Traktat über Bad Pfäfers
Traduction (Allemand)
Kapitel 3, p. 24-36
Drittes Kapitel. Länge, Breite, Höhe und Tiefe der Höhle
Von Pfäfers aus geht der Abstieg zum Bad am allermeisten in die Tiefe; er umfasst nämlich sehr viele Ellen bzw. Siebenfüsse. Als Siebenfuss bzw. Elle bezeichne ich ein Längenmass, das der Spanne zwischen den beiden ausgestreckten Armen eines hochgewachsenen Mannes entspricht bzw. sieben Fuss (Längenmass der Handwerker), zu Deutsch ein Klafter, oder ein Mass, das so lang ist wie eine Rute, die ein hochgewachsener Mann mit den Fingerspitzen seiner ausgestreckten Rechten, im Stehen und auf seinen rechten Fuss sich abstützend, nach oben greifend noch erreichen kann. Von der öffentlichen Strasse und dem Beginn des Abstiegs bei Pfäfers bis zur sogenannten Ruhbanck sind es 223 Siebenfuss; von dort bis zur Hängebrücke, wo die Valenser und die Pfäferser Strasse zu dem Bad sich vereinen, 91; danach bis zur Kapelle 52; schliesslich bis zur Thermenquelle 26. Und so braucht der Abstieg von Pfäfers aus im Ganzen 400 Siebenfuss. Bei der Quelle beträgt der Abstand zwischen den Felsen ungefähr 50 Fuss. Das Herrnbad ist 18 Fuss lang und 14 Fuss breit und befindet sich zwei Siebenfuss über dem grösseren Bad. Das untere bzw. grössere Bad ist vier Siebenfuss und zwei Fuss lang, und zwei Ellen und zwei Fuss breit. Beide Badebecken haben Platz für 300 Leute gleichzeitig. Vom unteren Bad bis zum Wassersturz sind es drei Siebenfuss und drei Fuss. Die Hospize sind voneinander siebeneinhalb Siebenfuss entfernt. In der Mitte zwischen diesen Häusern, etwas Richtung Osten hin, liegt das Badehaus, das vom oberen Hospiz vier Ellen entfernt ist. Vom oberen Haus und seinem untersten Balken aus sind es fünfeinhalb Siebenfuss bis zum Wassersturz. Vom unteren, nach Norden hin gelegenen Haus sind es bis zum Wassersturz fünf Ellen. Von dem Bad bis nach Valens sind es insgesamt 492 Siebenfuss. Von Ragaz aus sind die Thermen fast anderthalb Stunden entfernt. Von dem Haus des Tretrads, welches das für die Errichtung von Häusern notwendige Holz mithilfe eines Seils in die Höhle hinablässt, sind es 80 Siebenfuss; und vom höchsten Punkt der Brücke ist der Wassersturz 800 Ellen entfernt. Das Seil, mit dem Holz von dem Rad mit Stossantrieb auf die Brücke heruntergelassen wird, besteht aus 600 Pfund Hanf; man sagt, es sei über 800 Ellen lang.
Sowohl auf der Valenser als auch auf der Pfäferser Strasse steigen wir durch sehr tiefe Senkungen und sehr hoch ansteigende Passagen des Gebirges bis zum Höhlentor hinab, wo die beiden Wege sich treffen und mit ihrer Natur, mit Talent und einer steinernen Brücke den Fluss und schreckenerregende Schluchten überquert haben. Übrigens ist der Steinhaufen, zu dem wir gelangen, mithilfe der an beiden Seiten befestigten und herabhängenden Leitern, einst von einem höheren Punkt hinabgestürzt, hat sich hierher bewegt und hat dabei die Brücke zermalmt. Zur Zeit unserer Grossväter sei dort eine felsige Fläche gewesen, so dass der Platz ausreichte für das Zerspalten allen Holzes, dessen sich die Gäste als Brennholz bedienten. Die Einwohner verbreiten die Geschichte, ein Holzfäller habe seinen Hut, seine Schutzkleidung und seine Äxte dort zurückgelassen und sei zum Essen gegangen und daraufhin sei eine grosse Menge von Felsen von sich aus in den weit in der Tiefe liegenden Wasserfall hinabgestürzt, und seitdem gebe es die zweigeteilte Brücke.
Die Wegangaben gebe ich an, wie sie der hervorragende Geometer Guarinonius beschrieben hat. Ich werde ihnen nicht widersprechen, auch wenn ich bei manchen heimlich zweifle. Achte auf die Zuverlässigkeit der Quellenautoren. Wir haben fast alle Entfernungsangaben von dem allgemein üblichen bäuerlichen Massstab hergenommen, unter Berücksichtigung der Abschüssigkeit des Weges. Jener hat in direkter Linie gemessen.
Er sagt also: «Vom Beginn des Abstiegs an, der von der Pfäferser Strasse bis zur Ruhbanck führt, die Neben einem weitausladenden und sehr schlanken Feigenbaum steht, mass man 42 Siebenfuss. Von der Ruhbanck aus steigt man auf hölzernen Treppenstufen an die 36 Siebenfuss zu der Stelle hinab, wo gemäss einer allseitigen, sorgfältigen Untersuchung unzweifelhaft die Tamina nach der Erschaffung der Welt zuerst herausgeflossen ist, bevor sie im Verlauf der Zeit das Tal selbst und die Felsen immer mehr und tiefer bis zum heutigen Tag durchbohrt hat. Von dort (sechs Siebenfuss unter der Hängebrücke, wo der Fluss zuerst durch das Gebirge geströmt ist) bis zum untersten Endpunkt der von Pfäfers dorthin führenden Treppen und zum Anfangspunkt der Etappen der Brücke, die in die Schlucht führen, um den quer stehenden und sehr breiten Felsen herum sind es zehn Siebenfuss. Vom Anfang der Brücke bis zur Kapelle sind es zwölf Siebenfuss. Von der Kapelle sind es über alle Treppen bis zum unteren Nymphaeum sechs Siebenfuss. Vom Abfluss des unteren Bades in die Tiefe der Flusshöhle hinein sind es fast fünfeinhalb Siebenfuss. Im Ganzen also besteht der Abstieg vom höchsten Punkt in Pfäfers bis zur gegenwärtigen Flusshöhle 112 Siebenfuss. Dort aber, wo der Fluss seit Anbeginn der Welt seinen Ursprung nimmt und nach oben ins höher gelegene Tal fliesst, beträgt der Weg 34 Siebenfuss. Ein Siebenfuss entspricht sieben Fuss, wie die Handwerker sie benutzen. Ein Fuss aber entspricht zwei Handspannen.
