Drei Briefe an seinen Vater Johann Conrad Ulmer

Traduction (Allemand)

Brief vom 11. Februar 1583

Ich grüsse Dich

Seit dem Tag, an dem wir von Euch fortgegangen sind, ist zwar noch nicht so viel Zeit vergangen, dass ich mit einzigartiger Sehnsucht an Euch schreiben könnte oder möchte. Aber um Mutters Mahnung zu gehorchen und um Eure unruhige Sorge um uns irgendwie zu lindern, konnte ich nicht nur, sondern musste ich Euch unsere erklärenswerte Lage in wenigen Worten schildern – selbst wenn wir es sehr eilig haben, unsere Angelegenheiten zu erledigen.

In der Tat sind wir gesund und unversehrt nach Tübingen gereist. Für diese Wohltat schulden und zollen wir Gott grössten Dank. Wir sind hier am siebten Februar um zehn Uhr vormittags angekommen; eine frühere Ankunft haben sowohl die grosse Kälte als auch einige ungepflegte Strassen verhindert. Das alles war bisher gut erträglich und wir hoffen, dass es weiterhin so sein wird.

Am selben Tag ist uns eine Unterkunft angeboten worden, die wir sogleich angenommen haben. Sie gehört dem angesehenen Mann und Bürger Magister Paul Calwer, einst ein Professor der griechischen Sprache an der Strassburger Akademie, der zurzeit wegen des fortgeschrittenen und kränklichen Alters und auch wegen der Schwierigkeiten beim Sprechen ohne den akademischen Posten lebt. Einen Tisch und ein Zimmer haben wir in demselben Haus, sodass es selten nötig ist, dass wir (wie es die meisten an diesem Ort tun) nach dem Essen die Gassen überqueren. Für die Mahlzeit aber muss man einen Gulden bezahlen. Ein solcher Preis für die Verpflegung ist in dieser Stadt üblich, wenn man ausserhalb des Studentenhauses leben will. Das Zimmer wird für acht Gulden vermietet, in diesem lebt auch ein Zürcher, der Sohn eines Pfarrers aus Flaach, mit uns (dieser, bei dem Herr Bartholomäus Peyer wohnen wollte). Er teilt den zu bezahlenden Preis mit uns. Platz haben wir genug darin, sodass drei gemütlich dort wohnen können. Einer ist nämlich von den zwei anderen in einem kleinen Zimmerchen getrennt, das aber dennoch die Wärme aus dem anderen Teil erhält. Was unterdessen für ein Bett bezahlt werden muss, wissen wir bis jetzt nicht. Anderswo werden nämlich vier Gulden für ein einzelnes Bett verlangt, sodass wir zweifeln, ob der Preis der Ganze ist, wenn zwei in einem Zimmer schlafen oder ob er geteilt zu verstehen ist. Oder vielleicht muss man die zwei Betten für alle drei ebenso im mathematischen Verhältnis, wie auch das Zimmer für ebenso viele bezahlen.

Aber über diese Dinge werden wir Dir Sichereres schreiben, da wir uns bestimmt demnächst einigen werden. Die Unterkunft ist nämlich von uns unter der Bedingung angenommen worden, dass erst eine achttägige Probezeit abgewartet wird. Entweder würden wir nach dieser Probefrist die Wohnung und die Mahlzeit ganz annehmen oder das von uns verlangte Geld für zukünftige Ausgaben sparen. Dies alles wurde nicht ohne Herrn Schnepf zu Rate zu ziehen getan, der sich grosszügig und bereitwillig sowohl für diese als auch für zukünftige Angelegenheiten verbürgte. In welcher Weise er dies tun wird, muss zu seiner Zeit erfahren werden. Im Übrigen, damit ich dies nicht vergesse: An unseren Tisch kommen auch andere, deren Zimmer an anderen Orten gelegen sind. Unter diesen gibt es drei angesehene junge Männer, von denen einer adelig ist, der andere ist Herr Bäumler aus Zürich, ein Gefährte von Heinrich Schwarz.

