Dossier: Theodor Biblianders Auseinandersetzung mit dem Islam im Kontext der Türkenbedrohung

Traduction (Allemand)

1. Aus der Vorrede Biblianders zur Türkenschrift von 1542

Theodor Bibliander, Ad Nominis Christiani Socios Consultatio, Qua nam ratione Turcarum dira potentia repelli posset ac debeat a populo Christiano, Basel, Brylinger, 1542.

fol. a2ro

Theodor Bibliander grüsst die treuen Verehrer unseres Herrn und Heilands Jesus Christus, seine sehr geliebten Brüder.

Als in den letzten Tagen die ungünstige und traurige Nachricht von der Niederlage in Ungarn allen Guten sehr viel Schmerz zugefügt hatte, habe ich, wie es die christliche Frömmigkeit befahl und was ich angesichts so grosser Unglücksfälle als einziges tun konnte, das Unglück der Unseren bemitleidet und den Herrn gebeten, sein Volk zu verschonen, das er mit dem Blut seines eingeborenen Sohnes erlöst hat, und nicht darin fortzufahren, uns nach Gebühr zu strafen. Nachher habe ich begonnen, der Reihe nach darüber nachzudenken, auf welchem Wege man den zunehmenden Übeln entgegentreten könnte und so die empfangene Wunde zu heilen, damit uns nicht später noch tödlichere Wunden geschlagen werden. Da sich das Volksgespräch nämlich ganz in der Behandlung der drängenden Übel erschöpft und die ersten Männer und Leiter der Bürgerschaften sehr viel beratschlagen, um den Staat zu retten, habe ich es für eine den um die Wissenschaften bemühten Männer (zumal der Theologen) nicht fremde Aufgabe gehalten, wenn sie einige handfeste und sichere Methoden niederschreiben, wie man gegen die Türken kämpfen kann, die Deutschland, die Festung des christlichen Weltkreises, ernsthaft bedrohen.

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fol. a3r0-vo

Ich passte aber meine Rede mehr an unsere Zeitläufte an und ich musste über die Methoden sprechen, mit denen man in der Innenpolitik eine solide und sichere Eintracht und Frieden schaffen kann, über den Ursprung und das Wachstum des Türkenreiches, über den mohammedanischen Aberglauben und einige andere Dinge: so dass meine Rede einen grösseren Umfang bekommen hat, den aber die Grösse der Aufgabe erforderte. Wenn aber jemandem meine Rede allzu unkultiviert erscheint, möge er bedenken, dass ich nicht mit rhetorischen Floskeln Scherz treibe, sondern in einer katastrophalen Situation lieber einen zuverlässigen als einen glänzend formulierten Rat gebe. Anderswo erregt Herbheit im Ausdruck Anstoss, und Geschwüre schneidet man mit einem harten Skalpell; aber die Notlage forderte es so.

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2. Ausschnitte aus der Türkenschrift von 1542

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fol. a5ro

Und als erstes war es, damit man klar erkennt, dass der Ursprung der Kriege, der Knechtschaft und aller Übel, welche die Türken dem Christenvolke zufügen, in uns liegt, die wir dem Namen «Christen» in unserem Leben nicht gerecht werden, der Mühe wert, die Einrichtungen, die Disziplin und die Sitten der Feinde zum Teil mit den Tugenden und Lastern unserer Leute zu vergleichen.

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fol. a5vo

Daher wird man – wenn man erkennt, dass die gleichen Schandtaten, die wir bei den Türken verabscheuen, ungestraft unter Christen vollbracht werden (entweder dieselben oder sogar noch grössere); dass hinwiederum die von unserem Lehrer und Herrscher JESUS CHRISTUS vorgeschriebenen Tugenden bei den Komplizen des mohammedanischen Aberglaubens und Feinden des Kreuzes Christi freundlicher behütet und gepflegt werden als bei den heuchlerischen Christen – bekennen müssen (wie ich meine), dass ein wildes und ungeheures Volk durch das gerechte Urteil Gottes aufgestachelt worden und in die Welt geführt worden ist, um unsere sittliche Verkehrtheit Lügen zu strafen und höchst gerechte Strafen von uns einzufordern für die Verachtung und Misshandlung der christlichen Religion.