Wenn man sich eine derartige Korrosion des Berges vor Augen hält und korrekte Beobachtungen zur Fliessgeschwindigkeit von der Entstehung der Erde durch 5592 Jahre hindurch anstellt, dann zeigt die Berechnung, dass von dem Beginn der Welt bis zur Sintflut im Jahr 1656 der Bergboden zwischen beiden Flussufern durch beständige Abnutzung zehn Siebenfuss, zwei Fuss und sieben Fingerbreit tief zernagt und ausgehöhlt worden ist, also vom Anfangspunkt an hinauf bis zu jener Felsmasse, die beim Anfang der Badbrücke liegt, wo die beiden Wege aus Valens und Pfäfers sich treffen.
Wir entscheiden uns für die Annahme, dass von der Sintflut bis zur Geburt Christi, in einem Zeitraum von 2306 Jahren, jene Schlucht ungefähr 13 Siebenfuss, vier Fuss, dorthinwärts, das heisst unterhalb des Kapellenfelsen, tief ausgenagt worden ist. Der Fluss erfüllte für den ungefähr zu dieser Zeit aus dem Himmel herabkommenden eingeborenen Sohn auf gewisse Weise im Voraus die Aufgabe von Steinmetzen und schien dort einen Ort für das Opfer vorzubereiten, damit man nach dem Verlauf einiger Jahrhunderte an diesem Ort, in dieser ganz wüsten Einöde, die Gottheit mit Opfern ehren und versöhnen könne.
Es lässt sich leicht verstehen, das zwischen der Geburt des Erlösers und der Sintflut im Verlauf so vieler Jahre, nämlich 2306, eine so grosse Bergaushöhlung entstanden ist. Aus den oberhalb gelegenen Höhlen stürzen Felsen, zusammengetragene Erde, Holz, Lawinen auch heute oft herab und werden vom stürmischen Ansturm des Sturzbaches weggetragen, so dass die Bewegung des Flusses durch das Herabstürzen so vieler Dinge den überaus harten Berg in Richtung Westen an die fünf oder sechs Siebenfuss, mehr oder weniger, gemäss seiner variierenden Weichheit oder Härte ausgehöhlt und durchbohrt hat. Manchmal wird der Sturzbach gegen seinen Willen in der Felsschlucht festgehalten, bis er mit plötzlicher Kraft durchbricht. Es ist deshalb notwendig, dass der Sturzbach so viele Jahre lang in den oberen Schluchtbereichen geblieben ist.
Daraus kann man schliessen, in welchem Jahr nach Christi Geburt der Anfang des Herrenbads sichtbar wurde. Da nämlich von der rettenden Ankunft Christi bis zum gegenwärtigen Jahr 1631 von der Kapellenschlucht bis zum untersten Punkt des Sturzbaches zehn Siebenfuss und sechs Fingerbreit, die im Laufe dieser Zeit entstanden sind, und von dieser Kapelle bis zum ersten Sprudel des Herrenbads fünfeinhalb Siebenfuss zu messen sind, ist dieser ganze Raum innerhalb von 917 Jahren durch das rapide Strömen des Sturzbaches bis zum Herrenbad durchnagt und zerschlagen worden. Und weil der Abstand zwischen jenem Herrenbad zum anderen, tiefer gelegenen und reichlicher gefüllten Bad, das man auch das warme Bad nennt, genau einen Siebenfuss beträgt und 204 Jahre in Anspruch nahm, ist klar, dass die grosse warme Quelle im Jahre 1127 nach der Fleischwerdung Gottes, das heisst 113 Jahre vor ihrer Entdeckung (von der man annimmt, sie habe im Jahre 1240 stattgefunden) entstand (wobei sie aber noch unbekannt blieb) und dass das Herrenbad 223 Jahre früher entstanden sind. Übrigens wurde auch die tiefere warme Quelle (der Gumpen), die heute neben dem Sturzbach entspringt, zusammen mit den übrigen kleinen warme Quellen später sichtbar, als die Felsen noch tiefer erodiert waren, und dazu werden im Verlauf von 200 Jahren, wenn der Sturzbach seine Kraft noch tiefer wirken lässt (denn in nur 200 Jahren wird er den Felsen durch sein Nagen noch einen Siebenfuss tiefer aushöhlen) vielleicht noch mehrere Quellen mit warmem Wasser sprudeln, die den Menschen Nutzen bringen.
Dass diese äusserst harte Berganlage von dem zeitlich ganz weit entfernten Beginn der Welt an durch den Durchfluss des ungeheuren, reissenden und gewalttätigen Sturzbaches von oben aus der Höhe her allmählich zu der gegenwärtigen Höhle ausgebohrt, aufgespalten und ausgehöhlt worden ist (mit staunenswerter nachfolgender Erstarrung), das bezeugen an beiden Seiten des Berges von oben bis unten verschiedene übriggebliebene Anzeichen der Aushöhlung und des Durchnagt-Werdens, die an vielen Stellen noch heute den Ansturm des Wassers deutlich belegen, so dass man nicht nur mit den Augen sehen, sondern auch mit den Händen betasten kann, was niemand, der nicht seines Verstandes verlustig gegangen ist, in Zweifel ziehen, geschweige denn leugnen kann.