Die Mahlzeit war soweit stattlich genug für diesen Preis, durchaus stattlicher als sie es in Basel gewesen ist. Deshalb, falls Dir der Preis und die Unterkunft ebenso gefallen sollten, wie sie uns bisher gefallen haben, würde ich meinen, dass wir so lange hierbleiben müssen, bis wir anderswohin geschickt werden oder uns andere Beschwerden sehr belästigen sollten. Ich glaube aber, falls der frühere Zustand Neustadts wieder hergestellt wird, dann können wir nicht mehr lange hier wohnen, und zwar nicht nur wegen der übermässigen Kosten, sondern auch wegen der freien Tage der Professoren und deren Nachlässigkeit beim Unterrichten. Ich höre, dass sie in einem Jahr kaum ein Semester mit Unterrichten verbringen. So war ich bisher nie in einer Vorlesung, und auch in der folgenden Woche kann ich, weil das Bacchusfest gefeiert werden muss, zu keiner hingehen. Von den Predigern habe ich gestern zum ersten Mal Schnepf und Schmidlin gehört. Die Predigten wurden ohne Spott gegen die unsrigen vorgetragen. Ich wollte, später würden immer ähnliche gehalten.

Stierlin möchte wissen, ob die Möglichkeit, um für eine Weile mit uns zu wohnen, auch für ihn irgendwie ausreichen würde. Am besten aber, so hoffe ich, kann er dies erreichen, wenn er sich solange sparsam und bescheiden im Studentenhaus aufhält. Nichts also wird ihn daran hindern, zu uns zu kommen, bevor er nach Strassburg zurückkehrt.

Unser Mobiliar ist uns noch nicht übergeben worden, und auch das des Herrn Bartholomäus Peyer hat man uns bisher nicht schicken können. Wir hoffen aber, dass der Fuhrmann aus Reutlingen in den nächsten Tagen die Mühlsteine nach Zürich bringen wird (wie er es Schwarz versprochen hat); dieser wird dessen Hausrat ohne Zweifel zu sich nehmen, und wenn er ohne Fracht hierher zurückkehrt, wird er auch unseren heranschaffen. Damit dies umso einfacher geschehen kann, müsst Ihr euch Mühe geben, ihn zu überreden. Er wird aus Zürich nach Schaffhausen kommen und sich an Schwarz wenden. Dies ist der Fuhrmann, der dem Sohn von Herrn Schwarz [auch] das Geld, das er braucht, auszuzahlen pflegt.

Sonst habe ich nichts Neues, abgesehen von dem, was Herr Kraus behauptet: Es heisst, dass die Türken, die vor Kurzem von den Persern besiegt wurden, 1027 ihrer Soldaten in der Schlacht verloren haben.

Dies wollte ich Dir in sehr kurzer Zeit schreiben. Mehr werde ich Euch schreiben, wenn sich eine günstigere Gelegenheit bieten wird. Lebt wohl und friedlich. Bitte grüsse mit meinen liebevollen Worten die Mutter, die Brüder und Schwestern, Herrn Köchlin, Herrn Jezler, Herrn Grübel und alle, wie viele auch immer, die mich nett erwähnen, Margareth, Regula und die anderen.

In grosser Eile schrieb ich in Tübingen am 11. Februar im Jahre 1583.

Dein geliebter Sohn, Johannes Ulmer

An den Mann von beeindruckender Frömmigkeit und Gelehrsamkeit, Johann Conrad Ulmer, Pfarrer der Schaffhauser Kirche, seinem ehrenwerten Vater. Zu Schaffhausen.

 

Brief vom 15. Februar 1583

Ich grüsse Dich

Ich glaube, dass Euch aus den Briefen, die wir vor Kurzem durch Stülz an Euch gesandt haben, der Zustand unserer derzeitigen Lage ausreichend klar geworden ist. Wider Erwarten und trotz der ihm zugestandenen freien Zeit wird mir nun die Abreise des Reutlinger Fuhrmanns, den ich auch in den vorherigen Briefen erwähnt habe, bekannt gegeben. Ich meinte also, dass es nicht zu unterlassen ist, mit wenigen Worten wieder in Erinnerung zu rufen, was ich in den vorherigen Briefen über ihn geschrieben habe. Ich glaube aber (obwohl es mir noch nicht möglich gewesen ist, ihn zu treffen), dass er bei seiner Rückkehr unseren Hausrat, der angeblich noch in Rottweil sein soll, zu einem sowohl für ihn als auch für uns passenden Zeitpunkt nach Tübingen überführen kann. Deshalb wird es an Euch liegen, ihn persönlich an die Abmachung zu erinnern.

