Prosopographia heroum atque illustrium virorum totius Germaniae
Traduction (Allemand)
Traduction: Clemens Schlip (französischer Originaltext der Anmerkungen von David Amherdt und Kevin Bovier)
1. Wilhelm Tell, der Urheber der Schweizer Eidgenossenschaft (Bd. II, 310-312)
Jener Wilhelm wurde in der Schweiz in Uri geboren und erzogen. Weil er aber sich durch hervorragende Geistes- und Körperkraft auszeichnete, erlangte er bei den Leuten dort in kurzer Zeit grosse Autorität. Zur selben Zeit regierte Kaiser Heinrich VII., ein Luxemburger, sehr ruhmreich das Römische Reich. Er erneuerte für die inneren Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden die ihnen von seinen Vorgängern verliehenen Privilegien und versah sie in Konstanz wegen ihrer Tüchtigkeit noch mit vielen anderen Immunitätsrechten; dies geschah im Jahre 1309 n. Chr. Ausserdem machte er ihnen das Zugeständnis, keinem Fürsten ausser dem Kaiser gehorchen zu müssen, und vor keinen Richter zitiert werden zu können ausser vor die ihnen vom Kaiser vorgesetzten Vögte. Es gab nämlich damals in Österreich in den benachbarten Regionen sehr mächtige Fürsten, die immer wieder versuchten, diese Orte zu unterwerfen und ihrem Herrschaftsgebiet anzugliedern. Nachdem aber Kaiser Heinrich gestorben war und ungefähr ein Jahr lang ein Interregnum im Reich bestanden hatte, bedrängten die benachbarten Adeligen die Schweizer und fügten ihnen verschiedenes Unrecht zu, wobei sie auch heimlich von den österreichischen Herzögen unterstützt wurden, damit die überaus trefflichen Männer, nachdem ihre Mittel erschöpft wären, sich endlich freiwillig den benachbarten Fürsten unterwürfen und sie um ihre Hilfe gegen die Frechheit der Adeligen bäten. Es fügte sich aber, dass später von den Kurfürsten zwei Kaiser eingesetzt wurden, Ludwig IV., der Bayer und der Österreicher Friedrich; dies wurde zum Anlass für viele Unruhen in ganz Deutschland. Und so folgten die Reichsvögte bei den Schweizern, die alle ihre Besitztümer unter dem Einfluss der österreichischen Herzöge hatten, der Partei Friedrichs. Aber als die Schweizer erfahren hatten, dass der grössere Teil der Kurfürsten sich auf Ludwig geeinigt hatte, erkannten sie ihn als den gesetzlich gewählten Kaiser an und hofften, dass er entsprechend seiner Autorität die Österreicher von ihrem gewaltsamen Vorgehen abhalten und die treuen Untergebenen des Reiches verteidigen könne.
