Commentarii vitae - Lebenserinnerungen

Juvalta, Fortunat von

Einführung: David Amherdt (deutsche Übersetzung: Clemens Schlip). Version: 12.11.2024.


Entstehungszeitraum: 1641 (s. Text 4)

Ausgaben: Fortunat von Juvalta, Commentarii vitae et selecta poemata, hg. von L. Hold, Chur, Otto, 1823.

Deutsche Übersetzungen: Fortunat von Juvalta, Denkwürdigkeiten des Fortunat von Juvalta, 1567-1649, hg. von C. von Mohr, Chur, Hitz, 1848; Fortunat von Juvalta, Herrn Fortunats von Juvalta […] hinterlassene Beschreibung der Geschichte Gemeiner drey Bünde vom Jahre 1592 bis 1649, hg. von H. L. Lehmann, Ulm, Wagner, 1781.

 

Fortunat von Juvalta wurde am 18. August 1567 in Zuoz (Oberengadin) als Sohn einer bischöflichen Ministerialfamilie geboren. Er besuchte zwei Jahre lang die Lateinschule in Augsburg und verbrachte anschliessend zwei Jahre am Hof seines Onkels mütterlicherseits, des Bischofs von Chur (siehe Text 1). Obwohl er selbst Protestant war, ging er anschliessend zum Studium an die Jesuitenuniversität in Dillingen (1586-1588), wo er ebenfalls zwei Jahre verbrachte (siehe Text 2). Als er mit 21 Jahren nach Graubünden zurückkehrte, studierte er autodidaktisch Jura und machte Karriere im Dienst des Gotteshausbundes; ausserdem vertrat er zahlreiche Fälle vor dem Bundstag der Drei Bünde (siehe Texte 3 und 4). Nach verschiedenen untergeordneten Ämtern war er Landammann des Oberengadins (1597-1599 und 1620-1621) und Vogt von Fürstenau (1612-1614 und 1621-1641). Darüber hinaus übernahm er mehrere diplomatische Missionen im Ausland, darunter 1639 als Delegierter für das Mailänder Kapitulat, das das Ende der Unruhen in Graubünden markierte. Im Jahr 1641 zog er sich aus dem öffentlichen Dienst zurück, da er von seinem bewegten Leben erschöpft war (siehe Text 4). Im Jahr 1649, im Alter von 82 Jahren, verfasste er seine Commentarii vitae («Lebenserinnerungen»). Er starb am 19. März 1654 in seinem Heimatdorf Zuoz. Er war zweimal verheiratet (1590 und, nach dem Tod seiner ersten Frau, 1610) und hinterliess drei Söhne: Mathias, Wolfgang und Fortunat.

In seinen Commentarii vitae berichtet Fortunat von Juvalta in elegantem Latein (wie es für einen ehemaligen Dillinger Studenten angemessen ist!), nüchtern, unprätentiös und mit grosser Objektivität von seinen wichtigsten Lebensstationen, aber auch, und vielleicht vor allem, von den grossen Zeitereignissen, die er als Zeitzeuge miterlebt hatte. Insbesondere die Commentarii bieten eine hervorragende Zusammenfassung der sogenannten «Bündner Wirren». Juvalta beschreibt die Schwäche des demokratischen politischen Systems der Drei Bünde, die seiner Meinung nach in Despotismus versunken sind, und kritisiert insbesondere die Korruption im Justizsystems und die Amtserschleichung (siehe Text 3) sowie die Ausbeutung der Untertanenlande. Er berichtet auch von seiner Beteiligung an Versuchen zur Reformierung eines Systems, zu dessen Opfern er auch selbst gehörte: 1618 wurde er vom Strafgericht in Thusis schwer und ungerecht bestraft, weil er sich auf die Seite der Spanier, die Mailand beherrschten, gegen die Venezianer gestellt hatte. Darüber hinaus beschreibt Juvalta konfessionelle Streitigkeiten, ohne jedoch Partei zu ergreifen. Erst im 19. Jahrhundert veröffentlichte C. von Mohr den lateinischen Text der Commentarii (1823).

Fortunat von Juvalta ist auch Verfasser von Gedichten, von denen Lucius Hold eine Auswahl von 106 Stücken im Anschluss an seine Ausgabe der Commentarii edierte. Es handelt sich um eher kurze Gedichte, längere Stücke sind die Ausnahme (die kürzesten sind zwei Verse lang, das längste 76 Verse). Das Metrum ist in der überwiegenden Mehrheit das elegische Distichon; es gibt jedoch etwa fünfzehn Gedichte in daktylischen Hexametern, ein Gedicht in phaläkischen Hendekasyllaben und drei Gedichte in Rätoromanisch. Die meisten Gedichte haben eine religiöse (Gebete; Christus, das Licht der Welt) oder moralische Thematik (man muss seine Zunge im Zaum halten; Lob der Geduld), aber es gibt auch Epitaphe (Tod seiner Frau) und Gelegenheitsgedichte zu verschiedenen Anlässen (z. B. wichtige politische oder militärische Ereignisse) und Gedichte über bestimme Lokalitäten (Chur, Albula-Pass). Mehrere seiner Gedichte haben einen persönlichen und biographischen Tonfall (Klagen nach den Anschuldigungen, die ihm in Thusis gemacht wurden; vorübergehender Verlust seines Augenlichts, über den Tod eines nahen Verwandten; Geburt und Tod seines Sohnes, ein Gedicht zu dessen Geburtstag etc.).

 

Bibliographie

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