Gedicht zum Lobpreis der Kaiser Friedrich III. und Maximilian I.
Traduction (Allemand)
Vadian beklagt hier wohl zum einen den Verlust des Werkes Bellorum Germaniae viginti (Zwanzig Bücher über die Germanenkriege) des Plinius d. Ä., von dessen Existenz wir aus einem Brief seines Neffen Plinius d. J. wissen (Epist. 3,5,4). Erklärungsbedürftiger ist seine Klage über den Verlust taciteischer Werke: Hier bezieht er sich wohl darauf, dass wichtige Äusserungen dieses Autors über die Germanen erst vor relativ kurzer Zeit wiederentdeckt worden waren. Zwar war die einzige Handschrift der ethnographischen Schrift Germania bereits 1425 im Kloster Hersfeld wiederentdeckt und 1472 erstmals in Venedig bei Wendelin Spira gedruckt worden. Die ersten sechs Bücher der Annales jedoch, in denen Tacitus u. a. auch die Augusteischen Germanenkriege behandelt (inklusive des berühmten Sieges der Germanen über die Römer in der Varusschlacht im zweiten Buch) waren erst 1508 im Kloster Corvey bei Höxter wiederentdeckt worden. Dieser Text (Ms. Plut. LXVIII.1, http://dx.doi.org/10.48643/b4tm-175) gelangte, wie schon zuvor das Manuskript der Germania, durch Diebstahl nach Italien und wurde erstmals 1515 in Rom bei Étienne Guillery gedruckt (Herausgeber war Philipp Beroaldus der Jüngere), also ein Jahr nach unserem Gedicht. Vadian dürfte hier unter dem Eindruck dieser Neuentdeckung stehen und beklagen, dass dieser Text so lange unbekannt war, bzw. indirekt darüber klagen, dass vermutlich viele weitere Äusserungen des Tacitus über die Germanen dauerhaft verloren sind (aufgrund des fragmentarischen Erhaltungszustands des taciteischen Werkes ist diese Klage berechtigt). Zu Diebstahl und Erstdruck der Corveyer Handschrift zu Annales 1-6 s. S. Schmal, Tacitus, Hildesheim/Zürich/New York, Georg Olms, 2005, 172 Allgemein zu Überlieferungs- und Erstdruckgeschichte der Annales (nicht mit allen oben referierten Details, die man als philologisches Allgemeinwissen betrachten darf) s. etwa W. Suerbaum, «Tacitus-Kenntnisse vor Erfindung des Buchdrucks. Der Literaturhistoriker Sicco Polenton aus Padua würdigt Tacitus um 1430», Rheinisches Museum für Philologie 157 (2014), 75-103, hier: 76-77. Interessant auch der Onlinevortrag Tacitus in Corvey von H.-W. Stork, https://archiv.ub.uni-marburg.de/es/2021/0014/.