(Die Frechheit Gesslers)
Zu dieser Zeit war Gessler im Namen des Reiches Vogt in Schwyz und Uri, Als dieser merkte, dass die Kantonsbewohner der Autorität Ludwigs folgten und ihm gegenüber weniger gehorsam waren, sann er mit grosser Arroganz darauf, die Verantwortlichen für diesen Sachverhalt ausfindig zu machen (im Jahre des Heils 1382). Deshalb setzte er einen Hut auf eine Stange an einen öffentlichen Weg in Altdorf und befahl, ihn mit grosser Ehrfurcht zu verehren, so als ob er selbst persönlich gegenwärtig wäre. Er setzte auch Wächter an diesen Ort, die auf die achten sollten, die das Gebot missachteten. Als Wilhelm Tell, dieser grossgesinnte Mann, vorüberging, missachtete er jenes nichtswürdige Zeichen. Als er deswegen ermahnt wurde, antwortete er, er habe den Vogt immer mit höchster Verehrung empfangen und verehrt und werde dies auch ferner tun; es sei aber Unrecht, dass ein Mensch, ein Geschöpf Gottes, einem abgelegten Hut eine solche Verehrung entgegenbringen sollte. Als das der grausame Vogt Gessler erfahren hatte, befahl er sofort, Wilhelm gefangen zu nehmen und zu ihm zu bringen, da er hoffte, durch seine Aussagen Informationen über eine Verschwörung einiger Leute erhalten zu können. Aber als der verneinte, in dieser Sache Verbündete zu haben, beschloss er, sein Gewissen auf andere Weise in Versuchung zu führen. Er rief nämlich die Kinder Wilhelm zusammen und fragte ihn, welchen seiner Söhne er am meisten liebte? Als der ihm das angegeben hatte, befahl er, den hübschen Knaben an einen Pfahl zu binden und einen Apfel auf sein Haupt zu setzen. Danach befahl er dem Vater, sich 120 Schritte entfernt von dem Knaben aufzustellen und mit einem Geschoss auf jenen Apfel zu zielen. Wenn er ihn träfe, werde er milder mit ihm verfahren; wenn er aber daneben träfe, werde er die Todesstrafe zu gewärtigen haben; Wilhelm, von dieser Ungeheuerlichkeit erschüttert, bemühte sich, sich zu entschuldigen und eine andere Strafe auferlegt zu bekommen. Aber er predigte einem tauben Ohr. Deshalb präparierte er sich, nachdem man ihm den Bogen gebracht hatte, mit dem er gewöhnlich mit bewundernswerter Kunstfertigkeit häufig das Ziel traf, für diese Aufgabe, und nachdem er seinen Sohn getröstet und den Beistand Gottes erfleht hatte, traf er zur Verwunderung aller den Apfel und entfernte ihn so mit dem Geschoss vom Haupt seines Sohnes.
(Tells Geschicklichkeit im Bogenschiessen)
Als er sich aber für dieses Werk vorbereitet hatte, hatte er einen zweiten Pfeil hinten in seinem Nackenbereich an seinem Wams befestigt. Als der Vogt ihn nach dem Grund dafür befragte, antwortete Wilhelm, er habe das nach Art der Bogenschützen getan, die beim Bogenschiessen immer zwei Geschosse bereit hätten, um das andere zu verwenden, wenn das eine zerbrochen oder beschädigt wäre. Der Vogt aber beharrte energischer auf seiner Frage und versprach ihm die Freiheit, um die Wahrheit aus ihm herauszupressen. Deshalb sagte Wilhelm gerade heraus, wenn er zufällig seinen Sohn mit dem Pfeil getötet hätte, würde er mit dem anderen auf den Vogt selbst gezielt haben, der diese Ungeheuerlichkeit befohlen hatte. Dieses Geständnis liess den Vogt in Zorn entbrennen, und er äusserte, er habe ihm zwar das Leben versprochen, aber er werde ihn mit ewiger Kerkerhaft bestrafen. Deshalb befahl er, ihn zu fesseln und sofort auf ein Schiff zu bringen, um ihn auf einer Fahrt den See entlang nach Luzern hinab in gut abgesicherte Haft zu bringen. Als sie aber auf dem See fuhren, geschah es durch Gottes Vorsehung, dass plötzlich ein sehr grosser Sturm aufkam und die Sturmwinde auf das Schiff losgingen, so dass der Vogt mit den Seinen in grosse Gefahr geriet. Da begannen seine Leibwächter, den Gessler dazu zu ermuntern, den Tell von seinen Fesseln zu befreien und zum Dienst am Steuerruder abzuordnen; er sei nämlich ein starker und in der nautischen Kunst sehr erfahrenen Mann, der das Schiff mit Leichtigkeit lenken und ans Ufer führen könne. Aus diesem Grunde wurde Wilhelm losgebunden und steuerte das Schiff und führte es sehr geschickt zum Hafen. Da er aber nicht weit vom Ufer einen ungeheuren Felsen in diesem See kannte, lenkte er das Schiff schnell zu diesem Ort hin. Und als er dorthin gekommen war, riss er plötzlich seinen Bogen an sich, sprang auf diesen Felsen und stiess mit dem anderen Fuss das Schiff mit grosser Kraft in den See zurück (der Ort wird heute noch «Tellsplatte» genannt). Dann aber soll der Vogt ihm zugerufen haben, er werde ihn für dieses Verbrechen streng bestrafen und Wilhelm mitsamt seiner Familie auslöschen. Deshalb beobachtete Wilhelm, nachdem er sich ans Ufer begeben hatte, sorgfältig den Reiseweg des Vogtes. Als auch der ans Ufer gelangt war und in einer hohlen und tiefen Gasse nach Uri ritt, erwartete ihn Tell mit angespanntem Bogen oberhalb von Küssnacht und durchbohrte ihn, als er vorüberzog, mit einem Pfeil, so dass er vomPferde fiel und unmittelbar noch an dieser Stelle sein Leben aushauchte.
