Pilgerfahrt ins Heilige Land und nach Ägypten

Übersetzung (Deutsch)

1. Ankunft in Jaffa (p. 83-85)

Am 21. August lichteten wir die Anker, fuhren die Küste entlang und landeten zur Zeit des Mittagessens durch die Hilfe von Gottes Gnade bei Jaffa, der wichtigsten Stadt in Palästina. Hier ankerten wir etwa 1000 Schritte vom Hafen entfernt. Ein wenig später steigt der Schiffsherr mit einigen von seinen Leuten in ein Boot und begibt sich nach Jaffa, um dem Guardian der Minoriten vom Berge Sion von dort aus einen Brief zu schicken, damit dieser den Statthalter von Jerusalem über die Ankunft der Pilger informierten und für uns die Erlaubnis erwirken kann, an Land zu gehen, und uns dann, wie es üblich ist, Geleit gibt und uns alle nötigen Informationen erteilt. Ohne einen Brief, das sogenannte sichere Geleit, kann nämlich niemand unbeschadet den Fuss auf das Festland setzen. Der Schiffsherr grüsst also den Gouverneur von Jaffa und führt den Mann zusammen mit einigen Türken, Juden und Mohren auf unser Schiff und lädt ihn zum Mittagessen ein; wie es bei den Türken Sitte ist, nimmt dieser das Mittagessen ein, nachdem er nur seine Schuhe abgelegt hat, und sitzt dabei auf dem Boden mit ineinander verschränkten Beinen; er betrug sich beim Mittagessen hinreichend anständig; ein anderer indessen, ein Mohr, trank beim Mittagessen nicht nur auffallend viel, sondern sang auch bisweilen recht angeheitert. Nach dem Speisen und der Beendigung des Mittagessens zog der Gouverneur sich wieder seine Schuhe an und verliess das Schiff mit seinem Gefolge. Danach erstellten wir, weil wir uns langweilten, im Beisein aller Passagiere ein Verzeichnis über den Nachlass des verstorbenen Fahrgasts, und einige von unterschrieben es auch als Zeugen. Weil er aber ohne Testament verstorben war, behielt der Schiffsherr seinen ganzen Besitz bei sich, auch wenn einige dagegen Einspruch erhoben; es handelte sich aber um ziemlich viel Geld und andere schöne Dinge, wie es bei den Pilgern üblich ist, besonders den reichen Pilgern, zu denen auch dieser Mann gehört hatte.

 