Ob er wirklich das Fass des Herrn Bartholomäus mit sich bringen wird, weiss ich noch immer nicht. Ich habe heute nämlich nicht erfahren, was Herr Schwarz gestern mit dem Fuhrmann vereinbart hat, mit dem er sich traf, ohne dass wir es wussten. Schwarz, dem diese ganze Angelegenheit anvertraut wurde, hat ohne Zweifel getan, was er konnte.

Ich glaube aber, dass Ihr mir durch diesen Fuhrmann die zurückgelassenen Sandalen leicht schicken könnt, wenn Ihr glaubt, dass es nötig ist. Wenn Ihr auch noch Leder hinzufügen würdet, wäre ich euch sehr dankbar. Allerdings sehen wir uns gezwungen, unbedingt einige Kerzen von Euch zu erbitten, mindestens 20 [für mich] und genauso viele für Frey. Wir konnten bis jetzt nämlich keine kaufen, und wir wissen ausserdem nicht, wann sie erhältlich sein werden. Ebenso bitte ich um jenes Verzeichnis der Gesänge, das ich aus Unwissenheit zurückgelassen habe und Philipp anvertraut habe.

Du bewahrst in Deiner Bibliothek die Kommentare von Philip Melanchthon zu Aristoteles‘ Ethik 1, 2, 3, 4, 5 auf, die ich wegen ihrer Kürze und Klarheit sehr schätze: Wenn Du diese entbehren kannst, füge sie zu oben genannten Dingen hinzu. Ebenso wünscht Frey sowie auch unser Zimmergenosse, dass man ihnen durch diesen Fuhrmann einige Bücher und Kerzen schickt. Das alles könnt Ihr in einem Bündel anfügen. Das wollte ich Euch kurz mitteilen. Lebt wohl.

Es ist sicher, dass hier in Tübingen zu Mariä Lichtmess alle Reben an den Ufern erfroren sind.

Ich lasse der Mutter, den Brüdern und den Schwestern Grüsse in meinem Namen ausrichten. Wie Du siehst, schrieb ich in grosser Eile.

15. Februar 1583

Wenn ich gewusst hätte, dass es Euch ein Dienst sein würde, wäre ich selber zum Fuhrmann nach Reutlingen gegangen, um Euch Hering, Stock- und Plattfisch zu schicken. Ich vermute aber, Ihr werdet davon in der Zwischenzeit bei Euch bekommen haben, falls nicht, will ich ein andermal Gelegenheit suchen, dies zu tun.

Dein geliebter Sohn, Johannes Ulmer

An den Mann von beeindruckender Frömmigkeit und Gelehrsamkeit, Johann Conrad Ulmer, Pfarrer der Schaffhauser Kirche, seinem ehrenwerten Vater dem jeglicher Respekt gebührt. Zu Schaffhausen.

 

Brief vom 18. März 1583

Ich grüsse Dich

Eure Lampen haben wir zusammen mit den Kerzen und den anderen Dingen am 21. Februar erhalten. Nun aber könnte ich mir vorstellen – allerdings ist es nicht sicher –, dass ein junger Schaffhauser, nachdem er bei uns Halt gemacht hat, nach Schaffhausen aufbrechen wird. Wir werden Euch durch diesen etwas darauf antworten und wir hoffen auch, dass wir durch ihn Briefe von Euch erhalten werden.