(Die Schweizer schliessen einen Bund)
Danach begab er sich sofort nach Uri und teilte allen mit, was geschehen war. Da hiess man ihn endlich, guten Mutes zu sein, und er hörte verschiedene allgemein gegen die Gewaltherrschaft der Vögte und Adeligen vorgebrachte Beschwerden. Deshalb hielt Tell mit einigen anderen Männern Rat und schloss 1314 heimlich das schweizerische Bündnis, das allmählich anwuchs und im gleichen Jahr durch die öffentliche Zustimmung der drei Orte ratifiziert wurde. (Im Jahre des Heils 1312.) Deshalb schlossen die Bewohner dieses Ortes grossherzig einen Bund und vertrieben die Adeligen aus dem ganzen Herrschaftsgebiet, zerstörten ihre Burgen von Grund auf und befreiten sich und ihre Heimat, die sie auch mitsamt ihren Nachkommen unter den Auspizien Tells und gegen den Widerstand der Adeligen und Fürsten mit grossem Ruhm bis zum heutigen Tag unversehrt bewahrt haben. Stumpff, Schweizerchronik, Buch 4, Kapitel 53.
2. Heinrich Lupulus, Leiter der Berner Schule (Bd. III, 51)
Heinrich kam in Bern (in der Schweiz) zur Welt und wurde von Kindesbeinen an wissenschaftlich unterrichtet. Als er in der Heimat sich erfolgreich das Grundwissen angeeignet hatte, begab er sich, um sein Talent auszubilden, ins Ausland und beschäftigte sich dort eifrig mit den freien Künsten und in besonderer Weise mit der Dichtkunst. In ihnen machte er derartige Fortschritte, dass er unter den Gelehrten höchste Bekanntschaft erreichte. Deshalb macht man ihn nach seiner Heimkehr zum Leiter der Berner Schule und beauftragt ihm, die besten Autoren zu kommentieren. Er machte das so zuverlässig, dass Oswald Myconius in seiner Zwingli-Biographie zurecht sagt, er habe als erster eine Schule für die edlen [humanistischen] Wissenschaften in Schweizerlanden eröffnet. Als er nämlich die reineren Wissenschaften mit grossem Geschick erklärte, regte sein guter Ruf die besten jungen Talente an, zu ihm nach Bern zu strömen. Unter ihnen befand sich auch Ulrich Zwingli, der von diesem Lehrer in das innere Heiligtum der klassischen Schriften eingeführt wurde und sich dabei einen eleganten Stil, Sachkenntnisse und ein kritisches Urteilsvermögen erwarb; er erlangte auch Kenntnisse in der Dichtkunst, so dass er, darin mit anderen von Heinrich unterrichtet, Gedichte zu schreiben und die von anderen verfassten Gedichte sehr trefflich zu beurteilen vermochte. Von diesem Heinrich sind einige Epigramme erhalten sowie ein Gedicht im phaläkischen Hendekasyllabus über den Tod seines Schülers Zwingli, mit einem Epitaph für diesen in elegischen Versen. Nachdem er auf diese Weise viele Jahre hindurch die Jugend unterrichtet hatte, starb der durch sein verehrungswürdiges weisses Haupt ausgezeichnete Mann im Kreise der Seinen und erhielt ein ehrenvolles Begräbnis. Im Brief über Ökolampad und Zwingli.