2. Ankunft in Jerusalem (p. 93-96)

Und so kamen wir endlich zur Mittagsstunde nach Jerusalem, das wir so sehr ersehnt hatten, Wir gingen dort 9000 Schritte rechts um die Mauern, stiegen den Berg Sion hinauf und machten bei den Minoriten Halt. Heute liegt dieses Kloster ausserhalb der Stadtmauern, während einst der ganze Berg Sion und sein Umland Teil der Befestigung waren (auf diesem Berg, wo nun die Franziskaner leben, stand nämlich der Königspalast Davids). Wir wurden dort in einer menschlich recht ansprechenden Weise aufgenommen; die Mönche wuschen unerwarteterweise die Füsse der Pilger und sangen während des Waschens vor Freude Psalmen; unmittelbar danach boten sie allen Pilgern ein reichhaltiges Mittagessen; als es beendet war und man dem Allmächtigen gedankt hatte, hielt der Guardian eine Ansprache und erklärte ungefähr Folgendes: Es gebe üblicherweise zwei Gründe, aus denen Pilger nach Jerusalem kämen: Erstens würden manche von einem vortrefflichen Eifer geleitet, das Heilige Land, auf dem Christus mit seinen eigenen Füssen einhergeschritten ist und wo er Vieles zum Heil der Gläubigen gewirkt hat, nur aus religiösen Gründen zu besuchen; ferner gebe es auch manche, die Lust darauf hätten, viel herumzureisen und möglichst viele Dinge kennenzulernen (da wir ja nach dem Zeugnis des Aristoteles alle wissbegierig sind) und die diese Pilgerfahrt vor allem deshalb unternähmen. Er zweifle kaum daran, dass wir aus Gründen der Andacht da seien; deshalb rate er uns, um unser Vorhaben leichter und entschiedener durchzusetzen und das Heilige Grab zusammen mit den übrigen heiligen Stätten würdiger und mit grösserem Gewinn zu besuchen, entsprechend den Worten des heiligen Paulus durch eine Beichte den alten Sauerteig fortzuschaffen, wobei wir unsere Beichtväter nach Belieben wählen könnten; diese würden uns von allen Sünden und Delikten freisprechen, ausgenommen der Fälschung apostolischer Bullen, und uns so durch das Wirken der göttlichen Güte würdiger machen, das allerheiligste Sakrament des Herrenleibes zum Heil unserer Seelen zu empfangen. Da die Christenheit aus zwei Teilen bestehe, nämlich Klerikern und Laien, würden alle Priester, da sie einen höheren Rang hätten, zusammen mit wenigen Edelmännern im Kloster wohnen; sie würden liebend gerne alle Pilger aufnehmen, doch die Beschränkung des Platzes verbiete das und hindere sie daran; die übrigen aber würden in der Stadt im Haus des Hannas neben den Stadtmauern eine hinreichend bequeme Unterkunft finden, wobei man auf den Ort und seine religiöse Bedeutung Rücksicht nehmen werde; damit für mehr Bequemlichkeit gesorgt sei, werde man jedem individuelle Decken und Kissen geben; der Konvent werde auch allen Pilgern reichlich Wein und Brot zur Verfügung stellen; die restliche Nahrung müssten wir uns selbst kaufen, ihr Koch werde daraus jeweils ein leckeres Essen herstellen. Schliesslich sei es bei ihnen üblich, für alle Pilger drei Gastmähler zu veranstalten, das erste bei ihrer Ankunft, das zweite bei ihrem Aufbruch zum Jordan oder zum Tal Hebron, das dritte bei ihrer Abreise. Er habe für uns also das erste Gastmahl veranstaltet und bitte uns sehr, damit zufrieden zu sein; er bitte jeden einzelnen von uns, ihm alle Beschwerden und Schwierigkeiten mitzuteilen; wenn es darum gehe, uns zu verteidigen, werde er für uns ein Vater sein, was den vertrauensvollen Umgang sei, werde er für uns ein Bruder sein; und er verspricht, dass seine Taten diesen Worten unzweifelhaft entsprechen werden. Er hielt sein Versprechen in allen Einzelheiten, und seine Taten kamen seinen Worten nicht nur gleich, sondern übertrafen sie sogar noch.

 

3. Bethlehem (p. 118-120)

Im Übrigen liegt 14 Schritte vom Kloster in Bethlehem entfernt eine in ihrem Inneren einigermassen geräumige Höhle mit einem allerdings recht engen Zugang, in der die jungfräuliche Mutter und das Jesuskind sich einige Tage versteckt haben sollen, bevor sie sicher nach Ägypten aufbrechen konnten; man glaubt, sie habe den Herrn in dieser Höhle gestillt und dabei Milch verschüttet, und daher erscheint die Erde dort etwas heller als sonst; man sagt, diese Erde sei Frauen, deren Milch versiegt ist, zuträglich und heile sie; und deshalb bringen die Pilger Staub von dort nach Hause. Ferner hat die heilige Helena in Bethlehem sowohl das Kloster der Minoriten als auch mit grossem Aufwand eine Kirche mit mehr als 50 Säulen und einem aussergewöhnlichen Mauerwerk errichtet. Die Gewölbe der Kirche schmücken Bilder und goldene Buchstaben (griechische und lateinische); der Fussboden ist mit sehr kostbarem Marmor belegt und hat sich einst in jeder Hinsicht ausgezeichnet (wie man leicht erkennen kann); nun ist er aber an vielen Stellen ruiniert oder fast ruiniert, und der Grund dafür ist, dass die christlichen Fürsten einst mehr als heute für diese Anlagen aufzuwenden pflegten. Vor Jahren hat der Herzog von Burgund das Dach mit Bleiplatten wiederhergerichtet; aber nun regnet es an sehr vielen Stellen wieder durch, so dass es irgendeines neuen Herzogs und Fürsten bedarf, der jenem Mann ähnlich ist. Unter dem Chor liegt eine Krypta, in der ein Altar genau an der Stelle steht, wo die Jungfrau Maria das Jesuskind zur Welt gebracht hat. Zur Rechten des Altars sieht man auch die Krippe selbst, in der der König der Könige zwischen zwei Tieren lag und durch ihren Atem gegen die Unbill des Winters und die Belästigung durch den Frost geschützt und erfrischt worden ist; ebenso zeigt man im hintersten Winkel der Kapelle eine Öffnung, durch die der Stern (der den Magiern auf ihrer Reise dorthin den Weg zeigte) verschwunden sein soll. Hier übernachteten wir deshalb und wurden von den Mönchen sehr freundlich aufgenommen.

