An Daniel aus Rottweil im Schwarzwald, einen jungen Mann aus hohem Adel
Traduction (Allemand)
Traduction: Clemens Schlip (französischer Originaltext der Anmerkungen von David Amherdt)
Ehre des Adels, Sprössling eines verehrungswürdigen Geschlechts, | |
Einzige Hoffnung meines Lebens, mein lieber Daniel, | |
Komme hierher und umfasse die Wirbel meines klagenden Plektrums, | |
Verlange, ich möchte es, nach den harmonischen Saiten meiner schmeichelnden Lyra. | |
Spitze Deine Ohren, ich bin kein untauglicher Lehrer für Dich: | 5 |
Siehe ich möchte Dir einige nützliche Grundsätze ans Herz legen. | |
Deine Gestalt gefällt, und Deine ungeheure Tüchtigkeit und Dein Leben, das Du Deinen beiden | |
Tüchtigen Eltern verdankst, und Deine Scham, die mit Deiner Tüchtigkeit streitet. | |
Auf, vertue Deine Jugend nicht unnütz mit Lastern, | |
Lass nicht zu, dass Dein Adel zugrundegeht. | 10 |
Ich werde der Reihe nach aufzählen, was ich mit wenigen Worten | |
Behandeln wollte; das musst Du in Deinem Geist wiederholen. | |
Verlange mit einem aufrichtigen Herzen nach dem Heilbringer Christus; | |
Ich möchte, dass Du Dich um die himmlische Jungfrau bekümmerst. | |
Was Du auch hast, hat jener Dir gegeben, Körper und Geist, | 15 |
Wenn Du darüber hinaus etwas besitzt, hat jener es Dir überlassen. | |
Sie treibt mit einem leichten Gebet die Ströme des Phlegeton auseinander | |
Und hält die furchterregenden Geschosse ihres Sohnes zurück. | |
Verehre ferner eifrig die heilige Kraft der Tugend: | |
Ohne sie wirst Du überhaupt keinen Adel haben. | 20 |
Beim Herkules, Adel ist nichts als strahlende Tugend: | |
Wenn Du etwas anderes glaubst, dann ist klar, dass Du Dich täuschst. | |
Du sollst wissen, dass nach dem Tod nur die Tugend ewig währt, | |
Sie adelt Dich und verleiht Dir ewige Dauer. | |
Betrachte mit gebeugtem Knie den römischen Cocles; | 25 |
Die Jungfrau Cloelia, die den Tiber durchschwamm, ist Dir bekannt, | |
Auch die Decier und Fabier, und Camillus mit seiner herrlichen Tugend, | |
Und Cato, der mit dem grossen Cicero verweilte. | |
Dein Erzeuger diene Dir als Beispiel und die schamhaften Küsse | |
Deiner Mutter, der Verehrungswürdigen, die Dich in ihrem Schoss getragen hat. | 30 |
Ach, wie schändlich ist es, tüchtige Eltern mit Lastern zu entehren, | |
Die Strasse zu wechseln und der Tugend den Rücken zuzudrehen! | |
Dies so weit; hierauf dies eine, wähle geprüfte Gefährten und Begleiter aus, | |
Welche die guten Sitten erlernt haben. | |
Fliehe vor den Fressern und den Bäuchen mit angeschwollenem Unterleib, | 35 |
Und halte die Trinker immer für ein unheilvolles Gift. | |
Folge als junger Mann nicht dem Betrug der Frauen; | |
Glaube, dass es besser ist zu sterben als eine Frau zu geniessen. | |
Der Alkide, der Bezwinger der Ungeheuer, der Verbrenner der Hydra, | |
Dient untätig Iole und spinnt gepflegte Wollarbeiten | 40 |
Ihn, den kein Rind, kein Löwe, kein Erymanthischer Bär übel zurichteten, | |
Den richten die reizenden Eigenschaften einer weiblichen Wange übel zu. | |
Sei wahrhaftig, konsequent und nüchtern Dein ganzes Leben lang, | |
Und nichts ist schöner als mit einem schüchternen Mund zu sprechen. | |
Jungfräulichkeit möge Dir gefallen; es gibt auf der Welt nichts Besseres als sie, | 45 |
Und es gibt nichts Besseres als deine Sittsamkeit, mein lieber Daniel. | |
Das Übrige weisst Du, was meine klirrende Muse nicht aufzählt, | |
Denn ich werde Dir noch bessere Ratschläge geben, solange Du Dich an meine Weisungen hältst. | |
Ehre des Adels und Sprössling eines alten Geschlechts, | |
Unsere süsse Zierde, mein Daniel, lebe wohl. | 50 |