Über die Milchspeisen bzw. Milchprodukte, mit denen wir uns im Gebirge erfrischt haben

Traduction (Allemand)

Traduction: Clemens Schlip (französischer Originaltext der Anmerkungen von Kevin Bovier)

Ich habe einst schon ein Büchlein über Milch und Milchprodukte veröffentlicht, deshalb werde ich mich nun kürzer fassen.

Die Milch ist sehr gut, fett und süss.

Rahm; mit heissem Rahm durchtränken sie Brotbisse oder Brotstücken, ein Nydelbrot.

Frische und sehr süsse Butter. Käse. Einfach noch einmal Erhitztes aus noch einmal erhitzter Milch, aus der man Butter und Käse schon entfernt hat [=Molke], Ziger [auch Zieger, Molkenkäse oder Frischkäse].

Fetter Quark, gewürzt mit Pulver aus Blättern der Meisterwurz; es gibt Leute, die auch duftenden Hornklee und Gebirgsmöhren hinzufügen; ein solches Produkt bezeichnet man anderswo als Muejerziger, wenn ich mich nicht täusche, nach dem Ort, wo es am besten ist.

Die Molke des Käses, das heisst das, was nach Entfernung des Käses übrig bleibt, Suffy.

Die Molke der Butter, die übrig bleibt, wenn man die Butter entfernt hat, Unkenmilch. Dies im Gebirge. In der Stadt aber haben wir verschiedene und sehr ansehnliche Käse gefunden, von denen ich den Engelberger besonders für gut befinden möchte, von dem man die Butter nicht abgesondert zu haben scheint, ein sehr fetter, süsser, weicher und (wenn ich mich nicht täusche) aus Sauermilch hergestellter Käse, den die Ärzte für gut befinden. Er wird bei Unterwalden um das Kloster Engelberg herum hergestellt und besitzt nur eine geringe Verbreitung, denn man verkauft zwei Stück für ungefähr eine Drachme; er schmeckt nur, wenn er frisch ist.

1
Libellus de lacte et operibus lactariis, Zürich, Froschauer, 1541. Es existiert eine kritische Edition mit deutscher Übersetzung: Büchlein von der Milch und den Milchprodukten, übs. von S. Kratzsch, Mönchengladbach, Schlösser, 1996.
2
Nidel- oder Nidlebrot: Suppe mit Rahm und Brot, vgl. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 5, 1896, Sp. 973 (diese Passage von Gessner wird dort zitiert).
3
Zur Butter s. Libellus de lacte, fol. 21vo-22ro, 23ro-24ro (v. a. aus Galen, Dioskorides und Plinius dem Älteren kompilierte Informationen).
4
Der lateinische Terminus recocta hat dem italienischen ricotta seinen Namen gegeben.
5
J. J. Scheuchzer, Ouresiphoites Helveticus, sive itinera per Helvetiae alpinas regiones, Leiden, P. van der Aa, 1723, 60-61: Recota simplex, der Ziger, ex lacte recocto, butyro et caseo iam separatis… Man findet bei Scheuchzer noch mehrere andere Informationen, die auch in unserem Text auftauchen.
6
Ein Jahrhundert später erwähnt der Luzerner Kartograph Johann Leopold Cysat die Herstellung von Meyerziger in Beckenried (Nidwalden) am Ufer des Vierwaldstätter Sees (Beschreibung dess berühmbten Lucerner- oder 4. Waldstaetten Sees und dessen fürtrefflichen Qualiteten und sonderbaaren Eygenschafften darinnen gemeldet wirdt, Lucerne, D. Hautten, 1661, 243). Es gibt verschiedene Schreibweisen dieses Worts (Möier-, Müier-, Meierziger) im Schweizerischen Idiotikon, Bd. 17, 2017, Sp. 428 (wo diese Stelle aus Gessner zitiert wird).
7
Um die Molke (serum) und ihre Verwendungsarten geht es im Libellus de lacte, fol. 20ro-21vo.
8
S. Suffi in: Schweizerisches Idiotikon, Bd. 7, 1909, Sp. 355-358 (die Passage aus Gessner steht in Sp. 356).
9
Oder Ankenmilch; vgl. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 4, 1896, Sp. 201 (diese Passage aus Gessner wird dort zitiert).
10
Gessner behandelt die Sauermilch (oxygala) in seinem Libellus de lacte, fol. 14ro-15vo.
11
Vgl. Libellus de lacte, fol. 23ro (er stützt sich dabei auf Galen): «Der aus Sauermilch hergestellte Käse heilt sogar Wunden und vermag sie verschwinden zu lassen.» (Caseus vero oxygalactinus ampla etiam vulnera glutinat et discutiendi vim habet).