 

4. Seesturm (p. 160-162)

Auf der Seefahrt warfen uns deshalb ein widriger Wind und das wütende Meer hin und her, und um es mit wenigen Worten zu sagen, wir befanden uns offenbar in höchster Gefahr; das erhellt daraus, dass einige Pilger ihre Sünden beichteten und sich auf den Tod vorbereiteten. Wir warfen uns aber fast alle auf den Boden und lagen ausgesteckt da und wurden elend hin und her geschleudert. Am 13. Oktober kam der Sturm um die Mittagszeit etwas zur Ruhe, wenig später aber begann er wieder auf die vorherige Weise zu wüten, so dass wir uns genauso oder sogar noch mehr fürchteten; das kann man zum Beispiel daran erkennen, dass einige Gelübde an Gott ablegten; schon waren unsere Segel nämlich völlig dem Wind ausgeliefert, der uns (auch gegen den Willen der heftig gegen ihn ankämpfenden Seeleute) in hohem Tempo nach Alexandria trug; deshalb kamen mitten auf dem Meer stärkere Wirbelstürme auf, von denen einer, der sich vor den übrigen durch seine erstaunliche aufrechte Höhe auszeichnete, direkt auf unser Schiff zukam; unser Kapitän sah ihn kommen und glaubte, es sei um uns geschehen; unerwartet aber kam das Schiff mitten durch ihn hindurch, wobei es von beiden Seiten viel Wasser aufnahm, was für die Leute, die im Bett lagen, sehr lästig war. Die Seeleute gönnten sich keinen Schlaf und waren unermüdlich damit beschäftigt, das eingelaufene Wasser auszuschöpfen, die Segel auszurichten und ihre Pflicht zu tun. Ohne Zweifel rettete uns alle ausserdem die Tatsache, dass das Schiff nicht mit Salz beladen war, da Salz, das man mit Wasser bespritzt, sich unmittelbar auflöst und zu Wasser wird. Deshalb befahl der Kapitän am 14. Oktober zur Zeit der Morgendämmerung unter Androhung der Exkommunikation, ihm das Jordanwasser und die übrigen Mitbringsel von den heiligen Stätten zu bringen und warf das, was man ihm gebracht hatte, ins Meer. Wir wurden aber von der Gewalt des Windes dahingetragen, obwohl nur ein sehr kleines Segel aufgespannt war, und dabei war zu unserer Ernährung nichts mehr vorhanden als Brot und irgendwelcher Käse, ja man erklärte uns beharrlich, sogar das Wasser sei schon ausgegangen. Deshalb ernährten sich an diesem Tag (einem Samstag) einige von uns wider Willen von Fleisch, weil andere Nahrung nicht vorhanden war.

 

5. Impressionen aus dem muslimischen Kairo (p. 183-184)

Es gibt aber in dieser Stadt erstaunlich viele Gotteshäuser, und auch wenn sie keine Glocken verwenden, haben sie dennoch sehr viele und erstaunlich hohe Türme, die den sogenannten Glockentürmen sehr ähnlich sind; sie sind mit den Moscheen verbunden und haben einige umlaufende Aufgänge, welche die Küster jeden Tag zu den vorgeschriebenen Stunden hinaufsteigen, um dem Volk mit lauter Stimme sowohl ihre Gottesdienste anzukündigen als auch die Uhrzeit mitzuteilen; sie verwenden diese Rufe nämlich anstatt einer Uhr, weil sie überhaupt keine Uhren besitzen. Wenn sie mitten in der Nacht hinaufsteigen, verkünden sie, dass das Volk sich vermehren soll, damit durch die Bevölkerungszunahme auch ihr Glauben sich vermehrt. Es ist ausserdem üblich, dass sie bei der Heirat ihre Frauen den Eltern gleichsam abkaufen; danach dürfen sie sie nach Belieben verschmähen und an andere weiterverkaufen; jeder darf im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten so viele Frauen und Konkubinen haben, wie er will. Sie ehren den Freitag, wie wir den Sonntag, allerdings so, dass sie sich weder ganz des Handelns noch der Arbeit ganz enthalten, und so verkaufen sie sogar an ihrem Osterfest in ihren Werkstätten Handelsware. Sie verwenden ausserdem die hebräische Schrift und die hebräische Sprache, allerdings in einer sehr degenerierten Form. Bis jetzt gibt es keine Drucker; deshalb glauben sie, dass unser Glaubensschisma durch die Druckerkunst entstanden ist.