Man kann daraus endlich schliessen, das man nicht nur Gottes und der Natur staunenswerte Wundertat bei der wahren und ursprünglichen Erschaffung der Welt aus dem Nichts mit innerlicher Anteilnahme und sehr grosser Bewunderung betrachten muss, sondern dass auch die gottlose und heute, ach!, sich weit ausbreitende schreckliche Sekte der Atheisten zerschmettert, widerlegt und zunichtegemacht wird, da sie ja zur Absicherung ihres wollüstigen Lebens ganz schamlos abstreiten, dass GOTT Himmel und Erde geschaffen hat (o der Du alles siehst, warum schliesst Du davor die Augen? Wieso schickst Du nicht sofort Feuer und Donner und Blitz, sondern verschiebst Deine Rache? Unerforschlich ist Dein Urteilsspruch und menschlicher Logik nicht zugänglich) und dagegen keineswegs davor zurückschrecken, die Ewigkeit der Welt zu behaupten und damit ihren Wahnsinn dem Erdkreis kundtun. So als ob die Ewigkeit nicht unendlich passender dem lebendigen Gott als der leblosen, schlammigen und tagtäglich mehr verfallenden Erdmasse zukäme. Wenn aber die Zeichen fehlten, die an jeder beliebigen Stelle an den Felsen vor Augen stehen und vom Anbeginn und Windelalter der Welt an durch die starke Strömung der Tamina dem Stein eingeprägt wurden, dann würde als Beweis hinreichend genügen jene aufgrund ihrer bewundernswürdigen Rundheit und ihres Fassungsvermögens sehenswerte Höhle beim Aquädukt des verlegten Bades, die man Höhle der Heiligen Maria Magdalena genannt hat und die man auch weiter so bezeichnen muss und die ich weiter unten beschreibe.» So viel hat unser Geometer zu unserem Thema beigetragen. Das ist gewiss, das im Verlaufe der Zeit die Thermalhöhle durch die Kraft des Flusses alljährlich tiefer ausgehöhlt worden ist.
Kapitel 10, p. 114-123
Zehntes Kapitel. Die wunderbaren Eigenschaften der Thermalquellen.
Die Natur des Wassers lässt es an Wundern nicht fehlen, wie durch unterschiedliche Quellen auf dem ganzen Erdkreis an verschiedenen Orten deutlich wird. Der Tobel von Pfäfers wird als so staunenswert und bewundernswürdig wahrgenommen, dass er für jeden Menschen unter der Sonne passend, geeignet und angenehm und für niemanden schädlich ist. Das Bad von Pfäfers hat laut Wilhelm Fabry auch diese einzigartige Eigenschaft, dass es von sexueller Begierde befreit, sobald man sich hineinsetzt. Felix Hemmerli, ein Chorherr aus Zürich, und Paul Wickart, ein Arzt aus Zug, pflichten ihm bei. Ich aber glaube, dass die Leute, die aus dieser Quelle trinken, sich viel wirksamer von amouröser Betätigung befreien können. Nach der Badekur kehrt die Natur aber bald mit Zins in ihren früheren Zustand zurück. Ich glaube, das geschieht nicht ohne die einzigartige Vorsehung GOTTES. Sehr oft nämlich werden die Menschen in anderen Bädern durch deren Wärme übermässig stark zu sexueller Begierde aufgegeilt, und die Wirkung des Bades wird durch diese Geilheit sehr behindert. Zudem löscht das Bad von Pfäfers, wie wir durch Erfahrung gelernt haben, auch dauerhaft den Durst, selbst wenn er sehr heftig ist, einfach dadurch, dass man sich hineinsetzt; so kommt es, dass im Bade von Pfäfers die Badegäste ausserhalb der festgesetzten Essenszeiten nicht zechen oder bechern, ausser wenn sie sich schon vor ihrem Besuch diese masslose Gewohnheit angelegt haben, oder aus innerer Schwäche heraus sich dazu nötigen lasen, wie es auch in anderen Bädern vorkommt. Plinius überliefert, in den warmen Quellen von Padua seien grüne Pflanzen gewachsen und in denen von Pisa Frösche entstanden. Der Volksmund glaubt, dass aus der warmen Quelle von Pfäfers manchmal schon lebende Enten entstanden sind. Wir selbst haben eigen Augen gesehen (wenn auch nur sehr selten), dass aus der Quellhöhle Frösche hervorgekommen sind. Einer vor drei Jahren verstorbenen Dame aus Zürich ist eine lebende Ente vor die Füsse gehüpft, wie mir sehr besonnene Männer berichtet haben, ohne die Absicht, einen Scherz zu machen.
Diejenigen, die die Pfäferser Quelle wahnsinnig macht, oder besser der an ihnen vorbeirauschende Sturzbach, glauben Musik zu hören, von Saiten, Rohrpfeifen, Leiern, Lauten oder Flöten und einen Zusammenklang von beiden, andere meinen (was seltener vorkommt) das Geräusch von Trompeten, Trommeln, Glocken und Mahlsteinen zu hören. Die Erstgenannten erleben einen Ohrenschmaus. Die anderen leiden eine denkwürdige Qual und träumen im Wachzustand, sie müssten sich auf den Sturzbach stürzen, mit dem Schwert gegen ihn kämpfen oder ihn in Fesseln legen. Beide Gruppen kommen aber, sobald sie sich nur ein kleines Stück von der Quellhöhle entfernt haben, wieder zur Vernunft, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen, und besuchen das Bad hierauf nicht ohne Nutzen. In unserer Zeit sind zwei eingeschlafen und in die vorüberfliessende Tamina gestürzt. Der eine war ein Mann, der aus dem Bad fiel, der andere ein Knabe, der von dem Felsen stürzte, an den die unterste Leiter anliegt, und er fiel sehr tief, aber dank Gottes Vorsehung hat keiner von den beiden sich auch nur ein Haar gekrümmt. Denn beide wurden von den Badedienern an Seilen unversehrt aus dem Wasser gezogen. Das grösste Wunder der Baumeisterin Natur ist es, dass die Pfäferser Quelle im Winter gleichsam ausruht und fast vollständig austrocknet, und bisher kann man kaum systematisch beschreiben, wann sie zunimmt oder abnimmt. So ungleich geht in unserer Zeit ihr Verschwinden und ihre Wiederkehr von sich. Unsere Vorfahren haben geschrieben, dass dieses Wasser im Herbst im Oktober austrocknet und im Mai wieder in grosser Menge hervorbricht. Die Anwohner sagen allerdings, dass man diese Aussage mit gesundem Unterscheidungsvermögen auffassen muss. Wenn der Winter nämlich sehr bitterkalt und trocken sei, dann ziehe sich das Wasser ganz zurück und kehre nicht vor Mitte oder Ende Mai zurück, wenn der Winter aber regenreich sei, fliesse das Wasser, aber in geringerer Menge und