Die Keuschheit des Konrad Pellikan
Traduction (Allemand)
Traduction: Clemens Schlip (französischer Originaltext der Anmerkungen von Kevin Bovier)
Damit keiner ihn derart verleumdet, er habe aus unbeherrschter Begierde oder Liebe heraus die Religion angenommen, die vor dem Umgang mit Frauen nicht sehr zurückschreckt, werde ich an dieser Stelle sagen, was ich mit der Hilfe hinreichend geeigneter Zeugen erfahren und herausgefunden habe. Unser Pellikan hatte schon vierzig Lebensjahre hinter sich gebracht – ein Alter, das nach seinen Zahlen für vollkommen, vollständig und solide gehalten wird –, als durch den einmütigen Konsens seiner Mönche, die damals in Mainz zahlreich zusammengekommen waren, ihm eine Aufgabe zugewiesen wurde, eine wahrlich angenehme und keineswegs zu verachtende, wenn sein Geist mehr den Vergnügungen als der Frömmigkeit zugeneigt gewesen wäre. Diese Aufgabe bestand in der Visitation der Schwestern (man nennt sie allgemein Monialen und Nonnen), die sich in beiden Schwaben der Religion geweiht haben – ich spreche vom unteren und oberen Schwaben –, und weithin verstreut ungefähr sechzig Häuser zahlreich bewohnten. Diese Stellung wurde ihm wider Erwarten und wider Willen zuteil, obwohl mehrere andere sich eifrig darum bewarben, denen jedenfalls die Schamhaftigkeit dieser Mädchen nicht unbekannt war. Er aber sträubte sich so sehr dagegen, dass er durch keine Bitte der Seinen und durch keine Argumente zu diesem Amt gezwungen werden konnte. Es ist also unwahrscheinlich, dass er, der mit noch intakten Kräften freiwillig den Krieg gegen die Begierden aufnahm, freiwillig in ihr Lager übergehen wollte, als sein Leben sich schon neigte. Dass er aber später mit einer rechtmässigen Bettgenossin – ich spreche von Anna Fries, einer sehr ehrenwerten und auserlesenen Frau, der leiblichen Schwester des Johannes Fries, eines sehr vortrefflichen und gelehrten Mannes – den Rest seines Lebens keusch und ruhig verbrachte, das wurde durch Eure Ratschläge bewirkt, Väter, die ihr leicht voraussaht, dass er, wenn er einmal Kinder gezeugt hätte, Menschen hätte, auf deren Schultern er die Last seines Greisenalters teilweise abladen könnte. Diese Voraussicht hat Euch keineswegs getrogen. Denn er hat einen Sohn gezeugt – ich spreche von Samuel –, in dessen Ergebenheit und Pflichteifer er – schon ein Greis – Ruhe gefunden hat, und durch den er auch Grossvater geworden ist und noch zu seinen Lebzeiten Enkel und Enkelinnen gezählt hat.