Epitaph für Leo Jud

Jodocus Molitor

Einführung: David Amherdt (deutsche Übersetzung: Clemens Schlip). Version: 10.02.2023.


Entstehungszeitraum: terminus post quem ist das Jahr 1542, das Sterbejahr des Leo Jud; terminus ante quem ist der 6. Dezember 1551, an dem Molitor selbst verstarb; es iost allerdings am wahrscheinlichsten, dass das Gedicht bereits kurz nach Juds Tod verfasst wurde, also noch im Jahr 1542.

Handschrift (Autograph): Zürich, Zentralbibliothek, ms D 197d, fol. 10ro.

Metrum: elegische Distichen.

 

Dieses Epitaph wurde anlässlich des Todes des Leo Jud am 19. Juni 1542 verfasst. Es findet sich mit anderen Gedichten in einem Autograph des Jodocus Molitor; diese Handschrift vereint in sich den grössten Teil dessen, was uns von diesem Zuger übriggeblieben ist, der zum protestantischen Pastor wurde und seit ungefähr 1533 in Zürich lebte, wo er 1551 verstarb. Er kannte daher sicher den aus dem Elsass stammenden zürcherischen reformierten Theologen Leo Jud gut. Der 1482 in Gemar (französisch Guémar) geborene Jud studierte in Basel und Freiburg i. Br. und wurde zum Priester geweiht. Er stand Zwingli nahe und schloss sich der Reformation an. 1523 wurde er zum Pfarrer von St. Peter in Zürich ernannt. Er verfasste diverse religiöse Schriften (unter anderem einen Kommentar zu den Abendmahlkonzepten des Erasmus und Luthers sowie Katechismen). Nach Zwinglis Tod veröffentlichte er dessen Kommentare zum Alten Testament. Als Mitarbeiter Heinrich Bullingers spielte er eine wichtige Rolle bei der inneren Festigung der Zürcher Reformation nach dem Zweiten Kappelerkrieg. Er überarbeitete die zürcherische deutsche Bibel (1540) und fertigte eine neue lateinische Übersetzung des Alten Testaments an, die erst nach seinem Tod erschien.

Wie aus unserem Text hervorgeht, muss Leo Jud sein Leben lang unter zahlreichen gesundheitlichen Problemen gelitten haben, und seine finanzielle Situation war zum Zeitpunkt seines Todes prekär; der zürcherische Rat der Zweihundert gestand daher seiner Witwe eine Rente zu und genehmigte ein Stipendium für die Erziehung seiner beiden Söhne, Johannes und Theodorich. Leo Jud hinterliess ausserdem noch zwei junge Töchter, Elisabeth und Susanne. Die schwierige Situation der Familie ist im Übrigen ein Hauptthema, wenn nicht sogar das das Hauptthema dieses Funeralgedichts.

 

Bibliographie

Jud, J., Historische Beschreibung von dem Leben und Tod, Hauß und Geschlecht, Kinder und Kinds-Kinderen des […] Leonis Iudae […] zu Zürich, 1574, in: Miscellanea Tigurina, Bd. 3.1, Zürich, Gessner, 1724, 1-82.

Pestalozzi, C., Leo Judä nach handschriftlichen und gleichzeitigen Quellen, Elberfeld, R. L. Friderichs, 1860.

Pfister, R. «Jud, Leo», Neue Deutsche Biographie 10 (1974), 638, Onlineversion, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118558528.html#ndbcontent.

Raupp, W., «Leo Jud», Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 14 (1998), col. 1118-1122.

Wyss, G. von, «Jud, Leo», Allgemeine Deutsche Biographie 14 (1881), 651-654, Onlineversion, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118558528.html#adbcontent.

Zymner, R., «Jud, Leo», Historisches Lexikon der Schweiz, Onlineversion vom 17.10.2013, https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012013/2013-10-17/.