Lateinisch-deutsches Wörterbuch

Petrus Dasypodius

Einführung: Clemens Schlip (traduction française: David Amherdt/Kevin Bovier). Version: 10.02.2023.


Entstehungszeitraum: die erste Auflage des lateinisch-deutschen Wörterbuchs entstand vor 1535; die hier präsentierte verbesserte und um einen deutsch-lateinischen Teil ergänzte zweite Auflage des Dictionarium wurde zwischen 1535 und ihrem Erscheinen 1536 durchgesehen und korrigiert.

Ausgaben: Dictionarium Latinogermanicum, voces propemodum universas in autoribus Latinae linguae probatis, ac vulgo receptis occurrentes Germanice explicans, magno labore pridem concinnatum, nunc autem revisum, castigatum et auctum non medriocriter, Petro Dasypodio autore, Strassburg, Rihel, 1536, hier: fol. iivo, iiiro-ivro; Nachdruck dieser Ausgabe mit einer Einführung von G. de Smet: Petrus Dasypodius, Dictionarium Latinogermanicum, Hildesheim/Zürich/New York, Olms, 1995.

 

Petrus Dasypodius – sein ursprünglicher deutscher Name ist unbekannt – wurde um 1490 in oder in der Nähe von Frauenfeld (Kanton Thurgau) geboren. Er wurde 1520 Kaplan in seiner Heimatstadt, 1530 dortselbst reformierter Prediger und Schulmeister. Zwischen 1527 und 1529 unterrichtete er auf Zwinglis Veranlassung an der Fraumünsterschule in Zürich die klassischen Sprachen. Die Niederlage von Kappel zwang ihn 1531 ins Exil. 1533 übertrug ihm Martin Bucer die Direktion der Lateinschule im ehemaligen Karmeliterkloster von Strassburg. Ab 1538 unterrichtete Dasypodius die höheren Klassen eines renommierten Strassburger Gymnasiums (Schola Argentoratensis) in Latein und Griechisch. 1540 wurde er Kanonikus des Strassburger St. Thomasstifts, 1551 dessen Dekan. Er verstarb am 28. Februar 1559 in der elsässischen Metropole. Seine wichtigste Leistung und schönste Frucht seiner pädagogischen Tätigkeit ist ein Dictionarium, ein alphabetisch und etymologisch angelegtes Schulwörterbuch für den Lateinunterricht. Es war das erfolgreichste Schulwörterbuch der Epoche (bis 1600 sind 29 Drucke belegt, und weitere sechs im 17. Jahrhundert). Einige der deutschen Neologismen, die Dasypodius für sein Wörterbuch schuf, sind heute selbstverständlicher Teil des deutschen Vokabulars. Im katholischen Schulwesen fand ab 1634 eine von Kölner Jesuiten überarbeitete Version, der sogenannte Dasypodius Catholicus, Verwendung. Das Werk des Dasypodius hatte einen grossen Einfluss auf die Entwicklung der niederländischen Wörterbücher.

Die erste Auflage des Wörterbuchs erschien 1535 in Strassburg, wurde aber auf Drängen der Druckerei übereilt veröffentlicht. So erschien bereits 1536 eine von Dasypodius gründlich überarbeitete Auflage, die eine grundlegend neue Struktur und Gliederung aufwies. Dieses Lexikon weist nun zum einen zwei umfängliche alphabetische Abteilungen auf (lateinisch-deutsch und neu auch deutsch-lateinisch), womit Dasypodius einer Empfehlung des spanischen Humanisten Juan Luis Vives (1492-1540) folgte, der seinerseits bereits auf das Beispiel des Antonio de Nebrija (1441/44-1522) hingewiesen hatte, den Ersteller des ersten spanisch-lateinischen Wörterbuchs. Im Dictionarium des Dasypodius werden in seinen alphabetisch geordneten Partien «alle Ableitungen und Zusammensetzungen [...] beim Grundwort aufgeführt, auf das immer wieder in der alphabetischen Anordnung verwiesen wird.» Es folgt zudem auf jeden der beiden alphabetischen Teile jeweils ein wesentlicher kürzerer, nach Sachgruppen geordneter Teil (gleichfalls lateinisch-deutsch bzw. deutsch-lateinisch). Dessen einzelne Abteilungen sind jeweils in sich wiederum alphabetisch geordnet und bieten einen guten Überblick über das für ein bestimmtes Themengebiet relevante Spezialvokabular. Die in den einzelnen Abschnitten berücksichtigen Sachgebiete sind vielfältig: geographische Bezeichnungen (z. B. Städte- und Landschaftsnamen) sind ebenso berücksichtigt wie Flüsse, Bäume, Pflanzen, Vögel, Kriegswaffen, Masseinheiten, Speisen oder Krankheitsbezeichnungen (und noch wesentlich mehr Sachgebiete als wir hier aufzählen können). In späteren Auflagen wurden diese Sachteile in die alphabetischen Abteilungen eingearbeitet.

Aus dieser Edition übernehmen wir die unten wiedergebenen Texte sowie die Abbildungen von Beispielseiten.

 

Bibliographie

Claes, F., Bibliographisches Verzeichnis der deutschen Vokabulare und Wörterbücher, gedruckt bis 1600, Hildesheim/New York, Olms, 1977.

Hartmann, A., «Dasypodius, Petrus», Neue Deutsche Biographie 3 (1957), 520, Onlineversion; https://www.deutsche-biographie.de/pnd118523856.html#ndbcontent.

Hartweg, F., «Petrus Dasypodius. Un lexicographe suisse fait école à Strasbourg», Études germaniques 50 (1995), 397-412.

Müller, P. O., «Dasypodius, Petrus», Frühe Neuzeit in Deutschland 1520-1620. Verfasserlexikon 2 (2012), 113-119. [= Müller (2012a)]

Müller, P. O., «Dasypodius Catholicus. Lexikographie und konfessionelle Ideologie im 17. Jahrhundert», Jahrbuch für Germanistische Sprachgeschichte 9 (2012), 235-258. [= Müller (2012b)]

Smet, G. de, «Einführung», in: Petrus Dasypodius, Dictionarium Latinogermanicum, Hildesheim/Zürich/New York, Olms, 1995 [2. Nachdruck der Ausgabe Strassburg 1536], 5-14.

West, J., Lexical Innovation in Dasypodius’ Dictionary, Berlin/New York, De Gruyter, 1989.

Wetekamp, S., Petrus Dasypodius, Dictionarium latinogermanicum et vice versa (1535): Untersuchungen zum Wortschatz, Göppingen, Kümmerle, 1980.