 

6. Kamele (p. 187-188)

Im Übrigen sind auf unserem Reiseweg Kamele viel bequemer und geeigneter als andere Lasttiere, weil dieses Tier Anstrengung, Hunger und besonders Durst erstaunlich gut verträgt. Auch trägt ein einzelnes Kamel mit Leichtigkeit so viel Gewicht wie drei Pferde, und sie finden Nahrung auf unwirtlichen und von Gebüsch bewachsenen Weiden oder ernähren sich von ein wenig Bohnen, und sie können schliesslich sogar drei Tage leicht ganz ohne Trinken auskommen. Ausserdem kann man sehen, dass diese Tiere, auch wenn sie auf unkundige Leute mit ihren hoch aufragenden Füssen und Beinen, ihrem schlanken, langen und gebogenen Hals, ihrem kleinen, aber grimmig aussehenden Kopf und ihrem erstaunlichen Gebrüll auf den ersten Blick wild wirken, dennoch unerwartet zahm und fügsam sind; sie lassen sich gemäss dem Willen ihrer Herren und ihrem Ruf auf die Knie und sogar ihren Bauch nieder und sind daran gewöhnt, sich flach auf den Boden zu legen und sich ganz ohne Schwierigkeiten beladen und entladen zu lassen, die ihnen gereichte Nahrung zu sich zu nehmen und zu schlafen.

 

7. Raubüberfall in der ägyptischen Wüste (p. 196-200)

Am 18. November standen wir sehr schnell auf, reisten weiter durch ziemlich schöne Täler voller Strauchwerk und machten früher als sonst Halt, nicht weit von einer Wasserquelle entfernt (Reisende müssen nämlich vor allem auf Quellen achten, da Wanderer manchmal zwei oder drei Tage lang an keine Quelle kommen können). In dieser Nacht entfachten wir mithilfe von Sträuchern ziemlich grosse Feuer, während die Araber meistens, wenn Holz und Strauchwerk überhaupt nicht vorhanden waren, die Feuerstätte mit gesammeltem Kameldung am Brennen hielten und eine bereits vorbereitete Paste aus Mehl und Wasser hineinwarfen und dadurch Brote buken, die noch delikater sind als die unseren; sie gebrauchten diese Nahrung aber nur sehr sparsam, auch wenn wir ihnen etwas gaben. Wie wir aber so am Feuer sassen, kam gegen Mitternacht ein Araber auf einem Kamel, der vielleicht schuld an dem Unglück war, das uns am nächsten Tag widerfuhr, weil er unsere Ankunft den anderen Räubern mitgeteilt hatte. Denn obwohl unsere Führer ihn erkannten und freundlich empfingen, signalisierten sie uns doch durch Zeichensprache, dass man das Feuer auslöschen müsse, damit wir nicht von irgendjemandem aus der Ferne gesehen und ausgeraubt würden. Als wir am 19. November ein wenig weitergekommen waren, begann es zu regnen; wir waren schon heiterer gestimmt (weil wir nahe dem Kloster schon fast jeder Gefahr entkommen zu sein meinten), doch widerfuhr uns ein grosses Unglück. Denn unversehens griffen uns unweit des Klosters Räuber auf äusserst brutale Weise an. Sie gingen auf drei von uns los und zwangen sie, von den Kamelen abzusteigen, von dem einen liessen sie gleich ab, nachdem sie ihn mit ihren Stöcken niedergeschlagen hatten, den zweiten aber behandelten sie um einiges schlechter, da er es wagte, sich sein ihm gewaltsam entrissenes Kissen wiederzuholen und ihnen sogar nachzulaufen; sie