Das Chronicon des Konrad Pellikan aus Rufach, das er für seinen Sohn und seine Enkel verfasst hat. 1544.

Traduction (Allemand)

Traduction: Clemens Schlip (französischer Originaltext der Anmerkungen von Kevin Bovier)


Konrad Pellikan wünscht seinem Sohn Samuel mit väterlicher Empfindung Furcht gegenüber Gott, weil sie der Beginn der heilbringenden Weisheit ist – welche durch den heiligen Geist vermehrt wird durch das heilige Studium des Gotteswortes –, zusammen mit dem wohlriechenden Ruf, Tugenden und Verdienste zu besitzen, ein mässiges Vermögen und eine Nachkommenschaft, die Gott und den Menschen lieb und gefällig ist, zum Ruhme des besten und grössten Gottes und zum Heile der Nachkommen und Deiner Heimat, die auch die meine ist. Weil ich will, dass Du bekommst, was mir zu meinem Bedauern geraubt worden ist, die Geschichte Deiner Vorfahren, ihr Geschlecht, ihre Studien, Wohnorte und Schicksale – und dies zu Deiner Belehrung und der unserer Nachkommen (wenn der Herr, was ich wünsche, es für angemessen halten wird, uns fromme und dem Heile der Nächsten und dem Ruhme Gottes nützliche Nachkommen zu schenken), zu Deiner und ihrer Ermahnung und als Vorbilder für guten Taten –; damit auch Du Dich konsequent bemühst und ermunterst, in Deiner Lebenszeit gleichermassen aufmerksam zu sein, Dir Anmerkungen zu machen und sie zur Kenntnisnahme durch Deine Nachkommen als Exempel aufzuschreiben, als heiliges und nützliche Erinnerung, nicht als Gegenstand zum Angeben für die Väter, sondern als Gegenstand für den Unterricht der Söhne; derartiges müssten gelehrte Vorfahren und ihre Nachkommen versuchen. Das haben die Gelehrten, die im Zölibat leben, bisher nicht vermocht; anderenfalls hätten ihre Söhne sehr viele Tugendexempel von ihren Vätern empfangen, und man hätte sich nicht nur um die aus Reichtümern bestehende Erbschaft gekümmert, sondern hätte vielmehr den heiligen Unterricht auf die Nachkommenschaft ausgedehnt.

Als Greis im 66. Lebensjahr habe ich beschlossen, dies mit Dir zu tun, allerliebster Sohn, nachdem ich viel geschrieben habe, was Deinem Nutzen diente, wovon ich aber beschlossen habe, dass es nicht öffentlich gemacht werden soll, sondern nur Dir und unseren Bekannten mitgeteilt werden soll, damit ihr Fortschritte macht in der heiligen Religion, auf die alleine ich seit nun schon gut fünfzig Jahren Acht gegeben habe. Die weltlichen Wissenschaften habe ich jedenfalls nur gekostet, wobei ich nichts verachtete, aber sie immer hinter die Theologie stellte, weil ich von Jugend an verstanden habe, dass ich ihr von Gott geweiht worden bin. Ich habe verstanden, dass ihr Niessbrauch mir dank der Gnade Gottes viel genutzt hat bis in mein Greisenalter und die Zeit der Altersschwäche hinein, so dass Gott mich nie verlassen hat. Im Gegenteil, er hat mich als eifrigen Bewunderer seines Wortes gehalten und gerettet vor vielen Unglücksfällen in dieser Welt und hat mich zu einem angenehmen Leben befördert, ausreichend glücklich durch seine Gnade; dies hat er allen versprochen, die seinen Namen lieben und Tag und Nacht über sein Gesetz nachsinnen. Obwohl ich aber gemäss dem allgemein verbreiteten Vorbild vieler Menschen, mit denen ich zusammengelebt habe, einen sehr grossen Teil meiner Zeit mit eitlen Angelegenheiten und Studien verschwendet habe, habe ich im Vergleich mit anderen nicht wenig Anstrengung auf die heilige Religion verwendet und im Hinblick auf meine Berufung ausreichende Fortschritte gemacht, meine Berufung, der ich hinlänglich gefolgt bin, aber sorgfältig über das hinlängliche Mass hinaus, da mich die Missgunst der Zeitläufte nicht wenig daran hinderte. Deine Zeit ist für Dich glücklicher aufgestrahlt, was das Studium der Wissenschaften betrifft; hoffentlich wird Dir in gleicher Weise auch ein unschuldsvolles Leben zuteil und ein ruhiger Friede, wie sie mir durch Gottes Geschenk und Gnade zuteil geworden sind, wofür ich Gott Dank schulde und ihm nach Kräften danke.

[…]

Im gleichen Folgejahr [=1502] hatte Johannes Amerbach, den man den Älteren nennt, damit begonnen, die Gesammelten Werke des heiligen Augustinus zu drucken, und er hatte dafür auf die Hilfe, die Mitteilungen und die Arbeit eines gewissen hochgelehrten Herrn Augustin Dodus zurückgegriffen, eines Chorherrn an St. Leonhard, der begonnen hatte, Inhaltsangaben zu den einzelnen Büchern des heiligen Augustinus zu verfassen, aber wurde von der Pest befallen und stellte die Arbeit nicht fertig, sondern überliess es anderen, sich eifrig dieser Aufgabe zu widmen. Es gab einen hervorragenden Prediger und hochgelehrten Minoriten, Franziskus Wyler aus Basel, einen angeheiraten Verwandten Amerbachs, und diesen gewann er für die Aufgabe, kurze Inhaltsangaben zu liefern (und zwar nicht nur zu den Büchern, sondern zu den einzelnen Kapiteln).