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fol. b1vo

Nun eilt meine Rede zum falschen und antichristlichen Schatten der Religion. Wie es nämlich einen Gott gibt, eine Weisheit und Wahrheit, eine Güte: so gibt es auch eine einzige wahre Religion, nämlich die christliche. Durch das Betreiben des bösen Dämons und die Dummheit der Menschen werden, wie viele Götter und Herren, so auch viele Religionen gezählt, die sich untereinander sehr stark unterscheiden. Und in keiner Sache sind Gelehrte und Ungelehrte mehr miteinander uneins als in der Religion.

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fol. b4vo-b5ro

Mit dem, was wir bisher allgemein über die christliche und die antichristliche Religion gesagt haben, haben wir gleichsam ein Fundament gelegt; nun wenden wir unseren Schreibgriffel der mohammedanischen Religion zu, in die sich das Türkenvolk schon mehr oder weniger siebenhundert Jahre verbissen hat, die es schützt und mit seinen Waffen nach Kräften auszubreiten strebt. Es besitzt nämlich eine Vorschrift zur Verehrung der Gottheit und zur Erlangung des seligen Lebens, unter dem Namen Mohammeds als sehr hervorragenden Propheten, einige sehr alberne und absurde verbreitete Lehren, die in einem solchem Grade nicht nach einer himmlischen Quelle schmecken, dass sie sogar dem gesunden Menschenverstand in grösstem Umfang widersprechen; wenn nicht die höchste Notwendigkeit besteht, darf man sie nach meinem Dafürhalten nicht den Ohren und den Gedanken ehrbarer Menschen bekannt machen. Sie enthält einiges Lachhaftes, das Altweibergeschichten ähnelt; manches, das fabriziert wurde, um den Anschein von Ehrbarkeit und Klugheit zu erwecken, damit sie dem Urteil der Menschen als sehr heilige Einrichtung erscheint. Sie besitzt manches, das dem mosaischen Gesetz und der Lehre des Evangeliums so konform ist, dass man auf den ersten Blick meinen könnte, es sei aus der Quelle der göttlichen Orakel abgeleitet, um die Menschen zu erziehen und glücklich zu machen. Denn Mohammed widerspricht deutlich der jüdischen Perfidie und behauptet, dass CHRISTUS vom Heiligen Geiste empfangen und aus einer unberührten Jungfrau geboren sei. Er nennt ihn einen grossen Propheten Gottes und Wort, Seele und Geist Gottes, der die ganze Welt richten wird. Und Mohammed wollte nicht als Feind CHRISTI erscheinen oder als jemand, der seine Lehre abschaffen wollte; sondern er wollte nur als jemand erscheinen, der verbesserte, was verzerrt und von anderen untergeschoben worden war.

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fol. b5vo

Aber möge die mohammedanischen Gesetze nicht ein menschlicher Sünder gebracht haben, sondern ein heiliger Prophet Gottes, sondern ein Erzengel, und mögen nicht nur manche auch mit der Heiligen Schrift harmonieren, sondern die allermeisten, mögen die Mohammedaner auch sehr glückliche und begüterte Menschen sein und möge jeder einzelne von ihnen über das Reich des Glücklichen Arabiens gebieten, möge ihr Lebenswandel dem Anschein nach auch sehr heilig sein; dennoch: Weil die Lehre Mohammeds nicht CHRISTUS zum Haupt hat, durch den alleine das Gebäude des Hauses und Volkes Gottes zusammengefügt wird, und nicht die Massregeln der Religion und der wahren Glückseligkeit auf dem Fundament der Propheten und Apostel errichtet; so ist sie keine Pflanzung, die der himmlische Vater gepflanzt hat, sondern eine irdische, besser: diabolische Pflanzung, die der Herr Jesus zur vorbestimmten Zeit mit einem Hauch aus seinem Mund von Grund auf vernichten wird.