hielten ihm ihre Messer und Dolche an die Kehle, so dass dieser trotz seiner Gegenwehr kaum der Lebensgefahr entging; denn später erfuhren wir, dass diese Schufte unseren Schlauch (zum Wasserholen, aus Ziegenleder hergestellt, dessen er sich wie eines Schildes und Schirmes bediente) mehrfach mit ihren Schwertern durchbohrt hatten. Den dritten aber packten sie noch viel härter und grausamer an und liessen erst von ihm ab, als sie ihn äusserst heftig niedergeschlagen und seines Gewandes beraubt hatten; dann begaben sie sich zu dem anderen. Der davor Genannte hat, weil er zwei Geldbeutel hatte, den einen, der mit Gold gefüllt war, vorsichtig unterhalb seines Knies versteckt, den anderen aber, der fast nur kleine Münzen enthielt, bewahrte er an seiner Brust auf. Kaum hatte er diese Vorbereitungen getroffen, da liessen die Räuber den anderen liegen und greifen ihn noch einmal an, weil sie keineswegs nur mit einem Gewand zufrieden sind; sie zücken schon eifrig ihre Dolche und Messer gegen ihn, schlagen ihn und ziehen ihn am Bart, packen ihn an seinen Hoden und quälen ihn ausserordentlich und heben ihn schliesslich in die Luft hoch und lassen ihn hart auf die Erde fallen (weil er ihnen zu schwer gewesen war, als sie ihn ins Gebirge tragen wollten), und unmittelbar darauf gehen sie daran, ihn seiner Kleidung zu berauben und ganz und gar auszuplündern, um seinen Münzbesitz besser ausfindig machen zu können. Als er schon fast bis zum Hemd ausgezogen war, zog er plötzlich klug seinen wertloseren Geldbeutel hervor und gab ihn ihnen. Die Räuber meinten im Übrigen, sie hätten schon gefunden, was sie gesucht hatten, liessen ihn halbnackt liegen und entfernten sich ein Stück weit; einige unserer Führer begleiteten sie; obwohl sie uns gegen jene Männer zu verteidigen schienen und deshalb auch das von ihnen geraubte Gewand in zerrissenem Zustand seinem Herrn zurückbrachten, waren sie dennoch keineswegs von jedem Verdacht freizusprechen, ja man musste davon ausgehen, dass auch sie einen Anteil an der Beute erhalten hätten, wenn jene Leute mehr Beute gemacht hätten; so sehr musste man ihnen allen misstrauen. Als die Räuber im Übrigen wider Erwarten nur  kleine Münzen und ihnen unbekannte Geldsorten gefunden hatten, liessen sie zuerst den Geldbeutel mit einigen Münzen durch unsere Führer zurückgeben und boten ihm dann das andere Geld zum Rückkauf an, indem sie als Begründung angaben, sie hätten uns dieses Geld aufgrund irgendeines Wegzollrechts abgepresst. Wenn sie aber ausserdem das Gold gefunden hätten, dann hätte man fürchten müssen, dass sie ihm nichts zurückerstattet hätten, und wir hätten alle auf unserem Rückweg ganz unverkennbar in Gefahr geschwebt, weil sie uns dann alle für vermögend gehalten und unzweifelhaft alle vollständig ausgeplündert hätten; so reisten wir in elendem Zustand und angsterfüllt weiter, da es uns wenig angeraten schien, ihnen Widerstand zu leisten, weil sie uns zahlen- und kraftmässig mit Leichtigkeit überlegen waren; zur Mittagszeit kamen wir beim Kloster an.