3. Johannes Froben, Drucker in Basel (Bd. III, 94-95)
Johannes beschäftigte sich von Kindesbeinen an mit den edlen [humanistischen] Wissenschaften, und begab sich nach dem Grundunterricht, den er in seiner Heimat erhielt, an die Universität Basel. Dort widmete er sich sehr sorgfältig den Sprachen und Künsten und erwarb sich einen strahlenden Ruf als Gelehrter. Später widmete er sich auch der Druckkunst, um die wissenschaftlichen Studien zu unterstützen, und eröffnete in Basel eine auf Beste ausgestattete Offizin. In ihr edierte er die besten Autoren und publizierte Hieronymus, Augustinus und ähnliche Kirchenväter in verbesserter Textgestalt. Von polemischen Büchlein, mit denen sich andere Drucker keinen kleinen Gewinn verschaffen, hat er sich und seine Offizin immer rein bewahrt Johannes zeichnete sich ausserdem durch eine grosse Aufrichtigkeit aus, und auch wenn er es gewollt hätte, hätte er nichts heucheln oder vorspielen können, da seine Natur dem widerstritt. Er war so eifrig bereit, sich um die Allgemeinheit verdient zu machen, dass er sich sogar freute, wenn Unwürdige einer Wohltat von seiner Seite teilhaftig wurden. Er war so unverdorben vertrauenswürdig, dass auf niemanden mehr jenes Wort zutrifft: «Man kann mit ihm im Dunkeln Mora spielen.» Und wie er selbst gegen niemanden einen Betrug vorbereitete, so war es ihm auch nicht möglich, einen derartigen Verdacht gegen irgendjemanden zu hegen. Auch noch so schwere Beleidigungen verzieh er, noch bevor der Beleidiger ihn darum bat. Deshalb kam Erasmus, von dem guten Ruf dieses Mannes angelockt, nach Basel und wollte seine diversen Werke in der Offizin des Froben herausgeben. Er lebte einige Jahre hindurch mit Johannes in engster Hausgemeinschaft zusammen und wetteiferte mit ihm in wechselseitigen Diensterweisungen.
Nachdem er auf diese Weise ein hohes Alter erreicht hatte, verstarb er, von einer Paralyse befallen [in Folge eines Schlaganfalls] im Jahre 1527 in Basel und erhielt ein ehrenvolles Begräbnis auf dem Friedhof von St. Peter; er hinterliess seine Familie und die ganze Bürgerschaft in tiefer Trauer. Angesichts dieses Todesfalls ziemte es sich (wie Erasmus es ausdrückte) für alle Verehrer der edlen Wissenschaften, dunkle Kleider anzulegen, zu weinen und Trauer anzulegen, sein Grab mit Efeu und Blümlein zu schmücken, es mit klarem Wasser zu besprengen, wohlriechende Brandopfer darauf darzubringen, wenn denn derartige Werke einen Nutzen haben. Sicher wird es unsere Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, wenn wir alle gut für den Verstorbenen beten und sein Gedächtnis mit den Lobsprüchen begehen, die er verdient.