Du möchtest aber wissen, wie die Abmachung über den Preis der Zimmer und der Schlafstätte zwischen uns Zimmergenossen und dem Gastgeber getroffen wurde. Über den Preis für die Verpflegung wurde Dir ja bereits ein andermal berichtet. So aber wurde es zwischen uns und dem Wirt festgelegt: Für das Zimmer müssen acht Gulden, für das eine Bett, in dem zwei schlafen, also ich und Frey, fünf Gulden, und für das andere Bett, das unser Mitbewohner benutzt, vier Gulden bezahlt werden. Dieser Preis für uns ist also, verglichen mit vielen anderen, normal. Es scheint allerdings nicht Sitte zu sein, dass [all] diejenigen, die zusammen leben und schlafen, den gleichen Preis für das Zimmer wie auch für das Bett bezahlen. Deshalb war es uns noch nicht möglich, darüber mit dem Mitbewohner (der alleine in einem Bett schläft) einig zu werden. Dieser hat nämlich beschlossen, gemeinsam mit uns in einem Zimmer zu leben und ist darüber hinaus unseretwegen aus seinem Bett in ein schlechteres, engeres gewechselt. Es schiene daher gerecht, wenn wir alle (auch wenn er alleine schläft) den gleichen Preis für die Betten genauso wie für das Zimmer bezahlen würden. Und weiter ist sicher, dass das Bett, das er nun statt unserem belegt, so schmal ist, dass zwei darin nicht schlafen könnten. Trotzdem verhandeln wir auch über einen kleineren Preis. Wenn er einem solchen demnächst nicht zustimmen will, könnte es geschehen, dass wir in diesem Fall seinen Vorschlag akzeptieren (was wir aber nicht müssen). Der Preis, der für mich und Frey hinsichtlich unseres Bettes zustande käme, würde sich schliesslich nicht so sehr von dem aus früheren Zeiten unterscheiden. So müssten von jedem für das Zimmer und die Betten, im Hinblick auf das ganze Jahr fünf Gulden und zehn Batzen bezahlt werden. Dies aber überlassen wir Deinem Urteil, wie auch immer es ausfällt.

Wir hofften, dass wir über den Sohn des Kutschers aus Reutlingen, wie Du schreibst, sowohl die Briefe als auch unseren Hausrat erhalten würden. Allerdings wurde weder das eine noch das andere getan, ich weiss nicht, durch wessen Unachtsamkeit. Wir haben nämlich bis jetzt weder durch ihn noch durch einen anderen etwas erhalten.

Im Übrigen verhält es sich mit unserem Hausrat wie folgt: Jener Wirt aus Rottweil, bei dem unser Mobiliar ist, hat uns über einen zu uns geschickten Boten wissen lassen, er sei sehr unsicher und beunruhigt bezüglich des Überbringens des Hausrats. Er wünscht auch so schnell wie möglich zu erfahren, ob er ihn nach Reutlingen oder Rottenburg schicken soll. Dies könne er jede Woche tun. Ebenfalls sind wir durch den Reutlinger Fuhrmann benachrichtigt worden, dass unsere Habseligkeiten fast jede Woche bequem aus Rottweil zuerst zu ihm und dann zu uns gebracht werden können; er warte nur noch ab, was wir wollen. Weil wir ungern auf unseren Hausrat verzichten, nicht nur wegen der Bücher, sondern vor allem auch wegen der Kleider und weil gleichzeitig auch die Fracht sehr selten aus Reutlingen nach Tübingen gebracht zu werden pflegt, haben wir uns vor Kurzem nach Reutlingen begeben und die Angelegenheit dem Fuhrmann anvertraut, der uns versprach, er werde alles zuverlässig in die Wege leiten. Falls nun aber vor Ostern niemand von den Reutlingern nach Rottweil aufbricht, dann hat er versprochen, er werde sich umständehalber darum kümmern, dass die Sachen gleich nach Ostern von seinem Knecht, der nach Rottweil reisen wird, zu uns gebracht werden.

Inzwischen erwarten wir ungeduldig, was nun von Tossanus und Fries über Neustadt berichtet wird. Gewiss ist aber, dass viele melden, die Pest habe sowohl Strassburg als auch Neustadt vollständig verlassen. Deshalb sollst Du wissen, dass wir uns wünschen und darüber nachdenken, ganz dorthin zu ziehen. Damit Du mich richtig verstehst, bitte ich Dich, mir sorgfältig zuzuhören. Warum wir so denken, soll folgende Überlegung zeigen: Wir sind nicht deswegen nach Tübingen gekommen, um hier länger zu verweilen, als bis wir erfahren, dass sich der Zustand Neustadts gebessert hat, wo wir uns nicht nur für einen zweimal erträglicheren Preis, sondern auch mit grösserem Vorteil für unsere Studien aufhalten könnten.