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b6ro-vo

Man kann offenbar auch nicht mit Schweigen übergehen, wer der Urheber dieser höchst verderblichen Sekte war und zu welcher Zeit sie gegründet worden ist, eine Sekte, die sich weiter erstreckt und eine längere Dauer hat als irgendeine andere. Unter Begleitung vieler böser Vorzeichen im Himmel, auf dem Meer und auf der Erde – die vorwarnten, ein ungeheures Übel werde sich auf dem ganzen Erdkreis verbreiten, wenn die Menschen nicht ihre Zuflucht bei der Barmherzigkeit Gottes nähmen und ihre sittliche Verkehrtheit und ihren höchst verdorbenen Lebensstil verbesserten – wird im Jahre 597 Mohammed auf dem Landgut Ittapic geboren, das nicht weit von Mekka entfernt lag, einer sehr berühmten Stadt im Glücklichen Arabien am Roten Meer. Zu dieser Zeit – ich weiss nicht, soll ich sagen: besass; oder: zerstreute durch seine Habgier, Perfidie und seine Raubzüge – Mauricius das Kaiserreich von Konstantinopel. Gregor aber (mit dem Beinamen «der Grosse») leitete den Pontifikat von Rom; er belastete die Kirche mehr mit Zeremonien als dass er sie dadurch zierte, und unterdrückte die christliche Religion etwas weniger.

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fol. b7ro

Die Natur hatte Mohammed mit herausragenden Gaben ausgestattet, wenn er sie nur gut hätte nützen wollen, und ihn als einen geschaffen, der für herrliche Taten geeignet gewesen wäre. Das alles wendete er zu seinem Verderben und dem der ganzen Welt, während er seinen bösen Gelüsten folgte und sich nicht den Einflüsterungen des Teufels widersetzte und verdorbenen Lehrern der Schlechtigkeit gehorchte. Denn durch alle Epochen seines Lebens hindurch vollführte er Schandtaten, die seine habgierige, grausame, ungerechte, nach Vorrang und Machstellung gierige und zu jedem Gelüst geneigte Geistesartung bezeugen sollten.

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fol. b8ro

Aber weil er sich durch übermässigen Weingenuss und sexuelle Aktivitäten die Epilepsie zugezogen hatte und seine Frau ihre Ehe bereute, verhüllte er seine Krankheit mit einer sehr gewitzten Erfindung und machte sich bei seinen Mitbürgern mit dem Gerücht bekannt, er stünde im Verkehr mit dem Göttlichen. Er sagte nämlich seiner Frau, der Erzengel Gabriel bringe ihm himmlische Botschaften: Er breche zusammen, weil er sein helles Leuchten als sterblicher Mensch nicht aushalten könne; dies pflege allen Propheten so zu gehen.

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fol. c1ro-vo

Mohammed wollte das Volk der Araber in ein Treueverhältnis zu sich bringen und es sich verpflichten, ein Volk, das zusammengemischt war aus Juden, Christen (und zwar jenen Christen, die durch den häretischen Lehren des Arius, Sabellius, Jacobus, Nestorius und anderer verkommener Menschen verdorben waren) und Verehren der Götzenbilder, zumal solchen der Venus. Er hielt es für das Beste, sie alle zu einer Sekte zusammenzufügen, der nachher auch andere Nationen beitreten sollten. Deshalb begann er mit Hilfe der Häretiker Sergius und Matthäus und der Juden Andia und Chabalachabar, von denen er sich vorher hatte unterrichten lassen, ein gleichermassen ziviles und religiöses Recht zu schaffen, wobei er mit wunderbarer List seine Komposition so ausgeglichen gestaltete, dass er der Gegner keiner Sekte zu sein, sondern sie alle zu miteinander zu versöhnen und in eine bestmögliche Einheit zu bringen schien, damit seine Lehre von allen angenommen würde und man beständiger daran festhielte. Es wurde auch reichlich hinzugefügt, was den Begierden und dem Urteilsvermögen der Masse freundlich zulächelte: die Hoffnung auf grosse Reichtümer, Herrschaft, ein grosses Reich, der Genuss körperlicher Gelüste und eine in jedermanns Macht stehende Art und Weise, die absolute Glückseligkeit zu erlangen (entsprechende Bemühungen vorausgesetzt).

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fol. c2ro-vo

Mit vierzig Jahren, nachdem er sieben Tage ununterbrochen an Seitenstechen gelitten hatte, weil ihm von Verwandten (die ihm gemäss dem Erbrecht im Besitz seiner Frau Chadidscha folgten) ein Gift verabreicht worden war, starb er durch den Gifttrunk einen Tod, wie er ihn verdiente. Seine Anhänger bewahrten den Leichnam drei Tage lang unbeerdigt, weil sie glaubten, er müsse von Engeln in den Himmel getragen werden, wie der Pseudoprophet es vorausgesagt hatte. Aber als ein höchst intensiver Gestank ihnen lästig fiel, warfen sie ihn verächtlich weg. Seine engsten Freunde veranstalteten für ihn hierauf ein ehrenvolles Begräbnis und bestatteten ihn im Heiligtum von Mekka. Wie in den Geschichtsbüchern überliefert ist, setzten sie ihn in einem schwebenden Sarkophag bei, da ein Magnet, den die Architekten auf handwerklich sehr geschickte Weise in der Wölbung des Tempels eingebaut haben, das Eisen an sich zieht.