Johannes stammte aus Hammelburg, einem Ort in Franken, und wurde mitsamt Adam Petri aus Langendorf, einem Nachbarort, von den Basler Druckern Johannes Amerbach und Johannes Petri nach Basel gerufen. Sie leisteten in deren Diensten hervorragende Arbeit, folgten ihnen nach und halfen der Druckkunst in dieser Stadt so sehr auf, dass sie noch heute alle anderen darin weit übertrifft. Johannes hinterliess einen Sohn (Hieronymus) und einen Schwiegersohn (Nicolaus Episcopius), die später ihrem (Schwieger-)Vater nachfolgten und einmütig seine Offizin wiederhergestellt haben; sie haben, wie es ihrer Gelehrsamkeit und ihrem integren Charakter entsprach, die besten Autoren herausgegeben, so dass unter den Verehrern der Wissenschaften keine Offizin bekannter ist als die Frobensche. Doch das neidische Geschick hat uns in den letzten Jahren auch diese Männer geraubt, was allen Gutgesinnten ein Anlass zu Trauer war. Doch es besteht die Hoffnung, dass ihre Söhne sich jeder Art von Wissenschaft und Tugend nicht geringer erweisen werden als ihre Väter und ihr Grossvater; sie haben das auch schon gelegentlich unter Beweis gestellt. Erasmus indes hat, um seine Dankbarkeit gegenüber Johannes deutlich zu machen, für sein Grab folgendes Epitaph auf Latein und Griechisch verfasst:
Dieser trockene Stein bedeckt die Gebeine des Johannes Froben,
Sein Ruhm blüht auf der ganzen Welt, er weiss nicht zu sterben.
Er hat ihn sich erworben durch lautere Sitten und durch seine Unterstützung für die Studien,
Die nun traurig darniederliegen, weil sie ihren Vater verloren haben.
Zurückgebracht hat er die Monumente der antiken Weisen und hat sie geschmückt,
Mit Kunst, Handwerk, Sorgfalt, Geld, Gunst und Verlässlichkeit.
Gerechte Götter, schenkt ihm ewiges Leben im Himmel;
Wir werden dafür sorgen, dass sein Ruhm auf Erden ewig währt.
Ebenso [Griechisch]:
Hier ruht der Drucker Johannes Froben.
Keinem anderen verdanken die literarischen Studien mehr.
Beweint den Toten nicht. Er lebt und atmet nämlich und wird ewig atmen,
Durch seine Seele, durch seinen Ruhm und durch die Bücher, die er uns hinterlässt.
Erasmus in einem Brief.
4. Theodor Bibliander, ein Zürcher Theologe (Bd. III, 262)
Theodor kam in der Schweiz zur Welt; er widmete sich aufgrund seiner guten Begabung der Wissenschaft und erwarb sich ein exzellentes Grundwissen in den Künsten und den Sprachen. Dann besuchte er die Gymnasien für gelehrte Männer und widmete sich, nachdem er die verschiedenen Sprachen erlernt hatte, dem Studium der Theologie. Auch darin machte er derartige Fortschritte, dass man seine Gelehrsamkeit, seine Beredsamkeit und seine exzellenten Kenntnisse der drei Sprachen für unvergleichlich hielt. Hinzu kamen Frömmigkeit und ein unschuldiger Lebenswandel. Deshalb machte man ihn nach seiner Rückkehr nach Zürich zum Professor der Heiligen Schrift. Er nahm diesen Ruf an, übte sein Amt lange Zeit aus und erwarb sich dabei grosses Lob.
Theodor schrieb sehr viele Werke und gab sie um 1540 herum in Zürich und Basel heraus. Es handelte sich um Kommentar zur Prophetie des Jesaia; eine kritische Edition der Schriften des Ökolampad und Zwinglis; er verbesserte den Text des Koran unter Heranziehung lateinischer und arabischer Exemplare und versah ihn mit Randanmerkungen, in denen die Absurdität der mohammedanischen Lehre, ihre Widersprüche, die Ursachen ihrer Irrtümer, ihre Pervertierung der Heiligen Schrift und andere derartige Dinge kritisiert werden. Er übersetzte den Propheten Nahum aus dem Hebräischen ins Lateinische; er erklärte die Weissagung über die Wiederherstellung Israels und lehrte, wie man den Krieg mit den Türken müsse. Später verfasste er auch eine hebräische Grammatik und einen Kommentar zur hebräischen Sprache; ebenso verfasste er vier Bücher über die Zahlenangaben, Gewichte und Masseinheiten der Heiligen Schrift in vier Büchern. Er stellte ein theologisches Kompendium aus den Schriften des Augustinus zusammen und veröffentlichte eine wissenschaftliche Darstellung der Chronologie. Ja er stellte auch die christliche und katholische Lehre sowie die Kirche dar und verfasste einen Index zum Evangelium des heiligen Markus und viele andere derartige Werke.