unregelmässig. Oft hat man beobachtet, dass es umso langsamer wieder zurückkehrte, je später es verschwunden war. Zur Zeit der älteren Leute war die Thermalquelle zweimal bis zur Sommersonnenwende leer und im Jahre der Welterlösung 1596 ist das Wasser, wie Pater Joachim Malegg, Magister der Künste und der Philosophie und Subprior von Pfäfers mir berichtet hat, im April, als es warm und mit voller Kraft floss, plötzlich verschwunden und zu Beginn des Julis zum ersten Mal, schon lange und weithin erwartet und herbeigewünscht, zurückgekommen, worüber alle sehr erfreut waren. Im Jahr 1628 ist die Quelle fast nie vollständig ausgetrocknet, im Jahr 1629 ist sie nur acht Tage lang nicht geflossen, vom Sonntag Laetare bis zum Passionssonntag. In dem gegenwärtigen Jahr 1631 war die Quelle fast drei Monate lang versiegt, und als der hoch ehrwürdige Abt Jodokus zur Besichtigung des neuen Quellengebäudes am 14. April in die Höhle herabstieg, da legte er seine Hand zufällig in das Warmwasserbecken und fühlte, dass sich dort kaltes Wasser sammelte. Und siehe da! Als er auf seinem Rückweg vom neuen Bad wieder heraufstieg, da sah er, wie das warme Wasser mit lieblichem Murmeln zurückfloss und mit einer erfreulich anzusehenden Fontäne in die Höhe schoss und feinen Dampf von sich gab. Er legte also noch einmal seine Hand in das Becken und begrüsste, froh über ein derart glückverheissendes Vorzeichen, die wiedergekehrte Nymphe und hielt hierauf eine kurze Danksagung an GOTT und die Gottesgebärerin ab. Der warme Strudel aber, der neben dem Sturzbach liegt, ist in der Lebenszeit der heute alten und jungen Menschen immer ganzjährig und in hergebrachter Weise geflossen. Das Herrenbad ist hat in den letzten sieben Jahren diesem Siebenjahreszeitraum nie auch nur einmal im Sommer Wasser geführt, auch wenn es durchgängig alljährlich später als die unteren Thermalquellen für uns wiederhergestellt wird. Oberhalb des Badegebäudes und im oberen Haus fliessen in seltenen Jahren warme Quellen, wenn es schon fast Spätsommer ist; sie sagen meiner Ansicht nach einen teuren Getreidepreis voraus. So wie es auch andernorts in Deutschland eine Quelle (den sogenannten Hungerbrunn [Hungerbrunn]) gibt, der, wenn er abnimmt, einen hohen Getreidepreis, wenn er versiegt, eine harte Hungersnot voraussagt, wie Delrio bekräftigt. Zum Martinstag oder im Advent vermindert sich alljährlich die Wärme der Thermalquelle und ihre Wassermenge.
Paracelsus von Hohenheim war der Ansicht, dass dieses Wasser im Herbst, wenn die Pflanzen welken, gleichermassen verschwinde, und im Frühling zusammen mit diesen wieder zum Vorschein komme; Wilhelm Fabry deutet das besonders mit Blick auf die Fähigkeiten des Wassers. Er sagt: «Auch wenn im Winter dieses Wasser fliesst, hat es dann gemäss dem Zeugnis der Einwohner fast keinen Wert. Es verhält sich damit nicht anders als mit den Sommerpflanzen, die man im Winter in den Wäldern findet. So wie wir im Winter beobachten, dass die Pflanzenwurzeln durch die Wärme der Erde, während sie in ihren Eingeweiden aufgrund des Frosts der umgebenden Atmosphäre eingeschlossen und zurückgehalten werden, frische Kraft erlangen, werden auch die Ursprünge dieses Bades im Winter in den Eingeweiden der Erde zurückgehalten und gewinnen neue Kraft.» Doch die Erfahrung lehrt das Gegenteil, da wir wissen, dass das Bad auch im Winter ganz und gar heilsam und wirksam ist und wir beobachtet haben, dass es manchmal zwei ganze Jahre lang ohne Unterbrechung und darauffolgende Wiederherstellung seiner Kräfte fliesst. Aber warum pausiert das Bad von Pfäfers in den meisten Jahren und trocknet im Verlaufe des Winter aus? Warum kommt sie im Frühling oder Sommer wieder zum Vorschein? Etwa weil im Winter ihre Durchflusswege in den Felslücken durch Eis verstopft sind und dem warmen Wasser den Durchfluss verwehren? Oder weil im Winter in die Kochstätte des Bades nur eine unzureichende Masse an Wasser fliesst, weil die Felsen ringsumher eingefroren sind, und daher weder das Herrenbad noch die das untere Bad fliessen kann? Oder weil Himmelseinflüsse, wie der heilige Thomas meint, das Wasser im Winter nicht nach oben rufen können, oder weil, wie andere behaupten, die Erde eine wasseranziehende Kraft besitzt, und wie die Venen das Blut aus der Leber ziehen, so ziehe diese Kraft das Wasser aus dem Meer, und im Winter sei sie eben schwächer? Oder gilt vielmehr, was wir an Wasserwegen beobachten, wo zunächst das Meerwasser, aus dem vor allem alle Quellen dieser Welt entstehen, von dem nachfolgenden Wasser vorwärtsgetrieben und schliesslich durch verschiedene Umwege getrieben wird, und im Winter werden sie irgendwo durch den Frost aufgehalten, aus einer verborgenen Ursache heraus? Wenn diese Gründe für das Austrocknen des Pfäferser Bades dir nicht gefallen, dann halte doch mit mir daran fest, dass dieses Verschwinden des Bades wie die Ebbe und Flut des Meeres zu denjenigen Naturwirkungen gehört, von denen der Schöpfer der Natur will, dass wir sie bewundern, aber keinesfalls verstehen. Und was verkünden diese Badwunder durch ihre wunderbaren Phänomene, wenn nicht das Lob ihres Schöpfers? Paracelsus hat kaum etwas Korrektes über das Austrocknen und das Versiegen der Quelle und ihre Rückkehr geschrieben, wenn man nicht einräumt, dass er der Ansicht ist, dass durch eine geheime Kraft von Sonne und Gestirnen die Quelle von Pfäfers im Winter versiegen, stagnieren und austrocknen, bei Frühlingsanfang aber wieder herausgelockt, vermehrt und wiederhergestellt werden, wie wenn die Sonne kräftig und hell scheint.
Und blutrot färbt sich die purpurne
Rose und elfenbeinern die schneeweissen
Lilien, es ächzt unter der eigenen Schwere die Rebe,
Die vom Weinlaub belastet wird,
Und ein Wechselfall des Schicksals tritt ein und sie vergehen wieder.
Kapitel 11, p. 123-143
Elftes Kapitel. Welchen Gebrauch man von den Thermalquellen macht.