Eines ist klar (was ich zu gegebener Zeit zeige und erkläre), wenn wir gezwungen werden, länger hier in Tübingen zu bleiben, werden wir viel grössere, ja gar unglaubliche Kosten tragen müssen. Du weisst nämlich nicht, wie viele Gelegenheiten und Verführungen zum Saufen sich bieten, die man (wenn man nicht von den anderen als unerfahrener und bäuerischer Mensch angesehen werden will) durchaus nicht vermeiden kann. Um das Übrige, das sich ausserhalb der Mahlzeiten ereignet, zu verschweigen, führe ich als einziges das an, was am Tisch selbst zu geschehen pflegt. Dort wird in der Regel ein Viertel eines Masses auf den Tisch gestellt, womit keiner der Mitbewohner Tag für Tag zufrieden sein kann. Daher geschieht es, dass sie einander zutrinken, Gäste mitbringen, denen man in ähnlicher Weise zutrinken muss. Den einzelnen aber, denen zugetrunken wird, muss man auch einschenken; alles, was jedoch über das bestimmte Mass hinaus verzeichnet wird, muss zu einem teuren Preis bezahlt werden. Man verkauft nämlich ein Mass Wein für vier oder fünf Kreuzer.

Wenn sich derartige Ausgaben eine Zeit lang ansammeln, verursachen sie über den für die Mahlzeit festgesetzten Preis hinaus bedeutende Kosten; entweder müssen wir diese notgedrungen tragen oder einen anderen Ort finden. Das alles sage ich Dir zeitig und ehrlich voraus, damit Du mir hilfst und mich von diesen Kosten befreist, die mir nicht angenehm, sondern äusserst lästig und unerträglich sind.

Nun aber, wie gut wäre es möglich, sich nicht nur der Verpflegung, sondern auch der Studien wegen in Neustadt aufzuhalten? Bei uns sind viele junge Männer und einer davon ist ein sehr gebildeter und geachteter Mann aus Böhmen, er kann die Annehmlichkeit jenes Ortes gar nicht genug empfehlen. Oft bemerkte er nämlich, dass er Neustadt bezüglich der theologischen Studien und der erträglichen Lebensweise von allen möglichen Universitäten, die er gesehen habe, bevorzuge. Er sagt, dass dort niemand mehr als 40 Gulden aufwenden müsse, um zu leben, ja sogar ausgezeichnet zu leben. Und nicht nur die Theologie blühe dort, sondern auch die Philosophie etabliere sich ganz passabel und das Studium der hebräischen Sprache nicht weniger als das theologische. Der Professor für Hebräisch sei nämlich Franziskus Junius, der mit Tremellius die biblischen Schriften übersetzte.

Allerdings wäre es, um hohe Kosten zu vermeiden, viel besser, kurz nach Ostern oder höchstens fünf Wochen danach die Abreise in Angriff zu nehmen, als sie länger aufzuschieben. Wir sind nämlich nicht hierher geschickt worden, damit wir hier bleiben.

Und obwohl solche Aufbrüche auch Kosten verursachen, werden wir dennoch nicht ohne solche hier in Tübingen leben, noch können wir (schliesslich kann man hier mit stetig wachsenden Kosten nicht bleiben) diese Abreise und die damit verbundenen Kosten zu ihrer Zeit vermeiden. Wenn die Abreise erlaubt wird, wird sie also zukünftige Kosten in Tübingen verhindern und das, was auf der Reise an Kosten anfällt, wird in Neustadt ausreichend ausgeglichen werden. Ausserdem könnte ich keinen geeigneteren Zeitpunkt auswählen (was Frey ebenso denkt wie ich und wegen der unerträglichen Kosten gar gezwungen ist zu denken).

Uns möchte sich nun auch Marcus Bäumler anschliessen, den ich für einen äusserst gebildeten jungen Mann halte und der uns bei unserer Ausbildung sehr nützlich sein wird. Dazu hat er sich uns freiwillig angeboten.

Nach Ostern könnte auch unser Hausrat bequem von irgendeinem Kutscher nach Speyer gebracht werden, der ohne Fracht aus Tübingen dorthin zurückkehren wird, nachdem er für den Drucker Gruppenbach die Bücher aus Frankfurt hergebracht hat. Aber falls dies auch nicht über ihn geschehen kann: Wir erfahren, dass [unsere Habseligkeiten] jede Woche nach Pforzheim, auf gleiche Weise von ebendort nach Speyer und von Speyer [schliesslich] stündlich nach Neustadt gebracht werden können.