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fol. c6vo

Die Türken kleben in der abergläubischen Verehrung der Heiligen fest und rufen verstorbene Menschen an, damit sie ihnen helfen, wenn sie unter ihrer Mühsal leiden. Wenn sie üblen Verhältnissen entrissen worden sind oder ihnen irgendein Gut zuteil wurde, danken sie den heilgen Menschen, weil ihnen, wie sie meinen, durch deren Unterstützung geholfen wurde. [...] Aber was hast du die Stirn, die türkische Dummheit oder Blasphemie anzuklagen, der du doch das Gleiche tust? Nimm die Namen weg oder vertausche sie, die Namen des Georg, Antonius, Erasmus, der Barbara oder anderer männlicher und weiblicher Heiligen: und es wird klar werden, dass du in dem gleichen Schlamm steckst und in ihn hineingesunken bist, der du Christ genannt wirst, und doch nicht alles im Namen CHRISTI vom grosszügigen Vater erbittest.

[...]

fol. c7ro

Wenn aber die Türken alle Christen gottlos und verrückt nennen, die vor Bildern ihr Haupt entblössen, ihren Körper neigen, ihr Knie beugen, sich mit dem ganzen Leib niederwerfen, Kerzen anzünden und räuchern; die ihre Gebete an eine Statue richten, ihre Wünsche vor Holz und Stein aussprechen und wenn ihr Wunsch in Erfüllung gegangen ist, sich bei einer unbeseelten Sache bedanken; wie wirst du die Zielrichtung dieses äusserst schweren Vorwurf zurückweisen können? Auf welche Weise wirst du ihn aus der Welt schaffen können? Oder werden wir leugnen, dass es unter den Christen Bilder gibt? Man sieht aber doch Kirchen, die angefüllt und vollgestopft sind mit Bildern. Und zu welchem Zweck? Dumme Frage: nämlich, damit sie die Seligen darstellen, die im Himmel wohnen, und denen Ehre zu erweisen die Religion selbst befiehlt, und die denen helfen, die sie um ihre Hilfe bitten und für die empfangene Wohltat ihre Dankbarkeit erklären.

[...]

fol. c7vo

In diesem Punkte widersprechen die Apostel den Türken nicht, da sie mahnen, sich vor den Götzen und Bildern zu hüten, nirgends aber lehren, dass man sie machen und verehren soll. Die Urkirche hält es mit den Türken, weil sie lange Zeit keine Bilder hatte.

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fol. d1ro-vo

Aber wie haben wir die Stirn, den Türken ihre Polygamie vorzuwerfen, wo doch bei uns eine solche Freizügigkeit und Straflosigkeit im Hinblick auf die Unzucht besteht? Damit ich von den Ehebrüchen und Vergewaltigungen von Jungfrauen schweige, die man unter den meisten Christen schon für einen Scherz und nicht für Schandtaten hält. Damit ich nicht an die Blutschande rühre, damit ich nicht an die Keuschheit der ganz und gar unreinen Zölibatären rühre, die heucheln, sie seien Eunuchen für das Reich Gottes und doch vollziehen, was schon beim Namen zu nennen unschicklich ist.