 

8. Räuberische Zolleinnehmer, freundliche Türken, Krankheit und Abreise (p. 226-230)

Am 30. Januar [1543] kamen wir nach Rosette. Als ich dort dem Konsul, der noch im Bett lag, einige Briefe übergab, wurde ich von ihm derart aufgehalten, dass ich einen Esel besteigen musste, der schon nach einer kurzen Strecke plötzlich so schwächelte, dass ich gezwungen war, zu Fuss zu gehen und meine Gefährten zu verlassen, was freilich mit Gefahr verbunden für mich verbunden war. Und so kam ich plötzlich zu einigen ungerecht agierenden Zolleinnehmern, die mir viel mehr abnötigten, als recht war, weil ich alleine und ihrer Sprache unkundig war, und sie waren nicht einmal damit zufrieden, sondern einer von ihnen lief mir nach (was für mich Lebensgefahr bedeutete) und forderte noch mehr. Da ich aber vermutet hatte, dass das geschehen werde, hatte ich schon vorher einige Münzen beiseitegelegt, und nachdem ich sie ihm alle gegeben hatte, zeigte ich ihm meinen leere Geldbeutel und verdeutlichte ihm, dass ich kein Geld mehr übrig hätte; ich glaube, dass mich das vor allem gerettet hat; denn er war körperlich sehr stark, und ausser mit einem ungeheuren Stock, den er mit sich führte, kam er mir auch mit einem Dolch, den er mit seinen Händen streichelte, so nahe, dass es zu verwundern war. Ich dagegen war nicht einmal mit einem kleinen Dolch bewaffnet und setzte meine ganze Hoffnung in GOTT und die sehr spärlich vorhandenen Steine und wich so weit zurück wie ich konnte, damit er mich nicht, wenn ich nicht achtgäbe, überhole und abschlachte. Übrigens liess er schliesslich von mir ab (weil er wohl meinte, ich hätte kein Geld mehr und sei wohl zumindest mit einem kleinen Dolch bewaffnet). Als ich nun diese gefährliche Situation hinter mich gebracht hatte und mehr als genug erschöpft war, musste ich noch den Rest des Weges hinter mich bringen, was mit äusserster Lebensgefahr verbunden war, besonders deshalb, weil ich zwangsläufig viele Dörfer und Zeltplätze durchqueren musste. Aber siehe da, als ich und mein Esel gleichsam auf der Mitte unserer Reise uns beide gleichermassen müde ausruhten (weil er sich gewohnheitsgemäss zu Boden hatte fallen lassen, als ich ihn besteigen wollte), kamen unversehens einige Türken vorbei, die auf unserem Schiff nach Rosette gesegelt waren; sie erkannten mich und verdeutlichten mir die Gefahr, der ich mich aussetzte, wenn ich mich auf meiner Reise so alleine hinlegte und schlief, und überredeten mich leicht, mich ihnen anzuschliessen, wobei sie mir erklärten, sie würden sehr bald schon zur Ruhe gehen und am nächsten Tag sehr früh aufbrechen; ich schenke ihnen Vertrauen (da sie mir vertrauenswürdige Männer zu sein schienen) und folge ihnen, auch wenn das fast über meine Kräfte hinausgeht; sie aber beeilten sich und gelangten mitten in der Nacht bis an die Stadtmauern Alexandriens und schliefen in einer Herberge in der Vorstadt, ich aber war derart erschöpft, dass ich, nachdem ich, ungeheuer durstig wie sonst nie, beim Essen mehr Wasser getrunken hatte, als mir gut tat, und die ganze Nacht draussen dem Winde ausgesetzt geschlafen hatte, mir einen sehr gefährlichen Husten und Fieber zuzog. Und so begaben wir uns am 31. Januar, sobald die Tore geöffnet wurden, in die Stadt, wo ich im Haus der Franzosen, wo wir unser Gepäck deponiert hatten, einen sehr angenehmen Aufenthalt hätte haben können, wenn mich nicht meine Krankheit unangenehm geplagt hätte. Hinzukam, dass das Wetter in Alexandrien sehr unangenehm war, besonders für Kranke; da ich das bei mir bedachte, wollte ich möglichst schnell meine Angelegenheiten ordnen und abreisen; und zufällig war gerade ein Schiff aus Ragusa da, das Messina, eine Metropole auf Sizilien, zum Ziel hatte und günstigerweise (da ich dorthin segeln wollte) schon zur Abfahrt bereit war, so dass es nur noch auf geeigneten Wind wartete. Deshalb wollte ich am 31. Januar den Kapitän aufsuchen, um mit ihm über das Fährgeld zu verhandeln; er hörte mich nur sehr ungerne an, einerseits, weil ich ziemlich spät gekommen war, andererseits, weil er schon abfahren wollte. So eile ich als also nach Hause (obwohl wir noch überhaupt keine Vereinbarung über den Preis getroffen hatten), verkaufe rasch meine Kiste, bereite möglichst schnell meine Abreise vor und mache mich mit der Hilfe meiner Gefährten zum Schiff auf. Aber siehe da, als ich im Hafen ankam, hatte es schon die Segel gesetzt und war abgefahren. In dieser Situation machte ich mir Sorgen, wie es angebracht war, weil ich diese Gelegenheit zur Abreise verpasst hatte und es wegen meines schlechten Gesundheitszustandes für mich mit einem Risiko verbunden war, auf andere Schiffe (mit Zielhafen Venedig) zu warten. Aber siehe da, in dieser Nacht kommt wundersamerweise ein Wind auf, der ihrer Fahrt widrig ist, und zwingt sie, am nächsten Tag wieder in den Hafen von Alexandrien einzulaufen. Als ich das hörte, freute ich mich, weil es den Anschein hatte, dass Gott wollte, das ich mit diesem Schiff segele. Als Fahrpreis zahlte ich zwei Kronen bar auf die Hand und begebe mich nach Regelung aller Angelegenheiten aufs Schiff; wir warteten aber noch einige Tage im Hafen auf günstigen Wind; ich liess dort meine vier anderen Gefährten zurück, weil sie lieber nach Venedig segeln wollten.