Mehr noch als bei anderen Bädern üblich ist es erstaunlich, welchen Gebrauch man von den Thermalquellen von Pfäfers macht, ganz gleich ob man die vornehmen Besucher oder die aus dem einfachen Volk betrachtet. Am 1. Mai (ehemals Kalenden des Mais) strömt bei Abendeinbruch eine unzählige Menge aus den benachbarten landwirtschaftlich genutzten Flächen, den Alpen und den Tälern zusammen, und die ganze zusammenströmende Menge steigt, teilweise aus Gesundheitsgründen und teilweise zum Vergnügen, in die Thermalquellen hinab und verbringt die ganze Nacht im Wasser, ein Bad, das sie einer anständigen und vollständigen Badekur gleichstellen. Am nächsten Morgen legen sie zum Weggehen ziemlich raue Untergewänder aus Hanf an, die sie absichtlich mit Thermalwasser getränkt haben, weil sie der Ansicht sind, ihnen wohne dann heilende Kraft inne. Auch manche von den vornehmen Gästen geben bei ihrer Abreise darauf acht, ihre Obergewänder und Leinentücher mit diesem Wasser nass zu machen. Und was man anderswo mit ängstlicher Sorgfalt und grossem Aufwand auf Anraten der Ärzte zu tun pflegt, nämlich dass man täglich die Badestunden mit allmählichem Steigern und Absenken der aufgewendeten Zeit beginnt und endet, darauf achtet man in Pfäfers nicht, sondern die meisten setzen sich sofort an ihren ersten Aufenthaltstagen hingebungsvoll und mit sehr grosser Bequemlichkeit und abgesichert gegen widriges Geschick, schon sehr viele Stunden ins Bad. Und so kommt es, dass viele das Bad bei Tag und bei Nacht niemals verlassen, sondern in ihm auch essen und schlafen. Die Reicheren halten dies wegen des Vergnügens so, das ihnen das Bad macht, die Armen aber aufgrund ihrer Mittellosigkeit, bzw. damit sie ihren Badeaufenthalt rascher hinter sich bringen. Sehr viele Vornehme rühmen sich auch damit, dass die Wärme des Bades nicht nur ganze Tage, sondern auch einen Grossteil der Nachtstunden über aushalten können; manche prahlen auch damit, dass sie sehr grosse Mengen an Thermalwasser trinken können. Aber auch wenn der Ort an sich unangenehm, unschön und schmutzig sein mag, in dem Bad ist es so wirklich ausserordentlich angenehm, dass viele es acht Tage lang nicht verlassen. So halten es auch manche Vornehme mit grossem Erfolg, doch nicht immer ist diese Art von ununterbrochenem Badaufenthalt allen zuträglich gewesen. Diejenigen aber, die derart ununterbrochen im Bade sitzen, bringen ihren ganzen Aufenthalt innerhalb von neun, zehn oder zwölf Tagen hinter sich Viele aber heissen dieses unermüdliche Baden nicht gut, denn sie behaupten, dass dieses andauernde Baden die natürliche Wärme und die edlen Körperteile ganz ausserordentlich schwäche. Erfahrung und Praxis, dieser Lehrer der Realität, beweist in den meisten Fällen das Gegenteil. Bezüglich dieser Erfahrung sagt Guarinonius dennoch Folgendes: «Die Erfahrung duldet diesen Beweis des Irrtums, und sehr viele behandeln eine ganz leichte Krankheit mit einer gewaltsamen Unterdrückung ihrer Natur und verkürzen ihr Leben dadurch notwendig um viele Jahre, sie zerstören die natürliche Wärme und verderben die angeborene Feuchtigkeit. Und kein Exzess der Natur schadet nicht mit Sicherheit: Mag der Schaden aufgrund der natürlichen Widerstandskraft auch nicht sofort zum Vorschein kommen; und wie die, die sich mit giftigem Quecksilber einsalben, zwar der Syphilis entkommen, doch kurz danach folgt der Verlust aller Kräfte. Es gibt also kein ärztliches Prinzip, das dieser Gewaltsamkeit nicht widerspricht, und mein Gewissen hat mich gezwungen, dies im Vorübergehen mitzuteilen. Wenige wohlhabende Leute sollten sich um die drei Wochen herum im Bad aufhalten, und das umso mehr, wie es ihre Krankheitssituation und körperliche Lage erfordert. Die meisten wollen oder können eine so kleine Zeit sogar draussen oder in einem ganz weichen Bett nicht bleiben, weil dann an ihrem Körper Ausschläge auftreten. Bäder ziehen nämlich Kranke wie ein Magnet an. Manche werden durch beständiges Baden und Schlaflosigkeit in den Wahnsinn getrieben, und manchmal ertrinken Menschen in dem Thermalbad, während die neben ihnen sitzenden Leute schlafen.
Oft treten Leute verfrüht und ohne gute Beratung unter sehr grossen Strapazen ihre drei oder mehr Tage umfassende Rückreise an, obwohl sie ihre Badekur noch nicht abgeschlossen haben, weil sie plötzlich Heimweh haben, und sind dann gezwungen, im folgenden Jahr zum Bad zurückzukehren und ihre Badekur zu wiederholen. Die Benutzung des Pfäferser Bades verträgt sich nicht mit Schlemmereien, gefüllten Tischen, Katzenjammer, Rausch und generösem Weingenuss. Wir scherzen nicht mit dir, und wir drohen dir auch nicht. Ja, auch wenn man ganz erlesene Weine dorthin bringt, verdirbt und verändert die geheime Kraft dieses Ortes sie in kurzer Zeit in staunenswerter Weise. Daher bringen wir ihn nur alle zwei Tage für kurze Zeit dorthin, damit er nicht sofort sauer wird oder verdirbt. Und das geschieht nicht ohne Gottes einzigartige Vorsehung. Was, frage ich, behindert die Wirkung des Bades denn mehr als so viel Luxus und Exzess in Speise und Trank.