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fol. g3ro-vo

Um das Jahr 1300 herum setzte Othoman, der Sohn des Othugrulaus, ein Mann, den Galatien hervorgebracht und erzogen hatte, die türkischen Heere wieder in Bewegung, nachdem er Anatolien und Bithynien eingenommen hatte und nicht wenige Städte am Schwarzen Meer. Wer nicht sieht, dass man diese Katastrophe dem nur dem Namen nach christlichen Volk zuschreiben muss, der besitzt kein Urteilsvermögen, keinen Geist und überhaupt keine Wahrnehmung. Denn zur selben Zeit herrschte über die Kirche von Rom Bonifaz VIII., ein Mann von monströser Gottlosigkeit, der seinen Vorgänger Cölestin durch die Anstiftung satanischer Engel überredete, das Papsttum niederzulegen, so als ob er von göttlichen Stimmen ermahnt würde, eine Last abzulegen, der er nicht gewachsen wäre. Der unselige Bonifaz schlich sich in die Kirche wie ein Fuchs, leitete sie wie ein Wolf und verliess sie wie ein Hund, gemäss jenem Bonmot, das über ihn verbreitet wurde. Er gab die Dekretalen heraus, erneuerte das Jubiläum, eine abgeschaffte jüdische Zeremonie, und veranstaltete es in Rom in dem gleichen Jahr, in dem das Türkenvolk, nachdem es durch die Jahre, in denen es unterdrückt schien, wieder Atem gefasst hatte, begann, den Erdkreis mit neuen Stürmen zu schlagen, wobei weder furchtbare Kometen noch Erdbeben den Papst, die Vornehmen oder das Volk dazu bewegen konnten, zu einer besseren Erkenntnis der christlichen Religion zu gelangen.

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fol. l5ro-vo

Einst spüren wir, dass Gott beleidigt ist, und wir besänftigen ihn nicht. Durch unsere Sünden sind die Barbaren stark. Durch unsere Laster wird das römische Heer besiegt. Und als ob das nicht genug an Katastrophen wäre, haben Bürgerkriege fast mehr vertilgt als der Dolch des Feindes. Arme Israeliten, in Vergleich zu denen Nebukadnezar Knecht genannt wird. Unglücklich wir, die wir Gott so sehr missfallen, dass sein Zorn gegen uns durch die Raserei der Barbaren zerstörerisch wütet. Ezechias tut Busse, und 185.000 Assyrer wurden von einem Engel in einer Nacht vernichtet. Josaphat sang das Lob des Herrn, und der Herr siegte für seinen Lobpreiser. Moses kämpfte gegen Amalek nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Gebet. Wenn wir uns erheben wollen, werden wir niedergeschlagen. O Scham und törichte Geisteshaltung, die bis zum Unglauben geht. Das römische Heer, der Sieger über den Erdkreis und sein Herr, wird von diesen Leuten besiegt: Es fürchtet sie, es erschrickt beim Anblick dieser Leute, die doch nicht einmal vermögen, auf dem Boden zu gehen. Sobald sie die Erde berühren, glauben sie, sie seien tot. Und wir verstehen nicht die Worte des Propheten: Tausend werden fliehen vor einem einzigen Verfolger? Und wir schneiden nicht die Ursachen der Krankheit weg, damit die Krankheit gleichfalls beseitigt wird; und sofort lasst uns sehen, wie die Pfeile den Lanzen, die Turbane den Helmen, die Klepper den Streitrössern weichen.

Ende des Ratschlags des Theodor Bibliander

 

3. Vergleichsstellen aus der Türkenschrift des Erasmus von 1530

Desiderius Erasmus, Consultatio De bello Turcis inferendo, et obiter enarratus Psalmus XXVIII cum cura recens editum, Wien, H. Vietor für U. Alantsee, 1530. (Seiten 60, 91-92, 101-102)

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S. 60

Denn der heilige Paulus gewährt uns eine gute Hoffnung, dass es geschehen wird, dass einst das so überaus starrsinnige Volk der Juden in dem gleichen Schafstall versammelt wird und mit uns zusammen Jesus als einzigen Hirten anerkennt. Wie viel mehr darf man das von den Türken hoffen und den übrigen Barbarenvölkern, von denen, wie ich höre, keines Götzenbilder verehrt, sondern sie besitzen ein halbes Christentum.

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S. 91-92

Was soll ich aber über ihre Polizeiordnung sagen? Was für gerechte Gesetze gibt es bei jenen? Was auch immer der Tyrann beschliesst, ist Gesetz. Was ist die Autorität des Senats? Welche Theologenschulen gibt es? Was für heilige Predigten? Was für eine religiöse Redlichkeit? Sie haben eine Sekte, die aus Judentum, Christentum, Heidentum und der Häresie der Arianer zusammengemischt ist.

