die errata in zwei Druckexemplaren der Poemata.
Bibliographie
Amherdt, D., Johannes Fabricius Montanus. Poèmes latins. Introduction, édition, traduction et commentaire, Bern, Schwabe, 2018.