Höret ihr Sterblichen: Die Erfahrung ruft laut und deutlich aus, dass kein Schlemmer und Säufer sich in dieser kostbaren und kristallklaren Thermalquelle ungestraft lange badet, selbst wenn wir es verschweigen würden. Klugen Leuten ist der Sachverhalt bekannt, für die Weinsäufer müssen wir es kurz wiederholen, aus Mitleid mit ihnen, auch wenn sie das nicht verdienen. Man weiss, dass die, die sich zu sehr erhitzen (vielleicht aufgrund zu heftiger Bewegung), wenn sie noch im erhitzten Zustand zu lange und zu freizügig Wein trinken, danach aufgrund ihres derart unzeitigen Zechens (leider!) wenig später unverzüglich am hektischen Fieber oder einem anderen Fieber erkranken, oder (im noch besten Fall) an einem kräftigen und starken Kopfkatharr oder einer Brustfellentzündung oder etwas Ähnlichem, und dass sehr viele daran sterben. Der Grund dafür ist, dass in der Zeit, wo ein Mensch erhitzt ist, seine inneren und äusseren Körperporen alle weit offenstehen und er einen extrem hohen Appetit auf Flüssigkeit hat, und so kommt es, dass der Wein, den er allzu grosszügig trinkt, schnell und unverzüglich, noch bevor er vom Magen verdaut werden kann, noch ganz roh durch die Leber in die Venen und von dort aus in den ganzen Körper gelangt. Aus dieser unzeitigen und rohen Feuchtigkeit, die für die menschliche Natur, wie ich glaube, besonders schädlich ist, resultiert untrüglich eine gesundheitliche Verschlechterung, die todbringende Krankheiten gebiert. Wenn das schon einem Körper widerfährt, der einmal bzw. eine halbe Stunde lang entzündet ist, was geschieht dann mit einem, der einen ganzen Tag in einem warmen Bad sitzt? Dort wo das Blut aus dem Inneren durch den Ausschlag zur Hautoberfläche flieht, und alle Teile des Körpers unbedeckt sind? Dann durchdringt der getrunkene Wein ungehindert das unbedeckte Körperlein schneller und weitflächiger, und das Bad zieht den verschluckten Wein noch halb roh und moderig in den Blutkreislauf hinein. Gestatte mir, unsere Frage kurz beiseite zu lassen und in wenigen Worten meinem Zorn Ausdruck zu verleihen und die Trunkenheit zu tadeln. Sie geben sich beim Zechen in der Schenke nicht nur mit Schlund, Bauch, Mund und Zunge zufrieden, auch mit ihren Augen sind sie trunksüchtig. Man trinkt aus Gold, Edelstein und Kristall, sie stellen grosse Humpen auf, und wenn der Wein im Gefäss nicht glänzt, rötlich schimmert, gelblich schimmert oder hell leuchtet, dann sind sie sauer, und der Nüchterne wird zum Trinken genötigt, gezwungen, verlacht und herausgefordert. So haben sie Durst, so trinken sie, so antworten sie, so gehen sie zugrunde. Man muss bei seinem Begräbnis lachen. Gott möge das zum Besseren wenden! Doch zurück zu unserem Thema.
Nun erfahren wir, dass bei dieser Lebens-, vielmehr Trinkweise die gesündesten Bäder den Kranken sehr oft geschadet haben? Freilich nicht aus sich heraus, sondern wegen des Zechens zur unpassenden Zeit. Weil aber die ungünstige Lage des Pfäferser Bades es nicht zulässt, dass man dort einer exzessiven Lebensweise frönt, so kommt es, dass die Wirkung des Bades nicht unterbrochen wird, sondern sie die Befeuchtung ungehindert fördert. Auch pflegt das Bad an manchen Tagen den Appetit auf Essen stillzulegen, dann nämlich, wenn es seine grösste Wirkung entfaltet, die aber, die durstiger sind, nehmen als Trank in Wasser aufgelöstes Brot, Lattich oder einen saftigen Bissen Zitrone, Orange oder Granatäpfel oder Erdbeeren mit Zucker zu sich. Diejenigen, denen das Badewasser nach allgemeiner Ansicht am heilsamsten ist, in deren Körper wird es gewissermassen eingesaugt, und damit sein Biss sichtbar wird, geht es auch in ihren Bauch und in ihre Eingeweide und wirkt auch auf die Wirbelsäule ein und macht das alles leicht und unbeschwert. Es weckt in ihnen ein mächtiges Bedürfnis nach Essen, es macht sie heiter und entspannt. Die aber, für die das Bad schädlich und todbringend ist (wenn es das überhaupt für jemanden gewesen ist), leiden zunächst unter Übelkeit und werden durch häufiges Aufstossen gequält, unter ihren Rippen gibt es leise Geräusche, und sie dehnen sich aus, ihr Bauch schwillt an, ihre Kraft nimmt ab, sie haben Ekel vor Essen. Wenn das jemandem am Anfang seines Badaufenthaltes geschieht und er begibt sich aus der Höhle nach Valens oder Pfäfers, dann geht es ihm sofort besser, und die Symptome lassen nach. Allerdings erinnere ich mich, dass manchen Leuten so etwas widerfährt und sie dennoch das Bad öfters mit Nutzen gebraucht haben, darunter der erlauchteste Fürst Radziwiłł, Herzog von Birsen, Dubinski und Sluzk, den ich ehrenhalber hier öfter namentlich nennen wollte. Bei denen, die gewissenhaft und ausdauernd in dem Bad baden, tritt meistens am dritten oder vierten Tag, bei manchen auch schon innerhalb von 24 Stunden, Ausschlag auf.»