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S. 101-102

Auch wenn er [=Gott] bei Jesaia die Opfer derer verabscheut, deren Hände voller Blut waren, so wird er noch mehr unsere Kriege verabscheuen, wenn wir an die Sache herangehen und dabei mit Lastern mehr beladen sind als mit Waffen. Das zielt darauf ab, dass wir, wenn wir den Krieg gegen die Türken beginnen, während Gott uns zürnt, nichts zu erwarten haben als einen traurigen Misserfolg und eine elende Verwirrung aller Angelegenheiten; wenn wir aber, wie es notwendig ist, unser Leben bessern, um Gottes Erbarmen für uns zu gewinnen, müssen wir bei den Fürsten anfangen. Denn dass im Volk keiner schlecht ist, darf man kaum hoffen, auch wenn es sehr zu wünschen ist. Und es ist freilich nicht ebenso wichtig, wie der einfache Soldat ist, wenn Monarchen und Heerführer einmütig darin sind, das Gute zu tun.

[...]

 

4. Ausschnitt aus der Apologie für die Koranübersetzung von 1543

Machumetis Saracenorum principis, eiusque successorum vitae, ac doctrina, ipseque Alcoran: Quo velut authentico legum divinarum codice Agareni & Turcae, aliique Christo adversantes populi reguntur .... His adiunctae sunt confutationes multorum, et quidem probatissimorum authorum, Arabum, Graecorum, et Latinorum, una cum doctissimi viri Philippi Melanchthonis praemonitione. Quibus .... Adiunctae sunt etiam, Turcarũ, ..., res gestae maxime memorabiles, a DCCCC annis ad nostra usque tempora / Haec omnia in unum volumen redacta sunt, opera & studio Theodori Bibliandri, Ecclesiae Tigurinae ministri, qui ... Alcorani textum emendavit, & marginib. apposuit Annotationes, Basel, Brylinger für Oporin, 1543.

fol. α3vο-α4ro (erschlossen)

An die höchst ehrwürdigen Väter und Herren Bischöfe und Gelehrten der Kirchen Christi; eine Apologie für die Herausgabe des Koran; Autor: Theodor Bibliander

Dass die Lehre Mohammeds, die seit ungefähr 900 Jahren einen sehr grossen Teil des bewohnten Erdkreises besetzt hält und ihn wie ein Krebs abgeweidet hat, nicht alleine für sich veröffentlicht wird, sondern zusammen mit einer sehr schlagkräftigen Heerschar von Schriftstellern, die diese Lehre nicht so sehr zum Schweigen bringen, wie sie sie widerlegen, wie sie sie erdrosseln und fertig machen: Ich hoffe, dass dieses Faktum keinem um die christliche Religion bemühten Mann, der sowohl gebildet als auch beherzt ist, missfällt.

Viel mehr muss man dem Eifer und der Mühe des Druckers Gunst schenken, der nicht ohne Geldkosten und Arbeit diese Bücher aufgespürt und zusammengestellt hat, damit sie in den allgemeinen Gebrauch der Wissenschaftler gelangen und von ihnen kritisch beurteilt werden, als dass hier Abbitte für irgendeine Schuld zu leisten wäre. Aber weil ungelehrte und schlechte Menschen ebenso wie gelehrte und moralisch integere Menschen für sich das Recht auf Literaturkritik in Anspruch nehmen, geben sich viele ungeheure Mühe, alle Leistungen (egal wessen) zu tadeln und zu verleumden; und deshalb habe ich gemeint, ich müsse bei Euch, den Vorstehern der christlichen Religion, Rechenschaft über diese Ausgabe ablegen, deren Autor ich, wie ich bekenne, zu einem grossen Teil bin; in Eurem Interesse ist es ja vorzüglich, die fromme Lehre unbeschadet zu bewahren und ganz weit zu verbreiten, schädlichen Dingen aber mit Vernunft und Ordnung zu widerstehen.

Zunächst werde ich zeigen, dass, auch wenn der Kodex der mohammedanischen Lehre, den die Araber Koran nennen, und die Bücher seiner Anhänger sehr viel Falsches, Gottloses und Blasphemisches enthalten, das dennoch nicht heisst, dass man sie nicht lesen darf, und auch nicht, dass die Veröffentlichung dieser Bücher die Kirche ins Wanken bringt. Hierauf werde ich aufzeigen, dass die Kenntnis der Lehre und der Geschichte der mohammedanischen Sekte für Christenmenschen in vielfacher Hinsicht nützlich ist, zumal in unserer Zeit.