Nachdem sich Theodor mit seinen Werken einen grossen Namen erworben hatte und schliesslich daran gegangen war – wie es seinem exzellenten Geist entsprach – sich mit neuen und bis dahin unerhörten Fragen zu beschäftigen, verlor er etwas an Einfluss. Später starb er mit ungefähr 50 Jahren im Jahr 1560 und wurde begraben. Conrad Gessner.
5. Heinrich Pantaleon, ein Arzt und Historiker (Basel) (Bd. III, 563 und 565)
[…]
Doppelstudium der Theologie und der Medizin
Da er aber von Natur aus zum Arbeiten geboren war, trainierte er seinen Geist nicht nur in Schule und Kirche, sondern beschäftigte sich sorgfältig mit allen Vätern und Schriftstellern der Kirche, und brachte umfangreiche Indices zum heiligen Hieronymus, zu Basilius, Hilarius und den Werken anderer zustande, wobei er damit Aufträge der Herren Froben erfüllte. Daher hatte er auch die Gelegenheit, Epicedien über etliche treffliche Männer – Erasmus, Ökolampad, Grynaeus, Karlstadt und andere – zu schreiben, die in Basel gestorben waren, und er verfasste eine neue Komödie Philargyrus über Zachäus, den Ersten unter den Zöllnern, und veröffentlichte sie 1546. Gleicherweise stellte er mit grosser Sorgfalt eine Chronographie der Kirche zusammen, die zuerst im Jahre 1550 und nachher noch viele Male in verschiedener Gestalt herausgegeben und von allen Gelehrten mit grossem Beifall aufgenommen wurde. Ausserdem übersetzte er einige Büchlein des Herrn Vergerio, die dieser auf Latein herausgegeben hatte, in dessen Auftrag in die Volkssprache und bot sie den Deutschen zur Lektüre an. Um seinen Geist auch auf noch besserer Weise zu trainieren, lehrte er in den Stunden, in denen die anderen Leute ihre Freizeit geniessen, zwei Jahre lang im Kolleg (dem Willen der Lehrer gemäss) theologische Gegenstände, wie etwa einen Teil des Exodus, den Propheten Jonas, den Evangelisten Markus und den Brief des Paulus an Titus, die er auch in seinen (noch nicht publizierten) Kommentaren erklärt hat. Er hielt darüber hinaus mehrere theologische Disputationen ab, in denen er das bewies, was er in seiner Vorlesung gesagt hatte. Deshalb geschah es am 2. Juni 1552, dass er in Basel unter grossem Publikumsandrang öffentlich zum Lizentiat der hl. Theologie promoviert wurde. Weil er sich auf diese Weise erfolgreich mit dem theologischen Studium beschäftigte und es dennoch vielen guten und gelehrten Männern schien, er sei für öffentliche Predigten nicht geeignet (weil seine Zunge zu schnell war und seine Stimme überkippte), wendete er seinen Geist auch dem einige Zeit lang unterbrochenen Medizinstudium zu und verband es mit der Theologie, so dass er sowohl der Kirche dienen als auch seinem Nächsten auf verschiedene Arten nützen könne. Deshalb unterrichtete er das ganze Jahr lang in seinem Haus Privatschüler (und zwar Erwachsene) in der Medizin und rief sich auf diese Weise die Regeln dieser Wissenschaft beständig ins Gedächtnis.