Manche, die nur aus Pflichtgefühl, beim Besuch von Freunden, bei der angenehmen Wassertemperatur etwas zu lange in dem Bad planschen, werden unversehens innerhalb einiger Stunden wund und von einem roten Kratzausschlag befallen; und gegen ihren Willen sind sie danach gezwungen, eine Badekur zu unternehmen. Manche leiden so sehr unter Ausschlag, dass man sie, wenn sie sich nach dem Bad ein Untergewand anlegen oder zu Bett gehen, zusammen mit ihrem Betttuch und ihrem Unterhemd ins Bad tragen muss. Manche leiden während ihres Aufenthalts dort immer wieder unter Ausschlag, andere nicht ein einziges Mal, so sehr sie auch baden; man hat aber bemerkt, dass das Bad beiden in gleicher Weise nützt. Alleine daraus, um das übrige auszuschliessen, werden die Ärzte gültige und unwiderlegbare, höchst nützliche und dem öffentlichen Wohl höchst notwendige Lehren ziehen und leicht eine richtige Art des Badens in Abgrenzung zu einer falschen definieren. Die Einwohner erzählen, das Pfäferser Bad sei heilbringend, solange es fliesse, auch wenn im Winter aufgrund des bitteren Frostes kaum jemand es nutzen kann. Es geht das Gerücht, zwei Aussätzige hätten dort einen ganzen Winter gebadet und seien nicht vollständig geheilt worden. Doch unser Freund Guarinonius zweifelt nicht daran, dass man auch diese Männer vollkommen hätte heilen können, «wenn sie nur zusätzlich zum Baden auch innerliche Heilanwendungen hinzugefügt hätten nach ärztlicher Anweisung.» Er sagt ausserdem: «Ich würde auch Aussätzige (ausser den durch chronisches Leiden verfestigten Fällen, die zu Elephantiasis geworden sind) nicht von diesem Bad fernhalten, vielmehr glaube ich, dass sie durch die vorher geschilderte, zur verdorbenen Feuchtigkeit passenden häufigeren Entleerung, vollständig geheilt werden, und zwar aus gewissen Überlegungen heraus, die ich für sicher halte. Es genügt, dass die alte und hartnäckige Krätze (Schwester der Lepra) von ihnen entfernt und abgewaschen wird. Dies soll den anderen Leprakranken, die sich nach dem Bad von Pfäfers sehnen, als Beweis dienen.» Möge für diese armen Menschen ein spezieller Aufenthaltsbereich in einem neuen Gebäude oder Bad errichtet werden, in das ein eigener Bach geleitet wird, da sie sicher von der Heilwirkung profitieren werden. Das Bad würden allein durch diese Funktion berühmter als die berühmtesten werden. Für die Armen könnte vorausschauend gesorgt werden, indem ein separates kleines Schwimmbecken aus dem Abfluss der oberen Thermen eingerichtet wird. Wie könnte der Fürst von Pfäfers grössere Barmherzigkeit gegen die Armen üben? Dies wünsche ich mir beharre darauf. Aber er wird meinem und des Herrn Guarinonius Wunsch Genüge tun, den wir im Interesse der Aussätzigen so inständig äussern, und sie werden ein abgetrenntes kleines Bad haben, gemäss dem Versprechen des hochwürdigsten Herrn Abtes. Manche behaupten, das Baden schade Schwangeren nicht, sondern nütze ihnen. Diese Angelegenheit geht Mutter und ungeborenes Kind an, es besteht ein dreifaches Risiko, zwei Körper und eine Seele stehen auf dem Spiel. Unser frommer Guarinonius ruft aus, mahnt und protestiert, damit kein Schaden geschieht. Er sagt: «Schwangere sollen keineswegs wie die anderen Leute ununterbrochen Tag und Nacht baden, sondern kaum ein kleines Stündlein möchte ich das gestatten, und auch das höchstens zweimal am Tag, und das gilt nur für die Stärkeren unter ihnen, nicht für die Zarten und Schwachen. Diese sollten meiner Ansicht nach eher ernsthaft und streng aus dem Bad entfernt als dort geduldet werden. Denn ohne die offensichtliche Gefahr einer Frühgeburt ist das Baden nicht möglich, wenn man nicht in der genannten Weise beim Baden jeden Ausschlag vermeidet; für die Schwangeren, die unter Blutungen leiden, gilt eine andere Regel. Wenn eine kräftiger gebaute, gesundheitsstrotzende und vom Land kommende Schwangere der Gefahr entgeht, darf man das keinesfalls als Beispiel heranziehen, weil das nur bei dieser einen, bei hundert anderen aber nicht gelingt.» Soweit jener.
Manche meinen, dass Leute, die an der Syphilis leiden, durch die Benutzung des Pfäferser Bades geschädigt werden. Dieses bedeutende und heilige Heilmittel lasse nämlich bei sich die nicht zu, die an dieser profanen und schmutzigen Krankheit leiden, ja es ertrage nicht einmal die, die mit Quecksilber behandeln. Die Erfahrung beweist, dass das falsch ist. Wilhelm Fabry stellte bei seinen Besuch dieses Bades im Jahre 1610 eine Salbe aus unbehandeltem Quecksilber, den man mit Schweineschmalz getrocknet hat, her und liess fast den ganzen Körper, abgesehen von Haupt und Brust, eines jungen Mannes damit bestreichen und liess ihn danach ins Bad gehen, um zu erforschen, ob bei ihm irgendeine ungute Veränderung eintreten werde, sie folgte aber nicht, und er gebrauchte das Bad nach dem Einsalben wie zuvor mit Erfolg; ja, um zu einer sicheren Erkenntnis zu kommen, nahm er auch einen Selbstversuch vor; aber auch er selbst merkte keine Änderung. Und schliesslich stellt sich uns eine Frage, die eine angemessene Antwort verdient, die auch Croquerus, der Arzt des höchst erlauchten Herzogs Radziwill, neulich von Polen aus dem Wilhelm Fabry in der Schweiz gestellt hat und die schon sehr viele Vornehme und Plebejer vom Jahre 1629 an öfters gestellt haben. Den Sommer hindurch haben sie in einer geistreichen intellektuellen Auseinandersetzung untersucht, ob das Wasser des Pfäferser Bades aus jener Höhle heraus, in der jene zwei Holzhäuser in die Höhle hineinragen, mit demselben Nutzen und ohne irgendeinen Verlust an Wirkung und Kraft aufs freie Feld und an einen besser zugänglichen Platz herausgeleitet werden kann und hierauf, nach draussen geleitet, Nutzen und Heilung bringen kann?