Deshalb bitte ich Dich inständig, Du mögest uns helfen. Ich werde morgen bezüglich dieser Angelegenheiten an Stierlin schreiben; er wird mir den Zustand der Neustädtischen Schule erklären. Ich glaube, dass er dies sicher ohne Übertreibung und ohne von anderen beeinflusst worden zu sein, sondern alleine wegen der schwerwiegenden Gründe, die ich oben genannt habe, tun wird.

Ich schicke Dir nun die Schriften von Jakob Andreae und Gerlach gegen Daneau. Wir, mit uns auch Bäumler aus Zürich, trafen uns in diesen Tagen mit jenem [Andreae] (weil sich jeder einzelne, der an diese Akademie kommt, persönlich bei ihm einfinden muss). Er wollte unser Glaubensbekenntnis hören und gab als Grund an, das sei ihm von seinem Fürsten auferlegt worden.

Nachdem wir unser Bekenntnis abgelegt hatten, griff er es beinahe zwei Stunden lang an. Er begann mit der gotteslästernden Meinung (wie er es nennt) des Daneau zur Anbetung des Menschen Christus. Er überredete uns so, dass wir meinen sollten, Daneau hätte Unrecht, falls es sich so verhält, wie Andreae sagte. Er meinte nämlich, dass Daneau überhaupt keine Anbetung zulasse, in der Christus als wahrer Mensch anzubeten sei, auch nicht in hypostatischer Union, weder für sich [als Mensch] – was Daneau zu verneinen scheint – und in keinerlei Hinsicht auf das göttliche Wesen und die Einheit. Dazu glauben wir, dass Daneau durch diesen Vulkan [Andreae] Unrecht getan wird. Im Übrigen scheint Andreae widersprüchliche Aussagen zu machen.

Ich habe nichts Neues, nur das, was uns aus Speyer überbracht wird: Der Kardinal, den der Papst mit ungefähr Hunderten im Gefolge nach Köln sandte, um ihn anstatt des vorherigen Bischofs einzusetzen, wurde von Casimir zurückgetrieben. Alle Gefährten des Kardinals, ausser vier, wurden getötet und den Truppen eine sehr grosse Menge an Gold geraubt. Der Kardinal selbst sei aus der Schlacht nach Speyer geflohen, von dort aus sei das kaiserliche Gefolge zu seinem Papst zurückgekehrt. Man berichtet zuverlässig, dass ein gewisser öffentlicher Gesandter aus Speyer diese Nachricht überbracht habe und dies gewissenhaft bestätigt habe.

Auch Osiander ist mit einigen, denen er zu kirchlichen Ämtern in Köln verhelfen wollte, vor einem Monat nicht zugelassen worden, und da er nichts erreichte, was seinem Wunsch entsprochen hätte, kehrte er enttäuscht und heimlich nach Hause zurück.

Es wäre mir lieb, wenn du mir die Handschrift von Karg schicken würdest, in der er seine Schulden bestätigt. Ich habe nämlich beschlossen (wenn Du einverstanden bist), die Schulden in den Osterferien von ihm selbst zu fordern und gleichzeitig Ulm zu besuchen, welches ich allerdings von Tübingen aus auch sonst einmal in kurzer Zeit aufsuchen könnte.

Dies wollte ich Dir ausführlich schreiben. Eines ist noch anzufügen: Nämlich, dass wir das von uns vereinbarte Reisegeld endlich erhalten sollen. Vielleicht könnte [Herr] Grübel dies beschleunigen, was noch nicht geschehen ist, wenn wir den Ort ändern wollen. Auch wenn ich nämlich beabsichtige, dieses Geld, das ich erhalten und noch nicht ausgegeben habe, auch nicht in Tübingen auszugeben, wissen wir doch nicht, wann jenes Geld in besonders geeigneter Weise zu uns geschickt werden kann.

Leb in Gottes Namen glücklich, grüsse die Mutter, die Brüder und Schwestern mit meinen lieben Worten.

Ich schrieb in grosser Eile in Tübingen am 18. März des Jahres 1583,

Dein Sohn, Johannes Ulmer

An den Mann von beeindruckender Frömmigkeit und Gelehrsamkeit, Johann Conrad Ulmer, Pfarrer der Schaffhauser Kirche, seinem ehrenwerten Vater. Zu Schaffhausen.