Joachim Vadian Panegyrisches Gedicht auf die Kaiser Friedrich III. und Maximilian I.

Gedicht zum Lobpreis der Kaiser Friedrich III. und Maximilian I.

Übersetzung: Clemens Schlip

Vgl. dazu unsere Einführung.

Apoll, der auch als Sonnengott verehrt wurde.

Zeus/Jupiter.

Vadian spricht hier in sehr gekünstelter Form vom Parnass, einem Gebirgsmassiv in der Landschaft Phokis, das schon in der Antike gerne als zweigipflig (z. B. biceps, bivertex) bezeichnet wurde (vgl. Eur. Phoen. 226 ff., Pers. prol. 2, Ov. met. 1,316; 2,221); der Gipfel Helikon wurde als Wohnstätte Apolls und der Musen angesehen.

Friedrich III. unternahm als junger Prinz 1435/36 eine Pilgerfahrt ins Heilige Land und wurde am Heiligen Grab in Jerusalem zum Ritter geschlagen. Der oben erwähnte Pharos war der zur Zeit des Hellenismus errichtete Leuchtturm von Alexandrien, der manchmal zu den sieben Weltwundern der Antike gerechnet wird; s. dazu z. B. K. Brodersen, Die sieben Weltwunder. Legendäre Kunst- und Bauwerke der Antike, München, C. H. Beck, 1996, 14. Natürlich leuchtete dieser Turm zu Vadians Zeiten nicht mehr und fungiert hier als ein reines literarisches Versatzstück.

Friedrich III. wurde 1452 von Papst Nikolaus V. in Rom zum Kaiser gekrönt, was das letzte Mal war, dass diese Zeremonie dort stattfand.

Gradivus ist einer der möglichen Beinamen des Kriegsgottes Mars.

Vadian meint hier wohl Friedrichs Pilgerfahrt nach Rom im Jahr 1468.

Julius Caesar (100-44 v. Chr.), der 46 v. Chr. nach seinem Sieg im Bürgerkrieg gegen Pompeius vom Senat zum Diktator für zehn Jahre und bereits im Februar 44 (und damit wenige Wochen vor seiner Ermordung) zum dictator perpetuo auf Lebenszeit ernannt wurde.

Vadian pauschalisiert hier die Art und Weise, wie die Kaisernachfolge im römischen Kaiserreich in der Antike zustande kam (es gab vor allem unter den Soldatenkaisern auch Machtübernahmen ohne vorhergehende testamentarische Regelung oder gar Adoption), aber zumindest für die hier genannten julisch-claudischen Herrscher stimmt seine Feststellung: Augustus (Octavian, 63 v. Chr.-19 n. Chr.), der Begründer des römischen Prinzipats, wurde von Julius Caesar, seinem Grossonkel mütterlicherseits, testamentarisch adoptiert und als Erbe eingesetzt. Er adoptierte seinerseits 4 n. Chr. den Tiberius (42 v. Chr.-37 n. Chr.), einen Sohn seiner Gattin Livia aus ihrer vorigen, auf Wunsch des Augustus geschiedenen Ehe, und setzte ihn als Nachfolger ein. Tiberius adoptierte wiederum den Caligula (Caius; 12-41 n. Chr.), den Sohn seines Neffen Germanicus, und setzte ihn als Erben ein.

Auf den Flavier-Kaiser Vespasian (9-79 n. Chr.) folgte zunächst dessen ältester Sohn Titus (39-81 n. Chr.), dann aber sein jüngerer Sohn Domitian (51-96 n. Chr.), der als ausnehmend schlechter Kaiser in das historische Gedächtnis einging.

Die erste Kaiserwahl im Ostfrankenreich (das später zum Heiligen Römischen Reich wurde) fand 911 statt. Im 13. Jh. bildete sich das Kollegium der einzig wahlberechtigten Kurfürsten (bis 1648 sieben) heraus. Die endgültige Regelung der Wahlmodalitäten fand 1356 mit der Goldenen Bulle Karls IV. statt; Wahlort war bis zur letzten Wahl im Jahre 1792 der Dom St. Bartholomäus in Frankfurt a. M.

Vadian beklagt hier wohl zum einen den Verlust des Werkes Bellorum Germaniae viginti (Zwanzig Bücher über die Germanenkriege) des Plinius d. Ä., von dessen Existenz wir aus einem Brief seines Neffen Plinius d. J. wissen (Epist. 3,5,4). Erklärungsbedürftiger ist seine Klage über den Verlust taciteischer Werke: Hier bezieht er sich wohl darauf, dass wichtige Äusserungen dieses Autors über die Germanen erst vor relativ kurzer Zeit wiederentdeckt worden waren. Zwar war die einzige Handschrift der ethnographischen Schrift Germania bereits 1425 im Kloster Hersfeld wiederentdeckt und 1472 erstmals in Venedig bei Wendelin Spira gedruckt worden. Die ersten sechs Bücher der Annales jedoch, in denen Tacitus u. a. auch die Augusteischen Germanenkriege behandelt (inklusive des berühmten Sieges der Germanen über die Römer in der Varusschlacht im zweiten Buch) waren erst 1508 im Kloster Corvey bei Höxter wiederentdeckt worden. Dieser Text (Ms. Plut. LXVIII.1, http://dx.doi.org/10.48643/b4tm-175) gelangte, wie schon zuvor das Manuskript der Germania, durch Diebstahl nach Italien und wurde erstmals 1515 in Rom bei Étienne Guillery gedruckt (Herausgeber war Philipp Beroaldus der Jüngere), also ein Jahr nach unserem Gedicht. Vadian dürfte hier unter dem Eindruck dieser Neuentdeckung stehen und beklagen, dass dieser Text so lange unbekannt war, bzw. indirekt darüber klagen, dass vermutlich viele weitere Äusserungen des Tacitus über die Germanen dauerhaft verloren sind (aufgrund des fragmentarischen Erhaltungszustands des taciteischen Werkes ist diese Klage berechtigt). Zu Diebstahl und Erstdruck der Corveyer Handschrift zu Annales 1-6 s. S. Schmal, Tacitus, Hildesheim/Zürich/New York, Georg Olms, 2005, 172 Allgemein zu Überlieferungs- und Erstdruckgeschichte der Annales (nicht mit allen oben referierten Details, die man als philologisches Allgemeinwissen betrachten darf) s. etwa W. Suerbaum, «Tacitus-Kenntnisse vor Erfindung des Buchdrucks. Der Literaturhistoriker Sicco Polenton aus Padua würdigt Tacitus um 1430», Rheinisches Museum für Philologie 157 (2014), 75-103, hier: 76-77. Interessant auch der Onlinevortrag Tacitus in Corvey von H.-W. Stork, https://archiv.ub.uni-marburg.de/es/2021/0014/.