Niemand zweifelt daran, dass so viel Thermalwasser auch aus der Thermalhöhle herausgetragen werden kann, dass es ausreicht, um darin den einen oder anderen Körper zu baden. Man müsste es aber aus jener ungemein tiefen Höhle zuerst auf den Schultern, dann mit der Hilfe von Pferden auf den Berg bringen. Deshalb werde jenes Wasser, dessen Wärme bei seiner Quelle so milde temperiert ist, dass man sagen kann, es sei extra für jedermann angepasst, auf dem ein Stündlein dauernden Weg in das nächstliegende Dörflein Valens oder in den Hof in Ragaz kalt, und wenn man es dort wieder aufwärme, dann verliere es den Grossteil seiner Kräfte; seine Wirkkraft beruhe nämlich nicht auf einer fetten und irdischen Materie, sondern auf einer luftigen und hauchartigen, und es kommt hinzu, dass innerhalb der Höhle das warme Wasser so reichlich aus den Felsen entspringt, dass man damit mit Leichtigkeit mehrere Mühlräder betreiben könnte; wenn jemand auf einem Platz nahe des Sprudels sitzt, besonders im oberen Bad, dann wird er ununterbrochen mit frischem Wasser benetzt, und dieses Wasser ist von ungetrübter Qualität und besitzt noch seine vollständigen Kräfte; das würde weniger zutreffen, wenn man es aus der Höhle in das nächste Dorf oder Haus transportieren würde; ausserdem habe ich ja bekräftigt, dass der Dampf des Bades besonders heilsam ist, und wenn jemand das Thermalwasser ausserhalb der Höhle verwendete, würde er dieses gesundheitsfördernden Dampfes verlustig gehen. Es sei demgegenüber bequemer und erfolgversprechender, das Thermalwasser in die Hospize in unmittelbarer Nachbarschaft der Quelle und innerhalb der Höhle zu tragen, und man könne sich darin vielleicht nicht ohne eine gesundheitsfördernde Wirkung baden. Man hat sich in diesem Wasser auch in Valens und in Ragaz nicht ohne eine gute Wirkung gebadet. Und im Jahre Christi 1596 wurden zwölf Flaschen voll mit Thermalwasser auf ärztlichen Rat hin nach Luzern gebracht, damit sich eine vornehme Dame darin baden konnte, und ich habe von dem edlen Hauptmann und Jerusalem-Ritter Rudolf Pfyffer, wohnhaft in Luzern in der Schweiz, erfahren, dass sie dieses Wasser nicht ohne Erfolg verwendet hat. Im Übrigen könne man das Wasser auch von der Quelle aus hinauf bis zur obersten Bergebene, Richtung Pfäfers und Valens in tönernen, erzenen oder hölzernen Rohren leiten, mit der Hilfe von Wasserrädern und der Tamina, und es nach oben bringen, doch es wäre dazu eine aufwendige und vergebliche Mühewaltung notwendig, da im Winter alles zusammenstürze.
Zuletzt aber kam es einfach denkenden Menschen vor sechs Jahren in den Sinn, man könne das Thermalwasser ohne Verlust an Wirkung und Wärme zum höchsten Nutzen der Badegäste, ja sogar die ganze warme Quelle an einen offen und frei stehenden Platz längs des Flusses Tamina in der Gegend von Valens bzw. am Fusse des Vasanachopfs im Tale Zanuz mithilfe von in den Felsen eingelassenen wasserführenden Rohren ungefähr zweihundert Siebenfuss, bzw. die anderthalbfache Reichweite einer kräftigen Kanone, von ihrem Ursprung entfernen und ableiten; der gegenwärtige Abt erklärte ihnen, nachdem er die örtlichen Verhältnisse durch von ihm beauftragte Männer sorgfältig hatte erkunden lassen und nach ernsthaftem Nachdenken über die Hochleitung, öffentlich und im privaten Gespräch, und erklärte es nachher auch nicht wenigen klugen Männern, Ärzten, Philosophen, Architekten, so dass diese ihm zustimmten, das Thermalwasser könne mitsamt seiner Wärme, seinem Lebenshauch und seinem Dampf mit einem nur ganz geringen Anstoss, weil die konvexe Wölbung des heraussprudelnden Strahls der Fliessbewegung zu Hilfe komme, bequem eine so kurze Strecke nach draussen befördert werden.
Diese Frage hinsichtlich der Verlegung der Thermen begannen die Ärzte damals (wie manchmal ein Hund eine Wachtel, die sich furchtsam unter Getreidebündeln verbirgt, nur aufspürt, nicht aber fängt) bei sich zu bedenken und zu untersuchen, langsam daran schnuppernd und still, statt wirklich an ihre Durchführung zu gehen, es handelte sich um eine Angelegenheit, die scharfer Geister würdig ist und die sie an ihre Nachfolger überwiesen. Und das Los fiel auf unseren Freund Guarinonius, einen für seine Frömmigkeit und Gelehrsamkeit sehr berühmten Arzt. Seinen genau, effektiv und sehr würdig geschriebenen Bericht über diese Angelegenheit stellen wir an den Schluss dieser Arbeit, in einer von uns angefertigten lateinischen Übersetzung.
Bisher haben wir über den früheren Ort, die frühere Lage, Natur und Kraft der Pfäferser Thermen gesprochen, nun aber gehen wir mit ungeheurer Freude daran, von der äusserst gut geglückten Ableitung der Quelle an eine besser geeignete Stelle zu erzählen. Lies es, aufmerksamer Leser, und mit Jubel danke vielmals dem dreimal besten Gott im Himmel für seine überaus vortreffliche und bedeutende Wohltat.
Im Hintergrund steht hier die falsche, aber lange Zeit allgemein geteilte Annahme des antiken Arztes Galen (129-216), wonach das Blut in der Leber aus den zuvor im Magen und den Mesenterialvenen vorbehandelten Nährstoffen gebildet werde. S. zu Galens Ansicht (mit Quellenangaben) etwa K.-H. Leven, «Leber», in: H.-H. Leven (Hg.), Antike Medizin. Ein Lexikon, München, C. H. Beck, 2005, 559-562, hier: 561. Der korrekte Blutkreislauf wurde erstmals 1628 von William Harvey in seiner Schrift Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus (Wilhelm Fitzer, Frankfurt a. M.) beschrieben. Diese Entdeckung war also noch recht jung und Stöcklin sichtlich zur Abfassungszeit seines Nymphaeum noch nicht ins Bewusstsein gedrungen.
Sluzk, heute in Belarus, war eigentlich ein Fürstentum, kein Herzogtum.
«Elephantiasis» bezeichnet hier extreme Hautveränderungen infolge der Lepra. Elephas und elephantiasis sind seit der Antike geläufige Bezeichnungen für Lepra; vgl. K.-H. Leven, Die Geschichte der Infektionskrankheiten. Von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Landsberg (Lech), Ecomed, 1997, 50. Die Elephantiasis im heute geläufigen Sinne (enorme Anschwellung eines oder mehrerer Körperteile durch einen Lymphstau; im Deutschen auch Elefantenmann-Syndrom genannt) ist hier mit einiger Sicherheit nicht gemeint.
Im Lateinischen: domum Ragolensem. Die Pfäferser Äbte besassen in Ragaz einen Hof (Meierei, Klosterdomäne, Statthalterei). Der barocke Nachfolgebau aus dem 18. Jh. ist heute das Hotel Palais Bad Ragaz.