[…]
Das vorliegende Werk über berühmte Männer
Später begann er auch daran zu denken, jenes herrliche und vielen erwünschte Werk über die berühmten Männer Deutschland auf Latein und Deutsch herauszugeben. Deshalb las er alle seinem Zwecke dienenden Geschichtsbücher gründlich durch und achtete dabei auf das Bemerkenswerte. Ja, er schickte sogar Briefe an etliche Fürsten (bei denen er schon wegen verschiedener wissenschaftlicher Studien, die er ihnen gewidmet oder die er herausgegeben hatte, beliebt war) und auch an gelehrte Männer, die er persönlich kannte, und bat sie bescheiden, dass sie ihm – weil jenes Werk enorme Mühe verursachen würde – Lebensbeschreibungen derjenigen Männer, die bei ihnen entweder wegen ihrer militärischen oder schriftstellerischen Leistung berühmt wären, bei Gelegenheit nach Basel schicken wollten. Die meisten kamen dieser Bitte aus Heimatliebe nach. Inzwischen brach in Basel eine wütende Pest aus. Deshalb ging er verschiedene ärztliche Traktate über die Pest durch und verfasste 1564 ein an die Gegenwart angepasstes Büchlein über die Pest und veröffentlichte es, und er selbst blieb mitsamt seiner Familie durch die Barmherzigkeit Gottes unversehrt. Dann kehrte er zu der vorgenommenen Arbeit zurück, vollendete die ersten zwei Bände über berühmte Männer und gab sie heraus.
Da aber die Taten der in jüngerer Zeit geborenen Deutschen noch nicht schriftlich festgehalten worden waren, und jede Nation nur ihre eigenen Mitbürger kannte, unternahm er (um den dritten Teil bequemer zu vollenden) Anfang 1565 eine Wanderschaft durch Deutschland und reiste, von einem öffentlich besoldeten Basler Reiter begleitet, durch die Schweiz, Schwaben, Bayern, Oberungarn, Österreich, Franken, Hessen, die Pfalz und die Rheingegend und wurde überall von den Fürsten und den Vornehmen der Städte dankbar empfangen, und endlich kehrte er nach etlichen Monaten, über viele Gegenstände unterrichtet, heil nach Basel zurück, und legte schriftlich nieder, was er ringsumher von vertrauenswürdigen Leuten erfahren hatte, und veröffentlichte das ganze Werk 1566 in seiner vollendeten Gestalt. Ausser den bisher kurz aufgezählten Arbeiten reinigte er auch viele Autoren von korrupten Stellen und gab sie heraus, wobei er ihnen verschiedene Vorworte oder Epigramme vorausschickte. Heinrich war nämlich für die Wissenschaft geboren und ein sehr geduldiger Arbeiter, so dass er bis jetzt mehr oder weniger zwölf Jahre lang an jedem einzelnen Tag morgens fünf Stunden lang ununterbrochen übersetzt oder etwas Neues verfasst und einige Blätter erfolgreich fertiggeschrieben hat. Ausserdem war er von Natur aus heiter, er war leutselig zu allen, und er war ein einzigartig begabter kritischer Begutachter der von anderen verfassten Arbeiten, weil er immer allen nützen und keinem schaden wollte. Daher war er auch bei den deutschen Fürsten und Vornehmen beliebt; sie nahmen die ihnen von ihm gewidmeten Studien immer mit höchster Freigiebigkeit an und ermunterten Pantaleon, eifrig weiter zu machen. Auf diese Weise verbringt er auch nun sein 44. Jahr weiter in Basel und unterlässt im Lehren und Schreiben nichts, womit er Gottes Ruhm kundtun und sein deutsches Vaterland verherrlichen kann. Die Nachwelt wird das zweifelsohne dankbar erkennen und verkünden. Konrad Lykosthenes, mehrere Anonyme in Deutschland, die sehr viel Glauben verdienen.
Der Demonstrationum chronologicarum liber; er erschien im Gefolge des De ratione temporum, christianis rebus et cognoscendis et explicandis accommodata liber unus, Basel, Oporin, 1551.