Zwei altrömische plebejische Familien. In der gens Curia tat sich besonders Manius Curius Dentatus hervor, in der gens Fabricia Gaius Fabricius Luscinius, beide jeweils nicht zuletzt im Krieg gegen König Pyrrhus (280-275 v. Chr.).

Die Klage darüber, dass die germanischen Vorfahren Grossartiges geleistet hatten, es aber (anders als bei den Griechen und Römern) niemand aufgeschrieben hatte, war ein geläufiger Topos bei den deutschen Humanisten. S. dazu etwa mit einigen Beispielen H. Tiedemann, Tacitus und das Nationalbewußtsein der deutschen Humanisten Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, Diss. Berlin, E. Ebering, 1913, 8-12.

Im Hintergrund steht hier der Krieg der Heiligen Liga gegen Frankreich und seine italienischen Ambitionen (1511-1513); die Eidgenossen waren der Liga 1512 beigetreten (die anderen Mitglieder waren Papst, Kaiser, Venedig und Spanien). Die Franzosen, die sich in den Jahren zuvor im Herzogtum Mailand festgesetzt hatten, mussten 1512 unter dem Ansturm der Liga (dem «Pavierzug») die Lombardei räumen. Im Folgejahr versuchten die Franzosen eine Rückkehr, wurden aber in der Schlacht bei Novara (6. Juni 1513) durch ein eidgenössisches Heer vernichtend geschlagen. Auf diesen Schweizer Sieg, der zu einem Symbol eidgenössischer Stärke wurde, dürfte Vadian hier anspielen. Zu den historischen Hintergründen und den skizzierten militärischen Vorgängen (Schlacht von Novara etc.) siehe H. R. Kurz, Schweizerschlachten, Bern, Francke, ²1977, 198-215. S. zu Novara auch J.-L. Fournel/J.-C. Zancarini, Les guerres dʼItalie. Des batailles pour lʼEurope (1494-1559), Paris, Gallimard, 2003, 60-61.

Der Adler ist das Symbol des Reiches, der Markuslöwe das der Republik Venedig. Das Adjektiv spumigenus ist in der antiken lateinischen Literatur als Neologismus nur bei Martianus Capella (9,915) überliefert als Epitheton für Venus (daher auch dort in einer weiblichen Form). In unserem Kontext würde sich die Frage stellen, wie man eine adjektivische Form spumigenam mit der maskulinen Substantivform leonem in Verbindung setzen sollte. Es empfiehlt sich daher, spumigenam im lateinischen Text als Akkusativform eines maskulinen Substantivs spumigena (der Schaumgeborene) zu betrachten; analog wäre etwa an das bei Ovid belegte martigena (Marssohn) zu denken. Für die deutsche Version empfahl sich auch in diesem Fall eine adjektivische Übersetzung.

1508 hatten der Papst, der Kaiser, der französische König und weitere Fürsten sich in der Liga von Cambrai zusammengeschlossen, um Venedig vom italienischen Festland zu vertreiben (Krieg der Liga von Cambrai, 1508-1510). Im Krieg der Heiligen Liga (vgl. Anm. 15) kämpfte dann aber Venedig zunächst zusammen mit dem Papst, dem Kaiser und anderen gegen Frankreich. Im Februar 1513 wurde es allerdings wegen Besitzstreitigkeiten mit dem Kaiser aus der Heiligen Liga ausgeschlossen und verbündete sich danach mit Frankreich; insofern war es zum Zeitpunkt dieses Gedichts wieder ein Feind. Deshalb liess Maximilian im Herbst 1513 das venezianische Festland verwüsten und errang am 7. Oktober 1513 bei Vicenza einen Sieg über die Venezianer. Zu den letztgenannten Vorgängen s. etwa R. Finlay, «Fabius Maximus in Venice: Doge Andrea Gritti, the War of Cambrai and the Rise of Habsburg Hegemony, 1509-1539», Renaissance Quarterly 53 (2004), 988-1031, hier: 1000-1003. Zu den Kriegen Maximilians gegen Venedig s. allgemein auch Stiftung Bozner Schlösser (Hg.), Der Venezianerkrieg Kaiser Maximilians I. – Lʼimperatore Massimiliano I e la guerra contro Venezia, Bozen, Athesia, 2019.