Denn wenn man nichts lesen dürfte, ausser dem, was ganz frei von jeder Lüge und jeder unfrommen Verderbnis ist und in jedem Detail mit der Heiligen Schrift übereinstimmt, würden die Christenmenschen sehr schlecht handeln, welche die Bücher der heidnischen Philosophen und Dichter so oft abschreiben und in den privaten Bibliotheken und in den öffentlichen der Kirchen aufstellen und sie eifrig lesen und ihren Knaben in den Schulen erläutern; diese Bücher enthalten und lehren sicher nicht weniger Gottlosigkeit, wenn man sich ihrer als Lehrer bedienen will, als der mohammedanische Koran. Denn entweder leugnen sie Gott geradewegs, dessen Existenz doch die Natur selbst allen Menschen beweist, oder sie sind sich in diesem Punkte unschlüssig, oder sie erfinden mehrere, geradezu unendlich viele Götter. Und die, welchen sie übersinnliche Kraft und Göttlichkeit andichten, denen schreiben sie zu, was – ich sage nicht: bei tüchtigen Menschen unwürdig wäre, sondern was man in einem wohlgeordneten Staatswesen bei keinem nichtswürdigsten Menschlein dulden dürfte.

Um in der Zwischenzeit ganz davon zu schweigen, dass sehr viele von ihnen die Auferstehung der Leiber, die Unsterblichkeit der Seele und die Belohnungen für die Guten und die ewigen Strafen für die Bösen nach diesem Leben leugnen und verlachen. Sobald diese Überzeugung den Geist des Menschen in Beschlag genommen hat, führt sie ihn so weit von jeder Pflicht und Menschlichkeit weg, dass kein Wild, keine noch so giftige Bestie wilder und schädlicher ist als es der Mensch dem Menschen ist. Dies alles bekämpft der gottlose Mohammed im grösstmöglichen Umfang. Um auch von der Zügellosigkeit mancher Dichter und ihrer Obszönitat zu schweigen, mit der (wie sie sagen) sie ihre Gedichte wie mit Süssigkeit würzen. Um noch viele andere derartige Dinge zu übergehen. Daher haben manche ernsthafte Männer nicht gezögert, die frivolen Dichter Flöten des bösen Dämons zu nennen, so dass er sie selbst inspiriert und versucht, durch sie den Menschen todbringende Empfehlungen zu geben. Auch Tertullian, ein erstklassiger Theologe, nennt die Philosophen Patriarchen der Häretiker. Dennoch werden ihre Bücher durch die Druckkunst verbreitet und aufgeschlagen und der Jugend in den Schulen gemäss einer so allgemein akzeptierten Sitte vorgesetzt, so dass jemand, der das tadelt, geradewegs den Vorwurf zu hören bekommt, er sei ein Esel. Dass die Philosophen, Dichter und anderen Schriftsteller der Heiden gelesen werden, erlauben Augustinus, Basilius, Hieronymus, Beda und die anderen höchstrangigen Theologen nicht nur, sondern sie raten und ermuntern dazu; und das nicht nur, um Gesprächsfähigkeit im Lateinischen und Griechischen zu erwerben, sondern auch, damit der Aberglauben und die schlechten Ansichten der Heiden erkannt und anderen mitgeteilt werden, damit sie sich davor hüten können; und um Waffen für die Schlacht gegen die Feinde vorzubereiten, wenn man je einmal mit ihnen kämpfen muss. Dazu kommt, dass alles, was man an Wahrem, Guten und Richtigen in ihren Schriften findet, gleichsam den unrechtmässigen Besitzern entrissen und zum Besitz der Kirche gemacht wird. Da also im Buch des sarazenischen Gesetzes nicht mehr falsche und gottlose Lehren stehen als in den Schriften der Heiden, die doch von den Händen der Christen fast täglich ausgiebig gebraucht werden, kann ihre Lektüre einem frommen und klugen Leser auch einen nicht geringeren Nutzen bringen als die Lektüre dieser; darüber wird an anderen Stellen noch mehr gesagt werden; ich hoffe, Ihr hochgelehrten und tiefreligiösen Männer, Ihr Herren und verehrungswürdige Väter, ihr werdet die Koranausgabe am wenigsten tadeln, zumal da Ihr so viele Schriftsteller angefügt sind, die alle Irrtümer aufdecken und widerlegen. Ich vertraue auch darauf, Ihr klugen Männer, dass Ihr mit Leichtigkeit verstehen werdet, dass die, welche uns deshalb Vorwürfe machen, weil wir den Koran herausgegeben haben oder uns um seine Herausgabe bemüht haben, mehr von privaten Leidenschaften dazu getrieben werden als von Eifer für die Kirche, welchen sie nur vorschützen.

