Brief an Zwingli

Übersetzung (Deutsch)

Gerold Meyer grüsst vielmals Ulrich Zwingli, Pfarrer in Zürich und ernannten Chorherren, seinen Herrn, den man mit vielen Bezeichnungen ehren und lieben muss.

Du könntest sehen, dass ich fett und wohlgenährt bin, Ulrich, und eine wohlgepflegte Haut habe (wie Horaz sagt), wenn Du hierher kämest, um mich zu sehen. Erfahre in wenigen Worten (damit ich Dir, einem mit ernsthafteren Angelegenheiten beschäftigten Mann, nicht lästiger falle als es angemessen ist) den Grund für mein Fettsein und meine wohlgepflegte Haut. Erstens hat die Natur meinem in vollem Saft stehenden und rüstigen Leib einen sehr heiteren Geist und eine gewisse heroische Munterkeit eingepflanzt. Ferner, weil ich in einer Stadt wohne, die so beschaffen ist, wie auch Jupiter sie, wenn er sie für würdig hielte, darin zu wohnen, kaum irgendwo lieblicher und gesundheitsförderlicher vorfinden könnte. Andere mögen sich in Lobsprüchen über die Elysischen Gefilden ergehen, aus meiner Sicht kann man das einzigartige Basel mit den Elysischen Gefilden und Tempe und was es sonst irgendwo an Ortschaften gibt, die durch ihren Liebreiz berühmt sind, nicht nur nicht vergleichen, sondern muss es sogar noch viel höher schätzen als diese. Ausserdem lassen sich in dieser angenehm gelegenen Stadt Männer finden, die in beiden Sprachen sehr gelehrt sind; einer von ihnen ist jener unnachahmliche Verteidiger der feineren Literatur, Beatus Rhenanus aus Schlettstadt, ein Mann, der absolut ein ewiges Andenken verdient, er verdient es ebenso, viele zu rühmen und umgekehrt von vielen gerühmt zu werden. Ferner gibt es Jacobus Nepos, meinen Lehrer; er verdient jedes Lob. Es gibt auch andere hochgelehrte Männer; es würde aber zu weit führen, sie alle gemäss der Würdigkeit eines jeden in Augenschein zu nehmen. Nur das möchte ich noch zum Lobe dieser Stadt sagen, dass es weit und breit keine Stadt gibt, die durch die Anmut ihrer Lage und der darin lebenden grossen Zahl gelehrter Männer berühmter ist als Basel. Ich möchte einen heiligen Eid schwören, dass Athen selbst mit seinem ganzen Gepäck an Gelehrsamkeit seinen Sitz hierher verlegt hat. Was aber mich angeht, lieber Ulrich, so wisse, dass sowohl für meinen Mund als auch für meinen Geist gut gesorgt ist: Deshalb habe ich weiter oben geschrieben, dass ich fett und wohlgenährt bin und meine Haut gut gepflegt ist.

Lebe wohl.

Basel, im Jahre 1521 nach Christi Geburt.

Dein Gerold Meyer. An den herausragenden Magister und Herrn Ulrich Zwingli, seinen Herrn, in Zürich.