Dies tat er ein ganzes Jahr hindurch, wobei er viele Bücher durchlas und in Kapitel unterteilte, die früher eine solche Gliederung nicht besessen hatten. Im Folgejahr wurde er aber versetzt, und wiederum war der höchst ehrwürdige Verleger untröstlich. Er trat an mich heran, der ich zwar noch sehr jung, jedoch sehr arbeitskräftig war, und bat mich, die Aufgabe jenes Versetzten zu übernehmen, und die gleiche Arbeit zu übernehmen und den noch nicht gegliederten Büchern eine Kapiteleinteilung zu geben, und die derart unterteilten Bücher mit einer Inhaltsangabe an jedem einzelnen Kapitelanfang zu versehen. Ich nahm diese Arbeit nur unwillig auf mich, aber ich verstand mich dazu, weil ich mich von seinen Höflichkeitsbezeigungen und Bitten einnehmen liess, und so habe ich die noch erhaltenen 150 Bücher Augustinus auf diese Weise noch einmal durchgelesen und versucht, sie mit Inhaltsangaben zu erläutern, da man mich mit so nachdrücklichen Bitten geheissen hatte, dies zu tun; ich spreche von allen Büchern, in denen der Leser kürzere Inhaltsangaben vorfindet: Dort, wo sie ausführlicher ausfallen, ist das das Werk des vorhin erwähnten Franziskus; ich habe mich nämlich nach Kräften um Kürze bemüht. Es wurden dann vom Magister Johannes Amerbach 2200 Exemplare in jeweils elf Teilen auf einmal gedruckt. Dieser Amerbach war ein hochgelehrter und erstaunlich sorgfältiger Mann, der seine Bücher mit ebenso viel Aufwand wie Mühe korrigierte, wobei ihm zwei oder drei Lektoren halfen. Und obwohl es sich um so viele Exemplare handelte, sollte keine Nachlässigkeit seinerseits dem Werk irgendwie Abtrag tun; ja er wollte sogar wegen eines falsch gedruckten Ausdrucks lieber eine ganze Tagesarbeit auf seine Kosten wiederholen; dies wird jedem klar, der sich die Ausgabe aufmerksamer anschaut. Seit dieser Zeit war jener Mann mir ein sehr guter Freund, und zusammen mit ihm auch Johannes Froben: Sie liessen den Minoritenbrüdern als Gegenleistung für meine Mühen viele Wohltaten zuteilwerden und liessen nicht zu, dass ich auch nur eines nützlichen Buches entbehren musste, ich, der ich doch ein elender Bettler war und von meiner Armut so stark behindert wurde, die mir andererseits manchmal aber auch erstaunliche Vorteile gebracht hat.

[…]

Ich kam krank in München an; dort musste damals im August das Provinzialkapitel begangen werden. Ich aber wurde täglich schwächer, bis man verzweifelt um mein Leben fürchtete, so dass ich nicht mehr aussprechen konnte, was ich sagen wollte. Der Provinzial Schatzger selbst spendete mir unter Tränen die beiden Sakramente. In der Zwischenzeit kamen die Patres aus der Provinz zum Münchner Kapitel zusammen; man verhandelte, was zu verhandeln war, und ich gesundete allmählich. Ich bat den Provinzial, mich im Falle meiner Gesundung nicht zusammen mit den Patres zum Guardian an irgendeinem Ort zu ernennen, da ich lieber die Brüder lehren wolle, wie ich es schon viele Jahre lang gemacht hatte. Der gute Mann trat für mich bei den Patres ein, damit ich nicht Guardian werden musste. Sie aber stimmten unter der Bedingung zu, dass ich das Amt eines Visitators für die Schwestern des Dritten Ordens im Gebiet des oberen und unteren Schwaben (das heisst Allgäu und Württemberg) annähme, also für ungefähr sechzig Häuser. Als mir der Provinzial kundtat, dass das schon fast beschlossene Sache sei – wobei sie glaubten, dass ich durch ein solches Amt geehrt werden müsse, das, ganz abgesehen von den Ergötzlichkeiten an Speis und Trank, die es mit sich brachte, eine Visitationsreise war, die sich alle sehr zu erhalten wünschten –, habe ich dennoch, als ich von dieser Wendung der Dinge hörte, Pater Satzger geantwortet: Wenn es so gehandhabt werden solle, dass ich als Leiter so vieler weiblicher Häuser eingesetzt würde, wollte ich lieber drei Guardianposten über Brüder annehmen als diese Last auf mich nehmen, die für mich ganz untragbar und höchst gefährlich sei. Als die Patres hörten, dass ich dieses so grosse Risiko ablehnte, ordneten sie in ihrer guten Gnade an, dass ich Guardian in meinem Konvent sein solle, das heisst in Rufach. Also übergab mir der Provinzial nach dem Kapitel ein sehr sanftes Maultier, auf dem ich die ganze Reise lang ritt. […]