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5. Textkritische Anmerkung zur Koranübersetzung 

S. 230

An den wissbegierigen Leser,

Wir haben uns selbst bei der Beschreibung der Religion eines höchst erbitterten Feindes unserer Religion einer solchen Gewissenhaftigkeit und Treue befleissigt, dass wir es für der Mühe wert hielten, bei unserem ersten Exemplar, das wir zwar in allen Einzelheiten nachzuahmen beschlossen hatten, das jedoch sehr verdorben war – nachdem wir es mit zwei anderen Handschriften verglichen hatten, die wir mit Hilfe von Freunden in die Hand bekommen hatten, und nachdem wir, wo es notwendig schien, auch eine sehr gute und stark verbesserte Handschrift zu Rate gezogen hatten – alle Punkte anzumerken, wo sich jene in Varianten voneinander unterschieden, oder auch, wo unserem Geist zufällig eine bessere Lesart einfiel, und dies hier gesondert anzufügen. Deshalb, christlicher Leser, sei diesem unserem Fleiss gewogen.

 

6. Ein Zeugnis für die schwierigen Umstände der Publikation der Koranübersetzung: Brief Heinrich Bullingers an Joachim Vadian aus dem Dezember 1542 

Kantonsbibliothek St. Gallen, VadSlg 34, fol. 160-161; hier: fol. 161 ro-vo (Autograph), ediert in: Vadianische Briefsammlung 6 (1541-1551), hg. von E. Arbenz/H. Wartmann, St. Gallen, Fehrsche Buchhandlung, 1908, 181-186, hier: 185.

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Ich könnte Dir Erstaunliches über den Koran mitteilen, wenn ich Zeit und Musse hätte, vor allem aber, wenn mein Kopfschmerz mich liesse. Nur kurz: Johannes Oporin hat das Gesetz Mohammeds, das man Koran nennt, gedruckt und ihm einige griechische und lateinische Widerlegungen hinzugefügt, ebenso Geschichtsberichte über die Araber, Sarazenen und Türken bis in unsere Zeit; es ist ein herrliches und bemerkenswertes Werk. Verfasst hat es unser Freund, der Herr Theodor, und zwar mit dem Ziel, die mohammedanische Perfidie und das Türkenreich zu bekämpfen, und er hat ihm ein elegantes Vorwort vorangestellt. Aus Italien wurde ihm ein arabisches Exemplar des Korans geliefert, er hat zudem zwei lateinische verwendet, und er hat das Ganze mit seiner eigenen Hand abgeschrieben. Da die Arbeit ihn erschöpft hatte, lag er im Juli einige Wochen krank. So viel hat jenes Werk gekostet; als es schon kurz vor der Publikation stand, haben irgendwelche Esel dem hochherrlichen Rat der Stadt Basel eingegeben, es dürfe keineswegs gestattet werden, dass das Gesetz der Türken von Basel aus verbreitet werde. Die Pastoren Myconius, Marcus, Gast, Cellarius etc. stellten sich gegen diese Entscheidung und wiesen nach, dass diese Publikation ein frommes Werk sei; die anderen aber setzten sich durch, und Oporin wurde eingesperrt und der Koran beschlagnahmt. Dies geschah vor der Frankfurter Herbstmesse. In der Zwischenzeit hatte Luther gehört, in Basel sei der Koran gedruckt worden, und er schrieb deshalb an den Rat und beschwor sie, das Werk zu veröffentlichen; er habe sich nämlich immer schon ganz ausserordentlich gewünscht, dieses Buch zu Gesicht zu bekommen etc. Du wirst zu einem passenden Zeitpunkt ein Exemplar seines Briefes bekommen. In diesen Tagen haben auch wir Kirchendiener nach Basel geschrieben. Was geschehen wird, weiss der Herr, und auch Du wirst es erfahren.

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